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Jahrestag der Angriffe vom 7. Oktober: Waffenstillstand und Freilassung der Geiseln dringender denn je
Amnesty-Aktion in Berlin für die Einhaltung der Menschenrechte im Nahostkonflikt (April 2024)
© Amnesty International, Foto: Jarek Godlewski
Am 7. Oktober 2023 haben die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen im Süden Israels etwa 1.200 Menschen getötet und 250 Personen entführt. Darauf folgten verheerende Angriffe des israelischen Militärs auf den besetzten Gazastreifen, bei denen bisher mehr als 41.500 Menschen getötet und 1,9 Mio. Menschen vertrieben wurden.
Anlässlich des Jahrestages sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland:
"Die schrecklichen Verbrechen, die von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen begangen wurden und die vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs als Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht werden, lassen sich durch nichts rechtfertigen. Der 7. Oktober ist ein Tag der Trauer für Israelis, die geliebte Menschen verloren haben oder deren Angehörige weiterhin als Geiseln gehalten werden, sowie wie für die Überlebenden, die mit dem Trauma dieses Tages weiterleben müssen.
Ein Jahr später werden immer noch rund 100 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Von einigen wissen wir, dass sie tot sind. Meine Sorge um die Sicherheit der Geiseln ist weiter gewachsen, seit israelische Streitkräfte im August die Leichen von sechs Geiseln gefunden haben. Gerichtsmedizinische Untersuchung haben ergeben, dass sie kurz zuvor erschossen wurden. Alle zivilen Geiseln müssen umgehend freigelassen werden, damit sie zu ihren Familien zurückkehren können.
Am 7. Oktober jährt sich auch der Beginn der entsetzlichen Angriffe der israelischen Streitkräfte auf den Gazastreifen, bei denen Zehntausende Menschen getötet und 90 Prozent der Bevölkerung vertrieben wurden. Die dadurch ausgelöste beispiellose humanitäre Katastrophe setzt laut dem Internationalen Gerichtshof die Palästinenser*innen im Gazastreifen der Gefahr eines Völkermords aus. Ganze Familien wurden ausgelöscht, und viele Menschen haben noch immer nicht die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen, darunter auch Kinder, aus dem Schutt ihrer zerstörten Häuser bergen können. Hunderte Familien in Gaza versuchen immer noch, Informationen über Verwandte zu erhalten, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in israelischen Gefängnissen festgehalten werden und in vielen Fällen der Folter ausgesetzt sind.
Die Kämpfe wüten ohne absehbares Ende weiter. Es ist eine Schande und als kollektives Versagen der Menschheit zu werten, dass es ein Jahr nach Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen immer noch keinen Waffenstillstand gibt und die Geiseln immer noch nicht freigelassen wurden. Ein Waffenstillstand ist dringender denn je. Allen Opfern muss Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung gewährt werden.
Dieser Jahrestag erinnert uns auf ernüchternde Weise daran, wie dringend die Ursachen des Konflikts angegangen werden müssen. Allen voran muss die Straflosigkeit ein Ende finden, die dazu geführt hat, dass die israelischen Streitkräfte sowie die Hamas und andere bewaffnete Gruppen jahrzehntelang das Völkerrecht missachtet haben, ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen. Ich begrüße daher die Ermittlungen des Chefanklägers des Internationalen Gerichtshofes, der die Verbrechen der Hamas als mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht und ebenfalls wegen möglicher Kriegsverbrechen der israelischen Streitkräfte ermittelt. Um weitere Verbrechen zu verhindern, müssen die Waffenlieferungen an alle Parteien gestoppt werden.
Die Welt darf die Opfer und den Schmerz der betroffenen Familien niemals vergessen. Die Menschlichkeit muss siegen. Amnesty International fordert einen sofortigen Waffenstillstand, die umgehende Freilassung aller zivilen Geiseln, die von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen festgehalten werden, und die Freilassung aller Palästinenser*innen, die von Israel rechtswidrig inhaftiert wurden."
Hintergrund
Amnesty International hat gefordert, dass die Hamas und andere bewaffnete Gruppen für die gezielten Tötungen, Entführungen und wahllosen Angriffe, einschließlich der Raketenangriffe auf Israel, zur Rechenschaft gezogen werden. Amnesty International hat wiederholt die sofortige Freilassung aller zivilen Geiseln gefordert, die im Gazastreifen festgehalten werden. Amnesty International hat auch die zahlreichen Kriegsverbrechen Israels untersucht, darunter direkte Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte, wahllose und unverhältnismäßige Angriffe sowie andere ungesetzliche Angriffe und kollektive Bestrafungen der Zivilbevölkerung. Die Menschenrechtsorganisation hat zu einem Waffenstillstand aufgerufen und den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs aufgefordert, seine Ermittlungen zur Lage in Palästina zu beschleunigen.
Die Menschenrechtsverletzungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Israel haben lange vor den Angriffen vom 7. Oktober begonnen. Amnesty International hat Israels System der Apartheid und die unrechtmäßige Besetzung, die auch Gegenstand von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates war, untersucht und verurteilt.
EIN JAHR NACH DEM 7. OKTOBER: BETROFFENE ERZÄHLEN IHRE GESCHICHTE
Ein Jahr nach dem 7. Oktober haben wir mit Menschen aus Israel gesprochen, die bei dem Angriff bewaffneter palästinensischer Gruppen auf Israel Angehörige und Freund*innen verloren haben. Maoz Inon, Noy Katsman und Avi Dabush haben uns ihre Geschichte erzählt und warum sie sich heute für Frieden und Versöhnung einsetzen.