Aktuell Ukraine 27. Februar 2014

Ukraine: Verantwortliche für Todesfälle müssen vor Gericht gestellt werden

Beamte der Polizeispezialeinheit Berkut

Beamte der Polizeispezialeinheit Berkut

27. Februar 2014 - Die Verantwortlichen für die mehr als 100 Todesfälle während der Demonstrationen gegen die ukrainische Regierung müssen vor Gericht gebracht werden, so Amnesty International heute. Die Organisation reagiert damit auf angekündigte Pläne, die Spezialeinheit der Polizei, die mutmaßlich für die übermäßige Gewaltanwendung gegenüber den Demonstranten verantwortlich war, aufzulösen.

"Die Auflösung der Sondereinheitt darf nicht dazu führen, dass die Täter ungeschoren davon kommen. Die ukrainischen Behörden dürfen sich ihrer Verantwortung nicht entziehen", sagte Heather McGill, Ukraine-Expertin von Amnesty International.
"Jede einzelne Anschuldigung muss umgehend, effektiv und unabhängig untersucht und jeder verantwortliche Polizeibeamte strafrechtlich verfolgt werden."

Davon unabhängig hat das ukrainische Parlament am Dienstag eine Erklärung verabschiedet, welche die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs anerkennt und die Strafverfolgung des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch fordert.

Es muss alles daran gesetzt werden, dass die Strafverfolgung zunächst an inländischen Gerichten durchgeführt werden kann.

"Jede Anrufung des Internationalen Strafgerichtshof sollte lediglich in Ergänzung zu Ermittlungen und Verfahren inländischer Gerichtenerfolgen. Es darf keine selektive Gerechtigkeit geben und die neue Regierung muss zeigen, dass sie in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und die Schuldigen vor den eigenen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen. Gerechtigkeit fängt zuhause an", so Heather McGill.

"Die Machthabenden dürfen jetzt nicht dieselben Fehler begehen wie die vorherige Regierung und nicht vergessen, wofür Hunderttausende Ukrainer im November 2013 auf die Straße gegangen sind: für die Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und ein Ende der Straflosigkeit."

Der Europarat hat ein unabhängiges Beratungsgremium vorgeschlagen, welches die Ermittlungen überwachen soll. Amnesty International begrüßt diese Initiative und fordert hierfür die Unterstützung der ukrainischen Behörden.

Es ist klar, dass auch einige der Demonstranten Gewalt angewendet haben. Doch Amnesty hat gleichzeitig zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen friedliche Demonstranten und Passanten von Sicherheitsbeamten geschlagen und schwer verletzt wurden.

Schätzungen zufolge wurden rund 800 Menschen bei den Protesten seit November 2013 verletzt.

Iryna Rabchenyuk, eine friedliche Passantin, wurde am 1. Dezember 2013 von einem Polizeibeamten geschlagen. Der Beamte schlug ihr mit einem Schlagstock ins Gesicht, was schwere Verletzungen – unter anderem einen komplizierten Nasenbruch und möglicherweise den dauerhaften Verlust des Augenlichts auf einem Auge – zur Folge hatte. Iryna Rabchenyuk und hunderte Andere, die das Gleiche erlebt haben, verdienen Gerechtigkeit.

Amnesty International hat zudem einige Fälle dokumentiert, in denen friedliche Demonstranten von Gruppen regierungsnaher Zivilisten angegriffen wurden. Es wird vermutet, dass diese Gruppenmit den Sicherheitskräften in Verbindung stehen. Sie müssen unter Kontrolle gebracht und für ihre Taten strafrechtlich verfolgt werden.
"Die langjährige Kultur der Straflosigkeit von Polizeigewalt muss ein Ende haben. Die Ukraine muss dringend Maßnahmen ergreifen, um die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei zu untersuchen", so Heather McGill.

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