Aserbaidschan: Journalist*innen freilassen!

Das Bild zeigt eine Illustration, schwarze Stifte mit gelbem Hintergrund, die Stifte sehen aus wie ein Gefängnisgitter.

Journalismus ist kein Verbrechen!

Mindestens 14 Journalist*innen wurden in Aserbaidschan unter offensichtlich konstruierten Vorwürfen als Vergeltung für ihre kritische Berichterstattung festgenommen. Einige von ihnen sollen misshandelt worden sein.

Appell an

Staatspräsident
Ilham Aliyev
President of Azerbaijan
19 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ1066
ASERBAIDSCHAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Aserbaidschan 
S.E. Herrn Nasimi Aghayev
Hubertusallee 43
14193 Berlin

Fax: 030-219 161 52
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie umgehend dafür, dass alle wegen ihrer kritischen Berichterstattung, auch unter dem Vorwurf des Schmuggels und der Erpressung, festgenommenen Journalist*innen unverzüglich freigelassen und ihre Misshandlungsvorwürfe wirksam untersucht werden. 
  • Setzen Sie auch der Einschränkung der Medienfreiheit ein Ende.

Sachlage

Am 18. April nahm die Polizei den Journalisten Imran Aliyev fest. Er ist Gründer der Website Meclis.info, die über die Aktivitäten des aserbaidschanischen Parlaments berichtet. Imran Aliyev, dem vorgeworfen wird, Fördergelder geschmuggelt zu haben, steht auf Grundlage des Paragrafen 206.3.2 des Strafgesetzbuchs wegen der "Verschwörung zur illegalen Einfuhr von Geld" unter Anklage. Seinen Familienangehörigen zufolge wurde Imran Aliyev in Gewahrsam misshandelt und gezwungen, auf die Wahrnehmung seines Rechts auf einen Rechtsbeistand zu verzichten. Er hatte Hämatome und sichtbare Spuren von Gewalt am Körper und im Gesicht, als er am Tag nach seiner Festnahme vor Gericht erschien. Dort wurde Untersuchungshaft gegen ihn angeordnet.

Mindestens 13 weitere Journalist*innen befinden sich noch immer wegen unbegründeter Vorwürfe wie Schmuggeln von Fördergeldern internationaler Geber sowie Erpressung in Haft.

Dazu gehören sechs Journalist*innen des investigativen Nachrichtensenders AbzasMedia: der Direktor Ulvi Hasanli, sein Stellvertreter Mahammad Kekelov, die Chefredakteurin Sevinj Vagifgyzy, die Journalistinnen Elnara Gasimova und Nargiz Absalamova sowie der investigative Journalist Hafiz Babali. Sie werden des Schmuggels von Fördergeldern beschuldigt. Ähnliche Anklagen wurden gegen die Journalisten Aziz Orujov und Shamo Eminov vom Online-Nachrichtensender Kanal 13 sowie den Gründer des unabhängigen Nachrichtensenders Toplum TV, Alasgar Mammadli, und dessen Journalisten Mushfig Jabbar erhoben.

Mindestens drei unabhängige Journalisten, Teymur Karimov, Ibrahim Humbatov und Arshad Ibrahimov, befinden sich weiterhin wegen unbegründeter und zweifelhafter Erpressungsklagen in Haft.

Die festgenommenen Journalist*innen weisen die Vorwürfe von sich und erklären, wegen ihrer journalistischen Arbeit verfolgt zu werden. Sieben Journalist*innen gaben an, in der Haft misshandelt worden zu sein. Diese Vorwürfe wurden nicht untersucht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das harte Vorgehen gegen unabhängige Medien in Aserbaidschan hat sich in jüngster Zeit verschärft. 

Am 22. November 2023 durchsuchte die Polizei das Büro der investigativen Nachrichtenwebsite AbzasMedia in Baku. Sie behauptete, dort 40.000 Euro in bar gefunden zu haben, angeblich illegal ins Land gebrachte Fördergelder. Laut Ulvi Hasanli, dem Direktor von AbzasMedia, wurde ihm das Geld von der Polizei untergeschoben. Er gab auch an, im Gewahrsam geschlagen und anderweitig misshandelt worden zu sein. Der stellvertretende Direktor von AbzasMedia, Mahammad Kekalov, wurde nach vorliegenden Informationen 48 Stunden lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und gezwungen, auf einen Rechtsbeistand zu verzichten. In den ersten drei Monaten ihrer Inhaftierung wurden den Journalisten Familienbesuche sowie Telefongespräche mit ihren Rechtsbeiständen verwehrt. AbzasMedia hatte zuvor über mutmaßliche korrupte Geschäfte von Unternehmen in Verbindung mit Regierungsbeamt*innen berichtet. Berichten zufolge hatte die Nachrichtenwebsite vor den Festnahmen weitere Recherchen zu Umweltverschmutzung durch Goldminen und andere Menschenrechtsverletzungen geplant.

Im Dezember 2023 ordnete das Gericht gegen Aziz Orujov, den Direktor des Internetsenders Kanal 13, und dessen Moderator Shamo Eminov wegen des Schmuggels von Fördergeldern (ähnlichen Vorwürfen wie im Fall von AbzasMedia) Untersuchungshaft an. Das Gericht ordnete außerdem an, den Online-Zugang zu Kanal 13, einem Sender, der der politischen Opposition und abweichenden Meinungen eine Plattform geboten und über verschiedene Menschenrechtsfragen berichtet hatte, zu sperren.

Gleichzeitig nahmen die Behörden mindestens drei Journalisten, die über Korruptions- und Menschenrechtsthemen berichtet hatten, unter dem Vorwurf der Erpressung (Artikel 182 des Strafgesetzbuchs) fest. Dabei handelt es sich um Teymur Karimov, Reporter und Direktor des Online-Nachrichtenportals Kanal11, Arshad Ibrahimov, Leiter der in Ganja ansässigen Nachrichten-Website Dunyaninsesi, und Ibrahim Humbatov vom Nachrichtenportal Azerinfo.az.

Am 7. März 2024 durchsuchte die Polizei einen der letzten verbliebenen unabhängigen Nachrichtenkanäle, Toplum TV, dessen Partnerorganisation, das Institut für demokratische Initiativen, sowie die Oppositionsgruppe Third Republic Platform, und nahm mehr als ein Dutzend Journalist*innen und Aktivist*innen fest. Der Gründer von Toplum TV, Alasgar Mammadli, und der Journalist Mushfiq Jabbar, befinden sich nach wie vor wegen des Vorwurfs des Geldschmuggels in Haft, während die anderen Festgenommenen freigelassen wurden und auf ihre Verhandlung warten.

In den vergangenen Jahren hat Aserbaidschan restriktive Gesetzesänderungen zur Regulierung der Arbeit von Medien und Nichtregierungsorganisationen verabschiedet, um den Boden für rechtliche Schritte und Strafverfolgung zu bereiten. Mit dem im Jahr 2022 verabschiedeten neuen Mediengesetz wurden willkürliche Hürden für die Registrierung und Finanzierung von Medienorganisationen geschaffen. Den meisten kritischen Medien und Journalist*innen wird die Registrierung aus willkürlichen Gründen verweigert. Dadurch sind sie gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen oder sich der Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen, weil sie ihre Arbeit fortsetzen oder Fördergelder entgegennehmen.