Honduras: Sechs Umweltschützer weiterhin in Haft

Eine Karte von Honduras

Karte von Honduras

Nur zwei der acht Mitglieder der Umweltorganisation Comité Municipal para la Defensa de Bienes Comunes y Públicos (CMDBCP) sind bis jetzt freigesprochen und aus der Haft entlassen worden. Am 9. Februar 2022 sind sechs CMDBCP-Mitglieder wegen unrechtmäßigen Freiheitsentzugs und schwerer Sachbeschädigung bzw. wegen leichter und schwerer Sachbeschädigung schuldig gesprochen worden. Die sechs gewaltlosen politischen Gefangenen befinden sich weiterhin in Yoro im Norden von Honduras in Untersuchungshaft, obwohl die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofes zwei Entscheidungen zu ihren Gunsten erlassen hatte. Sie sind willkürlich inhaftiert, weil sie sich für geschützte Gewässer einsetzen, die durch ein Bergbauprojekt gefährdet sind. Amnesty Intenational fordert die Behörden auf, die sechs Umweltschützer umgehend und bedingungslos freizulassen. 

Appell an

Generalstaatsanwalt

Sr. Oscar Fernando Chinchilla

Fiscal General de la República

Edificio Lomas Plaza II

Col. Lomas del Guijarro

Tegucigalpa


HONDURAS

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Honduras

I.E. Frau Christa Castro Varela

Cuxhavener Straße 14

10555 Berlin

Fax: 030-3975 9712

E-Mail: embajadahonduras.de@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie nachdrücklich auf, die Anklagen gegen die sechs Menschenrechtsverteidiger, die nach mehr als zwei Jahren immer noch ohne rechtliche Grundlage inhaftiert sind, fallen zu lassen, damit sie in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden. Gewährleisten sie so bitte ihr Recht auf Leben, Gesundheit, Freiheit und freie Meinungsäußerung sowie ihr Recht, die Menschenrechte zu verteidigen.

Sachlage

Zwei der acht willkürlich inhaftierten Umweltschützer wurden am 9. Februar freigesprochen und im Anschluss freigelassen.Laut Berichten, die Amnesty International vorliegen, sind die Leben und die Unversehrtheit von José Daniel Márquez Márquez, Kelvin Alejandro Romero Martínez, José Abelino Cedillo, Porfirio Sorto Cedillo, Orbín Nahún Hernández und Ewer Alexander Cedillo Cruz weiterhin in Gefahr. Sie sind Mitglieder der Umweltorganisation Comité Municipal para la Defensa de Bienes Comunes y Públicos (CMDBCP) und setzen sich für den Schutz des Flusses Guapinol im Norden von Honduras ein. Sie befinden sich bereits seit mehr als zwei Jahren und vier Monaten rechtswidrig in Haft.

Am 10. Februar 2022 veröffentlichte die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs von Honduras zwei Entscheidungen zu Gunsten der Aktivisten, die im Zusammenhang mit zwei Rechtsmitteln von 2020 und 2021 stehen. Diese wurden jeweils wegen der Verletzung des ordnungsgemäßen Verfahrens und wegen ihrer Untersuchungshaft eingereicht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Umweltorganisation Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos (CMDBCP) in Tocoa im Norden von Honduras vereint mehrere Gruppen, die Land- und Umweltrechte verteidigen. Die CMDBCP wehrt sich seit 2015 gegen die Vergabe zweier Betriebslizenzen durch das Honduranische Institut für Geologie und Bergbau (Instituto Hondureño de Geología y Minas, INHGEOMIN) an die Bergbaugesellschaft Inversiones Los Pinares (ILP), die im Nationalpark Carlos Escalera in der Gemeinde Tocoa tätig ist, der früher als Montaña de Botaderos bekannt war. Die CMDBCP erstattete Strafanzeige gegen Beamt_innen des Waldschutzinstituts INHGEOMIN, des Umweltministeriums sowie gegen den Bürgermeister der Gemeinde Tocoa wegen Amtsmissbrauch und Umweltkriminalität. Grundlage dieser Vorwürfe ist die Ausbeutung der Kernzone des Nationalparks Carlos Escalera, in der sich die Wasserquellen befinden, von denen die Wasserversorgung der Gemeinden abhängt.

Nachdem es kaum mit den Forderungen von CMDBCP voranging, rief die Umweltorganisation am 1. August 2018 das "Guapinol Camp" als friedliche Protestaktion auf einer öffentlichen Straße ins Leben. Für drei Monate blieb die Protestaktion bestehen, bis am 27. und 28. Oktober 2018 dann von den hondurianischen Behörden eine Zwangsräumung durchgeführt wurde. Die Anklage gegen die acht Aktivisten basiert auf einer Auseinandersetzung vom 7. September 2018, die nahe des Protestlagers stattfand. Berichten zufolge erschoss dort ein Angehöriger des Sicherheitspersonals von ILP eine/n der Protestierenden. Dies hatte zur Folge, dass andere Protestierende einen Bauunternehmer festhielten und später der Polizei übergaben. Die Erschießung des/r Protestierenden wurde nie genauer untersucht, doch von Seiten der ILP wurde wegen des Festhaltens des Bauunternehmers und des Anzündens eines Mietwagens und zwei Containern Anzeige erstattet. Mitglieder der CMDBCP sehen sich seit 2018 mindestens zwei Strafverfahren gegenüber. Im März 2019 ließ eine Richterin die Anklagen wegen "schwerer Brandstiftung" und "unrechtmäßigen Freiheitsentzugs" sowie der Bildung von kriminellen Vereinigungen, widerrechtlicher Aneignung und Sachbeschädigung gegen zwölf Angeklagte fallen. Doch die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Am 13. August 2020 hob das Berufungsgericht des Departamento Francisco Morazán die Entscheidung des Gerichts vom März 2019, die Anklagen fallenzulassen, wieder auf.

Der honduranische Ausschuss zur Verhütung von Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe forderte 2020 eine Überprüfung der Präventivhaft der sieben Umweltschützer des Flusses Guapinol. Im gleichen Jahr kam die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen zu dem Schluss, dass es keine rechtliche Grundlage für die Untersuchungshaft im Fall der acht Aktivisten gibt. Die Arbeitsgruppe forderte die unverzügliche Freilassung der Männer und Wiedergutmachung sowie Ermittlungen gegen die Personen, die unter Verdacht stehen, für die rechtswidrige Inhaftierung der Männer verantwortlich zu sein. Zuvor hatten Menschenrechtsexpert_innen der UN allen Staaten empfohlen, Alternativen zur Inhaftierung in Betracht zu ziehen, um das Risiko einer Ausbreitung von COVID-19 zu verringern. Am 12. März 2021 bestätigten lokale Organisationen, dass José Daniel Márquez positiv auf COVID-19 getestet wurde. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission für Menschenrechte äußert regelmäßig ihre Besorgnis über die Haftbedingungen in Honduras.