Venezuela: Fotografen freilassen!

Diese Urgent Action ist beendet.

Der venezolanische Fotograf Carlos Debiais, der am 12. November 2021 festgenommen wurde, ist am 6. Juni endlich aus dem Gefängnis freigelassen worden. Obwohl bereits im April 2022 eine Anordnung für seine Freilassung ausgestellt worden war, hielten ihn die Behörden weitere 15 Monate lang willkürlich in Haft. Carlos Debiais muss sich alle 60 Tage bei Gericht melden, was ein Grund zur Sorge ist.

Die Grafik zeigt eine Gefängnistür mit Gitterstäben.

Der venezolanische Fotograf Carlos Debiais wurde am 12. November 2021 festgenommen. Am 12. April wurde eine Anordnung für seine Freilassung ausgestellt. Freigelassen wurde er jedoch nicht. Seither ist er willkürlich in Caracas inhaftiert. Carlos Debiais war gerade bei Filmaufnahmen im Bundesstaat Falcón, als er von Sicherheitspersonal der staatlichen Erdölunternehmens PDVSA befragt und später von Angehörigen der militärischen Spionageabwehr DGCIM inhaftiert wurde. Berichten zufolge sagen die Gefängnisbehörden, der Entlassungsbefehl könne auf Anweisung der Ministerin für Strafvollzugsangelegenheiten nicht ausgeführt werden. Amnesty International fordert seine Freilassung.

Appell an

Tarek William Saab

Avda. México, Manduca a Pelelojo,

Edif.
Sede Fiscalía General de la República

La Candelaria

Caracas

VENEZUELA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela

S. E. Herrn Ramon Orlando Maniglia Ferreira

Schillstraße 10

10785 Berlin


Fax: 030-83 224 020

E-Mail: embavenez.berlin@botschaft-venezuela.de

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Carlos Debiais entsprechend der am 12. April auf seinen Namen ausgestellten Anordnung zur Freilassung freigelassen wird und dass seine persönliche Integrität gewahrt bleibt, solange er sich in staatlichem Gewahrsam befindet.

Sachlage

Carlos Debiais, ein venezolanischer Fotograf, wird trotz einer am 12. April 2022 auf seinen Namen ausgestellten Anordnung zur Freilassung weiter willkürlich im Gefängnis El Rodeo II festgehalten.

Es ist höchst besorgniserregend, dass sich die Strafvollzugsbehörden offenbar auf Anweisung der Ministerin für Strafvollzugsangelegenheiten weigern, die besagte Anordnung auszuführen, obwohl bekannt ist, dass ein Gerichtsbeschluss von der Exekutive nicht ignoriert oder blockiert werden kann.

Darüber hinaus wurde Carlos Debiais unter sehr schlechten Bedingungen festgehalten, ohne Zugang zu natürlichem Sonnenlicht, bei eingeschränkter oder unzureichender Nahrungsmittelversorgung und unter Überwachung der Kommunikation mit seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen. All das verstößt gegen internationale Menschenrechtsstandards. Bedenklich ist auch, dass sein Schicksal und sein Verbleib seit der Inhaftierung mehrfach nicht bekannt waren.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Carlos Debiais ist ein in Bogota lebender venezolanischer Fotograf. Er kam nach Venezuela zurück, um seinen Reisepass verlängern zu lassen, und traf am 8. November 2021 in seinem Heimatbundesstaat Falcón ein. Am 12. November 2021 filmte er gerade mit seiner Drohne in der Bucht von Amuay in der Nähe der im Besitz des staatlichen Erdölunternehmens PDVSA befindlichen Erdölraffinerie, als er von Angehörigen des Sicherheitspersonals von PDVSA befragt wurde, zu denen sich später Angehörige der Nationalgarde gesellten. Kurz darauf tauchten Angehörige der militärischen Spionageabwehr (DGCIM) auf, um sein Fahrzeug und seine Sachen zu durchsuchen. Sie fanden seine Kameraausrüstung, darunter eine Drohne, sowie US-Dollar und ein wenig Marihuana für den persönlichen Gebrauch. Daraufhin wurde Carlos Debiais in die Büros der DCGIM in der Raffinerie von Amuay gebracht und weiter befragt.

Schicksal und Verbleib von Carlos Debiais waren vom 12. bis 15. November 2021 nicht bekannt. Dann wurde seine Familie darüber informiert, dass er sich im DGCIM-Hauptquartier in Boleíta Norte in Caracas befinde, rund 558 km entfernt vom Ort seiner Festnahme. Am gleichen Tag wurde er vor das Antiterror-Gericht gestellt und wegen "Terrorismus", der Verabredung zu Straftaten, der Störung der öffentlichen Ordnung (Incumplimiento al régimen de la nación) und wegen Drogenkonsums angeklagt. Die Staatsanwaltschaft legte weder innerhalb der gesetzlichen Frist von 45 Tagen noch innerhalb der 15-tägigen Verlängerungsfrist Beweise vor. Bei der vorläufigen Anhörung am 10. Februar 2022, drei Monate nach seiner Festnahme, wurde er formell wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Drogenkonsums angeklagt. Obwohl nur Bilder von der Bucht und keine Bilder von der Raffinerie oder andere kriminelle Inhalte gefunden werden konnten, wurde Carlos Debiais für schuldig befunden und zu 4,5 Jahren Gefängnis verurteilt. Unter der Auflage, sich alle zwei Monate bei Gericht zu melden, wurde die Strafe auf Bewährung ausgesetzt.

Seiner Familie zufolge gab es vom 15. November bis zum 5. Dezember 2021, als Carlos Debiais ein Telefongespräch mit seiner Familie erlaubt wurde, erneut keine Informationen über sein Schicksal und seinen Verbleib. Auch vom 5. bis 15. Dezember 2021 war ihm kein Kontakt mit seiner Familie oder seinen Rechtsbeiständen gestattet. Am 23. März 2022 wurde er in das Gefängnis El Rodeo II in Caracas verlegt, wo er sich seither befindet. Seine Familie war über die Verlegung nicht informiert worden.

Am 12. April ordnete ein erstinstanzliches Gericht zur Kontrolle des Strafvollzugs (Juzgado Décimo de Primera Instancia de Ejecución de Caracas) die Freilassung von Carlos Debiais an, verbunden mit einer bedingten Aussetzung seiner Strafe für einen Zeitraum von drei Jahren. Die Gefängnisbehörden begründen seine weitere Inhaftierung offenbar damit, dass der Entlassungsbefehl ohne eine entsprechende explizite Anordnung der Ministerin für Strafvollzugsangelegenheiten, Mirelys Contreras, nicht ausgeführt werden kann.

Diese willkürliche Inhaftierung erfolgt im Kontext massiver Menschenrechtsverletzungen in Venezuela. Die Regierung von Nicolás Maduro betreibt eine Politik der Repression, und das vor dem Hintergrund einer komplexen humanitären und menschenrechtlichen Krise, die dazu geführt hat, dass mehr als 6,1 Millionen Menschen bereits aus dem Land geflohen sind, um im Ausland Schutz zu suchen. Das Justizsystem, dem es an Unabhängigkeit fehlt, wird der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission für Venezuela zufolge von den Behörden dazu missbraucht, Menschenrechtsverbrechen und Verbrechen nach dem Völkerrecht zu begehen, von denen einige Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.