Amnesty Report Malaysia 19. Mai 2017

Malaysia 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit waren 2016 nach wie vor massiv eingeschränkt. Menschenrechtsverletzungen, die von der Polizei verübt wurden, blieben straflos. Der Oppositionsführer und gewaltlose politische Gefangene Anwar Ibrahim, der in einem politisch motivierten Strafverfahren wegen homosexueller Handlungen verurteilt worden war, verbüßte weiterhin eine fünfjährige Haftstrafe. Flüchtlinge und Asylsuchende, die vor Verfolgung geflohen waren, wurden unter schlechten Bedingungen über lange Zeiträume hinweg in Gewahrsam gehalten.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG

Regierungskritiker wurden eingeschüchtert, drangsaliert und häufig inhaftiert. Die Behörden nutzten restriktive Gesetze wie das Gesetz gegen staatsgefährdende Aktivitäten (Sedition Act) und das Kommunikations- und Multimediagesetz, um sie zum Schweigen zu bringen.

Im März 2016 wurde das unabhängige Nachrichtenportal The Malaysian Insider aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen, nachdem es zuvor von der Regierung gesperrt worden war. Das Portal hatte über einen Korruptionsskandal berichtet, der Ministerpräsident Najib Tun Razak betraf. Ihm wurde vorgeworfen, Hunderte Millionen US-Dollar vom Staatsfonds 1Malaysia Development Berhard (1MDB) veruntreut zu haben.

Politische Aktivisten und Regierungskritiker wurden weiterhin strafrechtlich verfolgt. Im Mai 2016 befand das Berufungsgericht den politischen Aktivisten Hishamuddin Rais wegen staatsgefährdender Aktivitäten für schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 5000 Malaysischen Ringgit (etwa 1050 Euro). Hishamuddin Rais hatte Kritik an den Wahlen geübt. Der studentische Aktivist Adam Adli erhielt wegen derselben Anklage dieselbe Geldstrafe. Der Jugendaktivist Mohd Fakhrulrazi wurde wegen staatsgefährdender Aktivitäten zu acht Monaten Haft verurteilt, weil er die Freilassung Anwar Ibrahims gefordert hatte.

Das Kommunikations- und Multimediagesetz wurde zunehmend genutzt, um Regierungskritiker und Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Im Juni 2016 wurde der Aktivist Fahmi Reza zweimal auf Grundlage dieses Gesetzes angeklagt, weil er den Ministerpräsidenten in einer Karikatur als Clown dargestellt hatte. Muhammad Amirul Zakwan bekannte sich schuldig, beleidigende Kommentare über den Kronprinzen von Johor auf Facebook gemacht zu haben, und wurde zu einer zweijährigen Jugendstrafe verurteilt. Mindestens drei weitere Personen wurden strafrechtlich verfolgt, angeklagt oder inhaftiert, weil sie sich in den sozialen Medien kritisch über den Prinzen geäußert hatten.

Drei Regierungskritiker wurden mit einem willkürlichen Reiseverbot belegt, unter ihnen auch der Karikaturist und politische Aktivist Zulkiflee Anwar Ulhaque, der unter dem Künstlernamen Zunar bekannt ist.

RECHTE AUF VERSAMMLUNGS- UND VEREINIGUNGSFREIHEIT

Menschenrechtsaktivisten und Abgeordnete der Opposition wurden wegen der Teilnahme an friedlichen Protesten strafrechtlich verfolgt. Im Oktober 2016 wurden Teilnehmende eines Protestkonvois, der durch das Land reiste, um Wahlreformen zu fordern und die Öffentlichkeit über die fünfte Demonstration des _Bersih-Bündnisses (Bersih 5)_ zu informieren, tätlich angegriffen und eingeschüchtert. Anführer der Proteste erhielten Morddrohungen.

WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN UND INHAFTIERUNGEN

Personen, die im Verdacht standen, die Sicherheit zu gefährden, wurden weiterhin auf der Grundlage von Gesetzen, die Präventivhaft vorsahen, willkürlich inhaftiert. Das Gesetz zur Verhütung von Terror (Prevention of Terrorism Act) enthielt vage und weitgefasste Formulierungen, die zu Missbrauch einluden. So war darin von Personen die Rede, die "an der Beauftragung oder Unterstützung terroristischer Akte beteiligt sind", ohne dass dies näher definiert wurde. Das Gesetz erlaubte es den Behörden, Personen ohne Angabe von Haftgründen bis zu 60 Tage lang ohne Anklage oder Verfahren zu inhaftieren. Das Sicherheitsgesetz (Security Offences [Special Measures] Act) erlaubte eine Inhaftierung bis zu 28 Tagen ohne Anklage oder Verfahren.

