Slowenien: Jaša Jenull muss nicht für Polizeieinsatz zahlen

Diese Urgent Action ist beendet

Die zivilrechtlichen Verfahren gegen den slowenischen Theaterregisseur Jaša Jenull wurden nach den jüngsten Wahlen und dem Regierungswechsel in Slowenien eingestellt. In den Verfahren ging es um eine behördliche Zahlungsaufforderung an Jaša Jenull: Er hatte 2020 an Protesten teilgenommen und sollte für den damit verbunden Polizeieinsatz zahlen. Der Regisseur ist einer von mehreren friedlichen Protestierenden, die aufgefordert wurden, die extrem hohen Kosten für die Polizeieinsätze während der Demonstrationen zu übernehmen, und gegen die deshalb Gerichtsverfahren liefen. Derartige Zahlungsaufforderungen wirken bestrafend und zielen darauf ab, Menschen ruhigzustellen, die lediglich ihre grundlegenden Rechte ausüben wollen. Von Teilnehmer*innen zu verlangen, dass sie für die Kosten der Polizeieinsätze aufkommen, stellt eine Verletzung des Rechts auf friedliche Versammlung dar.

Das Bild zeigt das Porträtfoto eines Mannes mit Brille

Der slowenische Theaterregisseur Jaša Jenull

Sachlage

Der Aktivist und Theaterregisseur Jaša Jenull erhielt im März 2022 von der slowenischen Staatsanwaltschaft eine "Zahlungsaufforderung zur Vermeidung einer Klage" in Höhe von knapp 35.000 Euro. Diese Summe sollte die Kosten für einen Polizeieinsatz auf einer Demonstration in Ljubljana decken, die am 19. Juni 2020 stattgefunden und an der er teilgenommen hatte. Die Demonstration richtete sich gegen die Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung, die im Rahmen der Coronapandemie veranlasst worden waren. Diese finanzielle Forderung vom März 2022 war nicht die erste ihrer Art: Gegen Jaša Jenull liefen zu der Zeit bereits zwei weitere Verfahren über Kostenerstattungen; insgesamt wurden mehr als 40.000 Euro von Jaša Jenull gefordert. Vor dem kürzlich erfolgten Regierungswechsel hatten die slowenischen Behörden noch angekündigt, insgesamt über 970.000 Euro an Kosten für Polizeieinsätze von den Protestierenden zurückfordern zu wollen.

Damals rechtfertigten die slowenischen Behörden ihre Forderungen nach Kostenübernahme für die Polizeiarbeit mit der Begründung, die Proteste seien zuvor nicht bei den Behörden angemeldet worden. Laut Angaben der Polizei mussten durch die fehlende Anmeldung zusätzliche Polizeiressourcen bereitgestellt werden, um die öffentliche Sicherheit gewährleisten zu können. Sich auf die fehlende Anmeldung eines Protests zu beziehen, um so von Teilnehmer*innen oder Organisator*innen eine teilweise oder komplette Kostenübernahme für die Polizeiarbeit zu verlangen, verstößt gegen internationale und regionale Menschenrechtsstandards. Außerdem hindert dies die Teilnehmenden und Organisator*innen in unzulässiger Weise an der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Versammlung. Gemäß regionalen und internationalen Menschenrechtsstandards ist Slowenien dazu verpflichtet, das Recht auf friedliche Versammlung, einschließlich spontaner Versammlungen, zu gewährleisten und aktiv zu fördern. Dies schließt auch die Pflicht ein, sicherzustellen, dass in diesem Zusammenhang für angemessene öffentliche Leistungen wie Polizei- und Sicherheitskräfte, Reinigungsdienste und erste Hilfe gesorgt ist.

Nach der Einstellung der Verfahren gegen ihn dankte Jaša Jenull den Mitgliedern und Unterstützer*innen von Amnesty International, die sich für ihn eingesetzt hatten: "Ich danke euch für eure Unterschriften. Ich danke euch auch für eure Aktionen und jede noch so kleine Initiative, denn jede Handlung bewirkt etwas. Wenn man die Wahl hat zwischen Handeln oder Schweigen und angesichts all der Probleme auf der Welt zu verzweifeln, ist es immer besser, sich für das Handeln zu entscheiden: Jede Handlung, jede Aktion zählt. Bitte macht weiter. Unterstützt Aktivist*innen, Kämpfer*innen für Gerechtigkeit und engagierte Bürger*innen auf der ganzen Welt, die versuchen, für diese Rechte, diese grundlegenden Menschenrechte, zu kämpfen. Und ja, auch in Zukunft werden wir für diese Rechte noch kämpfen müssen. Aber wenn wir verbunden und geeint bleiben, wenn wir aktiv und engagiert bleiben und wenn wir über Grenzen hinweg zusammenarbeiten, dann, so denke ich, bietet das Grund für Optimismus, genau wie jetzt in Slowenien. Hier haben wir gerade allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Ich danke euch allen nochmals, lasst uns so weitermachen. Wir sehen uns da draußen."

Vielen Dank allen, die mit Appellen dazu aufgerufen haben, dass die Forderung nach Erstattung der Kosten für Polizeieinsätze gegen Jaša Jenull zurückgezogen wird. Weitere Aktionen sind nicht erforderlich.