Inhaftierter Oppositioneller gefährdet

Aserbaidschan

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Der aserbaidschanische Journalist und Oppositionelle Tofig Yagublu befindet sich seit seiner Festnahme am 22. März wegen des Verdachts der "Unruhestiftung" in Haft. Seine Angehörigen sind angesichts der in Aserbaidschan um sich greifenden COVID-19-Pandemie in Sorge um seine Gesundheit. Er muss unverzüglich freigelassen werden.

Appell an

Präsident

Ilham Aliyev

Office of the President of Azerbaijan

19 Istiqlaliyyat Street

Baku AZ1066

ASERBAIDSCHAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Aserbaidschan

S. E. Herrn Ramin Hasanov

Hubertusallee 43


14193 Berlin

Fax: 030-2191 6152

E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

 

Amnesty fordert:

  • Bitte ergreifen Sie alle notwendigen Maßnahmen, um die unverzügliche Freilassung von Tofig Yagublu und seine Gesundheit zu gewährleisten.
  • Bitte stellen Sie bei einem begründeten Strafverdacht gegen Tofig Yagublu oder eine andere Person in Aserbaidschan sicher, dass sie ein faires Verfahren erhalten und die damit verbundenen Rechte genießen, einschließlich des Rechts auf Zugang zu einem Rechtsbeistand und auf Vertretung durch einen Rechtsbeistand ihrer Wahl.
  • Setzen Sie der Verfolgung von Tofig Yagublu ein Ende und stellen Sie sicher, dass alle Menschen in Aserbaidschan ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrnehmen können.

Sachlage

Tofig Yagublu, ein aserbaidschanischer Oppositionspolitiker und Journalist, wurde wegen seines friedlichen Aktivismus jahrelang schikaniert. Am 22. März wurde er nach einem Autounfall, in den er verwickelt war, in der Hauptstadt Baku festgenommen. Einen Tag später beschuldigte ihn ein Stadtgericht in Baku der Unruhestiftung und verhängte drei Monate Untersuchungshaft gegen ihn. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft.

Tofig Yagublu besteht auf seiner Unschuld. Ihm zufolge hat das Paar, das sich in dem anderen an dem Unfall beteiligten Wagen befand, den Zusammenstoß absichtlich herbeigeführt und ihn fälschlich beschuldigt, sie angegriffen zu haben. Er rief die Polizei. Als die Beamt_innen eintrafen, nahmen sie jedoch ihn als Tatverdächtigen fest. Die Nacht verbrachte er in Gewahrsam auf der Polizeiwache. Sein Rechtsbeistand konnte ihn erst am nächsten Tag vor Gericht im Rahmen der Anhörung zur Untersuchungshaft sehen.

Die Angehörigen von Tofig Yagublu sind in Sorge um seine Gesundheit. In der Haft ist Tofig Yagublu besonders anfällig für das Coronavirus, das sich auch in Aserbaidschan schnell ausbreitet. Der 59-Jährige ist besonders gefährdet, da sein Gesundheitszustand nach einer dreijährigen Haftstrafe zwischen 2013 und 2016 sowie Misshandlungen, die er 2019 in Verwaltungshaft erlitten hat, beeinträchtigt ist.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Tofig Yagublu ist Journalist und stellvertretender Vorsitzender der Oppositionspartei Musavat.

Im Oktober 2019 wurde er 30 Tage lang inhaftiert, weil er sich bei einer friedlichen Protestveranstaltung, die von der Polizei gewaltsam aufgelöst wurde, polizeilichen Anweisungen widersetzt haben soll. Tofig Yagublu gab an, dass er während seiner Haft Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt war, doch wurden seine Vorwürfe nie effektiv untersucht. Indem die aserbaidschanischen Behörden Tofig Yagublu erneut hinter Gitter bringen, verletzen sie nicht nur seine Menschenrechte, sondern setzen auch seine Gesundheit und möglicherweise sein Leben aufs Spiel.

Tofig Yagublu wurde erstmals 2013 verhaftet, nachdem er am 23. und 24. Januar 2013 in die Stadt Ismayili im Norden Aserbaidschans gereist war, um dort stattfindende Demonstrationen und Ausschreitungen zu beobachten. Im März 2014 befand ihn das Gericht für schwere Straftaten in Shaki nach einem unfairen Prozess wegen politisch motivierter Anklagen für schuldig, zur Massengewalt angestiftet zu haben, und verurteilte ihn zu fünf Jahren Gefängnis. Amnesty International betrachtete Tofig Yagublu damals als gewaltlosen politischen Gefangenen.

Am 5. November 2015 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Aserbaidschan die Rechte von Tofig Yagublu gemäß Artikel 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt hat, indem ihm die Behörden, ohne begründeten Verdacht auf eine Straftat, seine Freiheit entzogen (Yagublu gegen Aserbaidschan, Antrag Nr. 31709/13). Tofiq Yagublu wurde vom Präsidenten begnadigt und im März 2016 nach mehr als drei Jahren Gefängnis aus der Haft entlassen.

Amnesty International dokumentiert bereits seit Jahren Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit sind dort stark eingeschränkt. Zahlreiche Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und andere Aktivist_innen sind dort Schikane sowie Strafverfolgung und Inhaftierung ausgesetzt, die auf falschen Anklagen und unfairen Gerichtsverfahren fußen. Aserbaidschanischen Menschenrechtsverteidiger_innen zufolge befanden sich 2018 etwa 100 Menschen wegen politisch motivierter Anklagen in Haft. Diese Praxis wirkt sich massiv auf die Zivilgesellschaft in Aserbaidschan aus und fördert ein Klima der Angst und Selbstzensur. Während die politisch motivierten Festnahmen von und Strafverfahren gegen Kritiker_innen anhalten, entzieht sich Aserbaidschan auch weiterhin jeglicher Überprüfung der Menschenrechtslage. Internationalen Organisationen zu deren Beobachtung, darunter Amnesty International, wird seit mehreren Jahren der Zugang zum Land verweigert.