Im Januar und Februar 2016 berichtete die Menschenrechtsorganisation Suara Rakyat Malaysia, dass mindestens 13 Personen, die auf Grundlage des Sicherheitsgesetzes inhaftiert worden waren, gefoltert und anderweitig misshandelt wurden. Man habe sie geschlagen, getreten und gezwungen, sich zu entkleiden und in Anwesenheit von Staatsbediensteten sexuelle Handlungen zu begehen. Eine Untersuchung der Nationalen Menschenrechtskommission zu den Vorwürfen war Ende 2016 noch nicht abgeschlossen.

Das Gesetz über den nationalen Sicherheitsrat (National Security Council Act), das im August 2016 in Kraft trat, räumte der Regierung umfassende Befugnisse ein, dazu zählten Festnahmen, Durchsuchungen und Beschlagnahmungen ohne richterliche Anordnung sowie die Verhängung von Ausgangssperren. Außerdem konnte die Regierung "Sicherheitsbereiche" ausweisen, die einen speziellen Status hatten. So gab es für Todesfälle in diesen Sicherheitsbereichen keine Rechenschaftspflicht, da sie von gerichtlichen und gerichtsmedizinischen Untersuchungen ausgenommen waren.

Im November 2016 wurde Maria Chin Abdullah, die Vorsitzende des NGO-Bündnisses Bersih, wegen der Organisation der Bersih-5-Demonstration festgenommen. Unter Berufung auf das Sicherheitsgesetz wurde ihr vorgeworfen, sie habe versucht, Aktionen zum Schaden der parlamentarischen Demokratie durchzuführen. Maria Chin Abdullah wurde an einem unbekannten Ort unter erbärmlichen Bedingungen elf Tage lang in Einzelhaft gehalten, ohne dass man Anklage gegen sie erhob oder sie einem Gericht vorführte.

POLIZEI UND SICHERHEITSKRÄFTE

Die Polizei setzte weiterhin exzessive Gewalt ein, und Todesfälle in Polizeigewahrsam blieben nach wie vor ungeahndet. Im Fall von N. Dharmendran, der 2013 in Polizeigewahrsam gestorben war, stellte die Aufsichtsbehörde der Polizei (Enforcement Agency Integrity Commission) im April 2016 fest, dass die Polizisten, die ihn verhört hatten, seinen Tod durch Einsatz körperlicher Gewalt verschuldet hätten. Außerdem hätten sie später Beweise fingiert, um seine Behandlung während des Verhörs zu verschleiern. Dennoch sprach das Hohe Strafgericht von Kuala Lumpur die vier Polizisten, die wegen Mordes an N. Dharmendran angeklagt waren, im Juni 2016 frei. Seine Witwe reichte Zivilklage gegen die Polizei und die Regierung ein.

FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE

Im Mai 2015 hatte sich Malaysia nach massivem internationalem Druck bereit erklärt, 1100 Personen aufzunehmen, die vor der Küste des Landes gestrandet waren. Die Gruppe, zu der auch mehr als 400 Rohingya zählten, wurde über ein Jahr lang unter harten Bedingungen in Haft gehalten. Im Juni 2016 kam die Mehrzahl der Rohingya frei, und einige von ihnen wurden neu angesiedelt. Die Haftzentren der malaysischen Einwanderungsbehörde waren nach wie vor überbelegt, und es herrschten schlechte Bedingungen.

Die Ermittlungen der Behörden zu den 2015 an der thailändisch-malaysischen Grenze entdeckten Massengräbern waren durch Intransparenz gekennzeichnet. Dies galt auch für die Identifizierung der sterblichen Überreste der dort begrabenen Personen. Es wurden Forderungen laut, die Behörden sollten angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Todesfälle aufzuklären.

TODESSTRAFE

Die Todesstrafe war weiterhin zwingend vorgesehen für Drogenhandel, Mord und unter bestimmten Umständen für vorsätzlichen Schusswaffengebrauch. Die 2015 von der Regierung angekündigte Reform der Gesetze zur obligatorischen Verhängung der Todesstrafe war noch nicht erfolgt. 2016 gingen weiterhin Berichte über Hinrichtungen und Todesurteile ein. Es gab nach wie vor kein Standardverfahren, um Familienangehörige über geplante Hinrichtungen zu informieren.

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