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Honduras 2017/18
Honduras litt weiterhin unter einem hohen Ausmaß an Unsicherheit und Gewalt. Die weitverbreitete Straflosigkeit untergrub das Vertrauen der Öffentlichkeit in Regierungsbehörden und das Justizsystem. Proteste im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen wurden von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen. Honduras blieb für Menschenrechtsverteidiger nach wie vor eines der gefährlichsten Länder in der Region; besonders gefährdet waren Personen, die sich für Land- und Territorialrechte sowie den Umweltschutz einsetzten. Die Regierung kündigte die Bildung eines Ministeriums für Menschenrechte und Gerechtigkeit an, das im Jahr 2018 seine Arbeit aufnehmen soll.
EXZESSIVE GEWALTANWENDUNG
Am 29. November 2017 begannen landesweite Massenproteste gegen die mangelnde Transparenz bei den Präsidentschaftswahlen. Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen. Hunderte Personen wurden festgenommen und inhaftiert, im Dezember rief die Regierung für zehn Tage den Ausnahmezustand aus, der auch eine nächtliche Ausgangssperre umfasste. Die Sicherheitskräfte gingen mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vor und setzten auch tödliche Waffen ein. Mindestens 31 Personen wurden getötet, außerdem gab es zahlreiche Berichte über Verletzungen durch Schusswaffen oder durch brutale Schläge der Sicherheitskräfte. In weiteren Fällen deutete das Vorgehen der Sicherheitskräfte auf Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung hin.
MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER
Menschenrechtsverteidiger, insbesondere Umwelt- und Landrechtsaktivisten, waren weiterhin der Gefahr von Menschenrechtsverstößen ausgesetzt. Staatliche und nichtstaatliche Akteure leiteten Verleumdungskampagnen ein, um ihre Arbeit zu diskreditieren, und sie waren regelmäßig Ziel von Einschüchterungsversuchen, Drohungen und Angriffen. Im Juni 2017 griffen Bewaffnete drei Mitglieder der Indigenenorganisation Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras (COPINH) an, als diese in einem Auto von einem Treffen zurückkehrten. Örtliche NGOs berichteten, dass das Justizsystem weiterhin missbraucht wurde, um Menschenrechtsverteidiger zu schikanieren und zu entmutigen. Es gab auch Berichte über die Anwendung unnötiger und exzessiver Gewalt durch die Sicherheitskräfte während friedlicher Proteste.
Aufgrund einer Vielzahl von Schwierigkeiten, die Ermittlungen und Gerichtsverfahren behinderten, blieb die große Mehrheit der angezeigten Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger straflos. Bei der Untersuchung der im März 2016 begangenen Tötung von Berta Cáceres, einer indigenen Umweltschützerin und Mitgründerin von COPINH, waren nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Die öffentlichen Anhörungen von acht Verdächtigen, die im Zusammenhang mit diesem Fall inhaftiert worden waren, wurden mehrmals verschoben. Unabhängige Experten vertraten die Ansicht, dass die Ermittlungen nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt wurden. Beispielsweise wurden weitere Personen, die möglicherweise an dem Verbrechen beteiligt waren, nicht strafrechtlich verfolgt. Es lagen keine Informationen darüber vor, ob die Staatsanwaltschaft bei der Identifizierung der für die Planung des Todes von Berta Cáceres Verantwortlichen auch nur einen kleinen Schritt vorangekommen war.
Obwohl durch den nationalen Mechanismus zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Sozialkommentatoren und Justizmitarbeitern einige Fortschritte zur Gewährleistung der Sicherheit von Menschenrechtsverteidigern erzielt werden konnten, blieben die Bemühungen um ihren umfassenden Schutz unzureichend.
Neue Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über Terrorismus und damit zusammenhängende Straftaten, die vom Kongress im Februar und September 2017 angenommen wurden, waren überaus allgemein und vage definiert und widersprachen dem Legalitätsprinzip. Sie könnten zu einer willkürlichen und unangemessenen Anwendung des Strafgesetzbuchs gegen friedlich Protestierende und Menschenrechtsverteidiger führen und damit deren Arbeit noch weiter kriminalisieren und die Aktivitäten sozialer Bewegungen behindern.
