DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Iran: Reza Rasaie könnte jederzeit hingerichtet werden
Reza Rasaei wurde am 6. August 2024 im Iran hingerichtet (Archivaufnahme).
© privat
*** Update: Reza Rasaei ist am 6. August im Iran hingerichtet worden! Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freund*innen. *** Reza Rasaei droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Jahr 2022 die Hinrichtung. Er hat alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und könnte jederzeit hingerichtet werden. Er wurde in einem äußerst unfairen Strafverfahren zum Tode verurteilt. Der Prozess stützte sich auf seine mit Elektroschocks, das Erzeugen von Erstickungsängsten und sexualisierter Gewalt erzwungenen "Geständnisse".
Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit deinem Vor- und Nachnamen und Mail-Adresse an die iranische Botschaft in Berlin gesandt.
Appell an
Gholamhossein Mohseni Ejei
Head of the Judiciary
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 67
14195 Berlin
Fax: 030 – 843 53 133
E-Mail: info@iranbotschaft.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie nachdrücklich auf, jegliche Vorbereitungen für die Hinrichtung von Reza (Gholamreza) Rasaei zu stoppen sowie den Schuldspruch und das Todesurteil unverzüglich aufzuheben und ihn freizulassen, da seine Inhaftierung aufgrund der schwerwiegenden Missachtung seiner Rechte auf ein faires Verfahren willkürlich ist.
- Falls Sie ihm eine international anerkannte Straftat zu Last legen, muss er ein Neuverfahren erhalten, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht und die Todesstrafe und "Geständnisse", die unter Folter oder anderen Misshandlungen erzwungen wurden, ausschließt.
- Gewähren Sie ihm bis zu seiner Freilassung regelmäßigen Zugang zu seiner Familie, einem selbst gewählten Rechtsbeistand und angemessener medizinischer Versorgung.
- Sorgen Sie dafür, dass er vor weiterer Folter und Misshandlung geschützt wird und dass seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
- Zudem bitte ich Sie dringend, unabhängigen Beobachter*innen Zugang zu Verfahren zu gestatten, die mit den Protesten in Verbindung stehen und bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann. Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.
Sachlage
Reza (Gholamreza) Rasaei gehört der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an. Ihm droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten unter dem Slogan "Frau Leben Freiheit", die zwischen September und Dezember 2022 stattfanden, die Hinrichtung. Er hat alle rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung seiner Hinrichtung ausgeschöpft. Sein Todesurteil wurde bereits an die Vollstreckungsbehörde geschickt. Er kann daher jederzeit hingerichtet werden. In einem Urteil vom 7. Oktober 2023 wurde er von der Abteilung 2 des Strafgerichts 1 in der Provinz Kermanschah wegen "Mordes" schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Dem Urteil zufolge soll er am 18. November 2022 bei einer Demonstration in Sahneh in der Provinz Kermanschah an der Tötung eines Geheimdienstmitarbeiters beteiligt gewesen sein, der von den iranischen Staatsmedien als Angehöriger der Revolutionsgarden identifiziert wurde. Am 16. Dezember 2023 bestätigte die Abteilung 17 des Obersten Gerichtshofs das Todesurteil. Am 16. Januar 2024 wies die Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs seinen Antrag auf erneute gerichtliche Überprüfung ab. Sowohl die Abteilung 17 als auch die Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs ließen entlastendes Beweismaterial außer Acht, darunter wichtige Zeugenaussagen und die Nachweise seines Rechtsbeistands über fehlerhafte Ermittlungen und Nichtberücksichtigung forensischer und anderer Beweise. Diese Nachweise hoben u. a. hervor, dass einer der Hauptzeugen seine ursprüngliche Aussage, in der er Reza Rasaei mit dem Tod des Geheimdienstmitarbeiters in Verbindung brachte, später wieder zurückzog und angab, sie unter Folter gemacht zu haben.
Reza Rasaei hat wiederholt jegliche Beteiligung am Tod des Sicherheitsbeamten bestritten und auch im Prozess erklärt, dass seine "Geständnisse" durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen wurden, als er ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand in Einzelhaft festgehalten wurde. Die Behörden haben die Rechte von Reza Rasaei auf ein faires Verfahren verletzt, darunter das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand ab dem Zeitpunkt der Festnahme, das Recht, die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung anzufechten, das Recht, sich nicht selbst zu belasten und vor ein unabhängiges, kompetentes und unparteiisches Gericht gestellt zu werden, sowie das Recht auf eine sinnvolle Überprüfung des Urteils durch ein höherinstanzliches Gericht.
Reza Rasaei wurde im November 2022 festgenommen und fiel laut einer gut informierten Quelle vier Monate lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. Während dieser Zeit soll er bei den Verhören gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ein "Geständnis" zu erzwingen, unter anderem durch Elektroschocks, das Erzeugen von Erstickungsängsten durch eine Plastiktüte über dem Kopf, das Aufhängen an den Gliedmaßen, Prügel und sexualisierte Gewalt. Reza Rasaei hat seit seiner Festnahme keinen Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, auch nicht zur Behandlung seiner folterbedingten Verletzungen wie gebrochene Finger und Zehen, weshalb er möglicherweise permanente Schäden davontragen wird. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden keine Ermittlungen zu seinen Foltervorwürfen durchgeführt.
