Umweltschützer_innen droht Haft

Die Grafik zeigt eine Gefängnistür mit Gitterstäben.

Bereits seit 2018 sehen sich mehrere Mitglieder der Umweltorganisation Comité Municipal para la Defensa de Bienes Comunes y Públicos  Strafverfahren gegenüber, weil sie die Flüsse Guapinol und San Pedro schützen wollen. Zwar hatte im März 2019 eine Richterin die Klage wegen "schwerer Brandstiftung" und "unrechtmäßigen Freiheitsentzugs" gegen zwölf von ihnen abgewiesen, doch nachdem die Staatsanwaltschaft Berufung gegen diese Entscheidung einlegte, hob ein Berufungsgericht am 13. August die Einstellungsanordnung vom März 2019 für fünf der zwölf Menschenrechtsverteidiger_innen wieder auf. Damit drohen ihnen neue Verfahren und Untersuchungshaft.

Appell an

Generalstaatsanwalt
Mr. Oscar Fernando Chinchilla
Fiscal General de la República
Posta Edificio Lomas Plaza II,
Col. Lomas del Guijarro
Tegucigalpa

HONDURAS

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Honduras
I.E. Frau Christa Castro Varela
Cuxhavener Straße 14
10555 Berlin
Fax: 030-3974 9712
E-Mail: embajadahonduras.de@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Bitte ergreifen Sie Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die 13 Menschenrechtsverteidiger_innen sich in Freiheit vor Gericht verantworten können und garantieren Sie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.

Sachlage

Am 13. August 2020 hob ein Berufungsgericht die Entlassung von Juan Antonio López, Carlos Leonel George, Reinaldo Domínguez, José Adalid Cedillo und Marco Tulio Ramos auf. Die Mitglieder des Comité Municipal para la Defensa de Bienes Comunes y Públicos (CMDBCP) werden der "schweren Brandstiftung" und des "unrechtmäßigen Freiheitsentzugs" beschuldigt, weil sie die Flüsse San Pedro und Guapinol geschützt haben. Damit droht ihnen die erneute Inhaftierung in überfüllten Gefängnissen, die die sanitären Voraussetzungen zum Schutz vor der Verbreitung des Coronaviruses nicht erfüllen. Acht weitere Umweltschützer_innen befinden sich seit dem 1. September 2019 in Haft.

Die fünf Menschenrechtsverteidiger hätten keinen ausreichenden Platz in den überfüllten Gefängnissen, mit unzureichendem Zugang zu Hygiene und Sanitäranlagen. Eine Untersuchungshaft während der Covid-19-Pandemie mit mehr als 1.000 bestätigten Fällen in honduranischen Gefängnissen würde ihr Leben und ihre Gesundheit unnötig in Gefahr bringen.

UN-Menschenrechtsexpert_innen empfehlen den Ländern die Nutzung von Alternativen zur Untersuchungshaft, um die Ausbreitung von Covid-19 zu bremsen. Zudem bestätigte das Berufungsgericht das Fallenlassen des Vorwurfs der rechtswidrigen Vereinigung für alle Umweltsschützer_innen. Dies war bislang eine der Rechtfertigungen für die Untersuchungshaft der acht inhaftierten Umweltschützer_innen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Laut Global Witness ist Honduras nach wie vor weltweit eines der gefährlichsten Länder für Land- und Umweltschützer_innen. Zusätzlich zu einem hohen Maß an Gewalt, darunter Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen ebenso wie Stigmatisierungen und Verleumdungskampagnen in den Sozialen Medien, sehen sich viele von ihnen unbegründeter Strafverfolgung gegenüber, die sie einschüchtern und schikanieren und ihre menschenrechtliche Arbeit behindern soll.

Der Dachverband Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos (CMDBCP) in Tocoa im Norden von Honduras vereint mehrere Organisationen, die Land- und Umweltrechte verteidigen: Die Umweltausschüsse des Sektors San Pedro (13 Gemeinden) und des Sektors Abisinia (14 Gemeinden); den Umweltausschuss der Gemeinde Guapinol, Landarbeiter_innengruppen und die Organisationen Coordinadora de Organizaciones Populares del Aguán (COPA); Fundación San Alonso Rodríguez (FSAR) und Parroquia San Isidro de Tocoa.

Die CMDBCP wehrt sich gegen die Betriebslizenz für die Bergbaugesellschaft Inversiones Los Pinares im Nationalpark Carlos Escalera in der Gemeinde Tocoa, der früher als Montaña de Botaderos bekannt war. Am 1. August 2018 richteten Anwohner_innen das Campo Guapinol ein, um friedlich gegen die Lizenz und den Bergbau im Herzstück eines geschützten Areals mit Wasser, das für ihr Überleben unerlässlich ist, zu protestieren. Sie reichten mehrere Strafanzeigen bei örtlichen Gerichten ein, die alle noch anhängig sind.

Seitdem sind einige Mitglieder der CMBCP mit mindestens zwei Strafverfahren konfrontiert. Neben den fünf Betroffenen, deren Anklage am 13. August erneuert wurde, wurden im September 2019 weitere sieben Menschenrechtsverteidiger_innen angeklagt und in Untersuchungshaft genommen, die bis zum Abschluss des Verfahrens dauern soll. Nach zwei Monaten in einem Hochsicherheitsgefängnis wurden sie im November 2019 in das Olanchito-Gefängnis verlegt. Dort sitzen sie bis heute ein. Siehe dazu auch Honduras: Authorities must guarantee due process for human rights defenders (https://www.amnesty.org/fr/documents/amr37/9929/2019/en/). Ein weiterer Umweltschützer wird seit Dezember 2018 in der Haftanstalt Centro Penal La Ceiba festgehalten. Einige der derzeit inhaftierten Umweltschützer_innen haben Vorerkrankungen wie Bluthochdruck und Atemwegsprobleme.

Die Gefängnisse in Honduras sind seit Jahren überfüllt. Die meisten Insass_innen sind Untersuchungshäftlinge. Laut dem Nationalen Ausschuss zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CONAPREV) befinden sich zurzeit 271 Häftlinge im Gefängnis Olanchito, das nur für 160 Personen ausgelegt ist. Dort sitzen sieben der Umweltschützer_innen ein. Die Gesamtkapazität der Haftanstalten in Honduras ist auf 12.909 Insass_innen ausgelegt, die Gefängnispopulation liegt zurzeit jedoch bei 21.700. Internationale Menschenrechtsgremien wie die Interamerikanische Menschenrechtskommission drücken regelmäßig Besorgnis über die Haftbedingungen in Honduras aus, da sie ein Risiko für das Leben und die Unversehrtheit der Menschen darstellen, die ihrer Freiheit beraubt sind. Die Mängel umfassen schlechte Infrastruktur, mangelnde Hygiene, zu wenige sanitäre Anlagen und ordentliche Schlafplätze, mangelnde medizinische Betreuung, unzureichende Nahrungsmittel mit zu schlechtem Nährwert sowie unsauberes Wasser und unzureichender Zugang dazu.

Anfang August berichteten die honduranischen Gefängnisbehörden, dass 1.121 Gefangene positiv auf Covid-19 getestet wurden.