RECHTE INDIGENER BEVÖLKERUNGSGRUPPEN
Mehrere indigene Bevölkerungsgruppen kritisierten weiterhin, dass ihre Rechte auf Konsultation und freiwillige, vorherige und informierte Zustimmung im Zusammenhang mit Projekten zur Erschließung und Ausbeutung von Bodenschätzen auf ihren angestammten Territorien verletzt wurden. Berichten zufolge wurden Personen, die sich für die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen einsetzten, Opfer von Mord und Aggressionen sowie des Missbrauchs des Justizsystems.
Gegen den Entwurf zum Rahmengesetz über die freie, vorherige und informierte Konsultation indigener Bevölkerungsgruppen (Anteproyecto de Ley Marco de Consulta libre, previa e informada) wurden Einwände erhoben, weil u. a. indigene und afro-honduranische Garifuna-Gemeinschaften nur unzureichend in den Prozess der Ausarbeitung des Gesetzes eingebunden waren.
Die Entschädigungsmaßnahmen, die im Jahr 2015 vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in zwei Fällen der Verletzung kollektiver Landrechte der Garifuna-Gemeinschaften durch den honduranischen Staat angeordnet wurden, waren bis Ende 2017 noch nicht umgesetzt.
LANDKONFLIKTE
Das Fehlen sicherer Besitztitel verursachte auch weiterhin Konflikte. In der Region Valle de Aguán, wo seit langem ungelöste Konflikte über Landrechte schwelen, kam es Berichten zufolge zu schweren Gewaltausbrüchen. Angaben des Kleinbauernverbandes Movimiento Unificado Campesino de Aguán (MUCA) zufolge wurden die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission angeordneten Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit von Campesino-Sprechern im Valle de Aguán nicht angemessen umgesetzt.
GESCHLECHTSSPEZIFISCHE GEWALT
Frauen, Mädchen und LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche) waren weiterhin einem hohen Maß an geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Zwischen Januar und Oktober 2017 registrierte das Zentrum für Frauenrechte (Centro de Derechos de Mujeres – CDM) 236 Fälle, in denen Frauen aufgrund von Gewaltanwendung zu Tode kamen. Dem Lesben-Netzwerk Cattrachas zufolge gab es auch einen Anstieg der Gewalt gegen LGBTI: Im Jahr 2017 wurden 35 von ihnen getötet. In den meisten Fällen blieben die Täter straffrei, da die Behörden nicht über ausreichende Kapazitäten und Ressourcen zur Ermittlung, Verfolgung und Bestrafung der dafür Verantwortlichen verfügten.
SEXUELLE UND REPRODUKTIVE RECHTE
Frauen und Mädchen genossen auch weiterhin keinen Schutz ihrer Rechte. Ebenso wenig existierten Garantien für den uneingeschränkten Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Trotz entgegenstehender Empfehlungen internationaler Menschenrechtsinstitutionen und -mechanismen stimmte der Kongress im April 2017 für die Beibehaltung des ausnahmslosen Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen im neuen Strafgesetzbuch.
FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE
Die im ganzen Land vorherrschende Gewalt war der entscheidende Grund dafür, dass Menschen sich gezwungen sahen, Honduras zu verlassen. Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) zufolge beantragten zwischen Januar und Oktober 2017 insgesamt 14735 honduranische Staatsangehörige Asyl in verschiedenen Ländern, hauptsächlich in Mexiko und den USA. Eine große Anzahl von Honduranern wurde jedoch auch weiterhin aus diesen Ländern abgeschoben und in dieselbe lebensbedrohliche Situation zurückgeschickt, die sie ursprünglich zur Flucht veranlasst hatte. Bis heute verfügt Honduras über keinen umfassenden Mechanismus und auch kein Vorgehen, um den Schutzbedarf der abgeschobenen Personen in systematischer Weise zu ermitteln und ihm Rechnung zu tragen.