Hintergrundinformation
Von September bis Dezember 2022 kam es im gesamten Land zu beispiellosen Unruhen gegen das System der Islamischen Republik, ausgelöst durch den Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022, wenige Tage nach ihrer willkürlichen Festnahme durch die iranische "Sittenpolizei". Die Sicherheitskräfte machten umfassenden und rechtswidrigen Gebrauch von scharfer Munition, Metallkugeln und Tränengas und gingen mit schweren Schlägen gegen Demonstrierende vor. Hunderte Demonstrierende und unbeteiligte Dritte, darunter auch Minderjährige, wurden rechtswidrig von Sicherheitskräften getötet. Bisher wurden im Iran neun Menschen im Zusammenhang mit den Protesten unter dem Slogan "Frau Leben Freiheit" willkürlich hingerichtet, nachdem sie in äußerst unfairen, von Foltervorwürfen geprägten Verfahren zum Tode verurteilt worden waren.
Reza Rasaei wurde am 24. November 2022 in Schahriyar in der Provinz Teheran festgenommen, nachdem er am 18. November an einer alljährlichen Gedenkfeier in Sahneh teilgenommen hatte, bei der einem geistlichen Oberhaupt der Yaresan gedacht wurde. Die Gedenkfeier entwickelte sich zu einer Protestkundgebung, bei der u. a. Wahrheit und Gerechtigkeit für die rechtswidrige Tötung von Kian Pirfalak zwei Tage zuvor durch Sicherheitskräfte in Izeh (Provinz Chuzestan) im Rahmen der Protestbewegung "Frau Leben Freiheit" gefordert wurde. Während der Proteste in Sahneh am 18. November 2022 wurde ein Geheimdienstmitarbeiter der Revolutionsgarden durch mehrere Messerstiche getötet. Die Behörden geben Reza Rasaei und mehreren anderen Personen die Schuld an dem Mord, was Reza Rasaei stets von sich gewiesen hat.
Ethnische und religiöse Minderheiten – zu denen auch die Yaresan gehören – werden im Iran in Gesetz und Praxis stark diskriminiert. So schränken die iranischen Behörden z. B. ihren Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Adoption, Gebetsstätten und politischen Ämtern ein.
Amnesty International lehnt die Todesstrafe in allen Fällen ohne Ausnahme ab. Die Todesstrafe ist ein Verstoß gegen das Recht auf Leben und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste Strafe. Amnesty International hat alle Staaten, die die Todesstrafe beibehalten, einschließlich des Iran, immer wieder aufgefordert, ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen zu erlassen, mit dem Ziel, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.
Fortsetzung auf Englisch
According to an informed source, following his arrest, Reza Rasaei was transferred to a detention facility run by the Intelligence Organization of the Revolutionary Guards in Sahneh, where agents subjected him to severe beatings, electric shocks and suffocation by putting a plastic bag over his head. According to information obtained by Amnesty International, agents also subjected him to suspension from the ceiling while his hands and legs were tied behind his back for prolonged periods of time, and to sexual violence including through stripping him naked in front of other detainees and putting ice on his genitals while he was suspended.
Revolutionary Guards agents put several lawyers selected by Reza Rasaei’s family under intense pressure to stop representing him. He was only able to secure and meet with a lawyer of his choosing after the investigation stage ended and he was transferred to Dizel Abad prison about four months after his arrest. Reza Rasaei’s trial in front of Branch Two of Criminal Court One in Kermanshah took place over three sessions, with the final hearing held on 21 September 2023. When Reza Rasaei told the judge during trial that his forced "confessions" were made under torture and other ill-treatment during interrogations in the first four months of his detention, the presiding judge merely asked Reza Rasaei to show his torture-related bruises, even though the trial was taking place more than six months after interrogations had ended and when the bruises would no longer be visible. The judge did not order investigations into his torture claims or refer Reza Rasaei for forensic examination. During both the appeal and request for judicial review, the courts disregarded key evidence, including Reza Rasaei’s lawyer’s defence submissions detailing the flawed and incomplete nature of investigations, highlighting, among other issues, concerns over the opinion of the Legal Medical Examiner on the number of weapons used in the agent’s killing. Moreover, the submissions highlighted that the sole prosecution witness who claimed during interrogations that he saw Reza Rasaei stab the agent from the front subsequently recanted his initial statements and said they were made under torture and other ill-treatment.
From September-December 2022, an unprecedented popular uprising against the Islamic Republic system took place across Iran, sparked by the death in custody on 16 September 2022 of Jina/Mahsa Amini, days after her arbitrary arrest by Iran’s "morality" police. Iranian authorities extensively and unlawfully fired live ammunition, metal pellets and tear gas and subjected protesters to severe beatings. Hundreds of protesters and bystanders were unlawfully killed by security forces, including dozens of children, and thousands of others were injured. To date, the authorities have arbitrarily executed at least nine people in connection with the uprising after grossly unfair trials marred by torture allegations. The authorities have executed at least four other people in connection with nationwide protests since 2018 and are increasingly using the death penalty to torment and terrorize people in Iran and impose silence and subservience through brute force.
Ethnic and religious minorities in Iran suffer entrenched discrimination in law and in practice. Iranian authorities curtail the access of ethnic minorities to education, employment and political office. Religious minorities, including Yaresan, also are subjected to discrimination in law and practice, including in access to education, employment, child adoption, political office and places of worship. Amnesty International opposes the death penalty in all cases without exception. The death penalty is a violation of the right to life as proclaimed in the Universal Declaration of Human Rights and it is the ultimate cruel, inhuman and degrading punishment. Amnesty International has consistently called on all states that retain the death penalty, including Iran, to establish an official moratorium on executions, with a view to completely abolishing the death penalty.