Exzessive Gewaltanwendung

In Ecuador sind zahlreiche Personen und auch Polizist_innen verletzt worden, als es bei landesweiten Demonstrationen zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften kam. Viele Demonstrierende wurden festgenommen. Da nach wie vor Proteste stattfinden, besteht die Gefahr, dass weitere Personen verletzt bzw. inhaftiert werden.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Rafael Correa Delgado, Presidente de la República
García Moreno N10-43 entre Chile y
Espejo, Quito, Pichincha, ECUADOR
(Anrede: Dear President / Sr. Presidente / Sehr geehrter Herr Präsident)
Twitter: @MashiRafael

JUSTIZMINISTERIN
Dra. Ledy Zúñiga Rocha
Ministra de Justicia, Derechos humanos y Cultos
Av. Colón entre Diego de Almagro y Reina Victoria
Edif Torres de Almagro, Quito, ECUADOR
(Anrede: Dear Minister / Sra. Ministra / Sehr geehrte Frau Ministerin)

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSORGANISATION
INREDH
Avenida 10 de Agosto N34-80 y Rumipamba
Piso 1
(Frente a la parada El Florón, del Trolebus)
Quito
ECUADOR

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ECUADOR
S. E. Herrn Jorge Enrique Jurado Mosquera
Joachimstaler Straße 10-12
10719 Berlin
Fax: 030-800 969 699
E-Mail: info@ecuadorembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Oktober 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Zwar ist es die Pflicht des Staates, die öffentliche Ordnung zu wahren, dennoch darf dazu keine unverhältnismäßige Gewalt angewandt werden und das Recht auf friedliche Versammlung muss gewährleistet sein.

  • Stellen Sie bitte unbedingt sicher, dass die Sicherheitskräfte stets in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards handeln hinsichtlich progressiver, selektiver und verhältnismäßiger Gewalt bei der Überwachung von Protesten.

  • Bitte leiten Sie umgehend unparteiische Untersuchungen aller Vorwürfe über unverhältnismäßige Gewaltanwendung, willkürliche Inhaftierung und Misshandlung von Demonstrierenden in Polizeigewahrsam ein. Stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

Sachlage

In Ecuador ist es in den vergangenen Tagen zu Massenprotesten gegen die aktuelle Regierungspolitik gekommen. Dabei wurden in vielen Städten zahlreiche Personen verletzt bzw. festgenommen. Amnesty International hat Berichte erhalten, nach denen Angehörige der Polizei und des Militärs versucht haben, die Proteste unter Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt aufzulösen. Zudem soll es zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften gekommen sein, in deren Rahmen willkürlich Tränengas gegen Demonstrierende eingesetzt worden sein soll, unter anderem auch in geschlossenen Räumen. Berichten zufolge hat ein Demonstrationsteilnehmer infolge dieser Zusammenstöße das Sehvermögen auf einem Auge verloren. Einige Organisationen, die den inhaftierten Personen Rechtsbeistand anbieten, geben an, dass Inhaftierte über Misshandlungen berichtet haben. Ihren Schätzungen zufolge befinden sich mehr als 50 Personen nach wie vor in Untersuchungshaft.

Am 2. August machten sich Protestierende von der im Süden des Landes gelegenen Provinz Zamora Chinchipe auf den Weg in die Hauptstadt Quito, wo sie am 13. August eintrafen. Am Abend des 13. August lösten Polizeikräfte eine Versammlung der Demonstrierenden an einem öffentlichen Platz auf – dem Vernehmen nach unter Einsatz exzessiver Gewalt. Mehr als 30 Personen wurden dabei festgenommen.

Am 17. August lösten Polizei- und Militärangehörige in der Stadt Saraguro in der Provinz Loja eine Straßensperre auf. Dabei sollen sie willkürlich Tränengas eingesetzt und sich ohne Haft- oder Durchsuchungsbefehle Zutritt zu Wohnungen und Grundstücken verschafft haben, ohne dass Beweise für Straftaten vorlagen. Berichten zufolge wurden Protestierende geschlagen und durch die Straßen gezerrt.

Am 19. August kam es in Macas, der Hauptstadt der Provinz Morona Santiago, zu Zusammenstößen zwischen Polizeikräften und Demonstrierenden. Laut Angaben des Innenministeriums wurden 8 Polizist_innen verletzt, als Protestierende versuchten, eine Polizeisperre rund um das Bildungsministerium zu durchbrechen. Zwei weitere öffentliche Gebäude sollen von Demonstrierenden umstellt worden sein. Am 20. August sollen Protestierende in Ambatillo in der Provinz Tungurahua einen Militärkonvoi festgesetzt und wenige Stunden später alle Beteiligten unverletzt freigelassen haben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 2. August machte sich ein zehntägiger Demonstrationszug von der im Süden des Landes gelegenen Provinz Zamora Chinchipe auf den Weg in die Hauptstadt Quito. Der Protestmarsch war von vielen verschiedenen sozialen Bewegungen und Gruppierungen organisiert worden, darunter auch Indigenenorganisationen. Die Teilnehmenden demonstrierten gegen eine Reihe von Regierungsmaßnahmen, so z. B. gegen Bestimmungen zur Nutzung natürlicher Ressourcen, das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union sowie Verfassungsänderungen, mit denen unbegrenzte Amtszeiten für den Präsidenten und andere öffentliche Ämter ermöglicht werden sollen.

Amnesty International hat sich bereits in der Vergangenheit besorgt gezeigt über das harte Vorgehen der ecuadorianischen Behörden gegen Protestierende und das Einleiten haltloser Strafverfahren gegen Regierungskritiker_innen. Diese Maßnahmen scheinen allein darauf abzuzielen, die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und die Wahrnehmung der Bürgerrechte im Allgemeinen einzuschränken. Amnesty International hat zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Sprecher_innen von indigenen oder kleinbäuerlichen Gemeinschaften aufgrund haltloser Vorwürfe angeklagt und strafrechtlich verfolgt, willkürlich festgenommen und mit strengen Kautionsauflagen belegt wurden. All dies sind offenbar Versuche, Kritik an der Regierung zu unterdrücken. Siehe auch den englischsprachigen Bericht 'So that no one can demand anything’: Criminalizing the right to protest in Ecuador?, online unter: https://www.amnesty.org/es/documents/amr28/002/2012/en.

Amnesty International erkennt die Verpflichtung von Staaten an, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, Tatverdächtige festzunehmen und die öffentliche Sicherheit zu wahren. Allerdings dürfen Sicherheitskräfte nur dann Gewalt anwenden, wenn dies nicht vermieden werden kann. Selbst dann muss die Gewaltanwendung einem legitimen Zweck dienen und verhältnismäßig sein. Wenn einige wenige Protestierende Gewalt anwenden, darf dies nicht zum Vorwand genommen werden, um der Mehrheitsbevölkerung das Recht auf friedliche Versammlung zu verweigern. Die Behörden müssen sicherstellen, dass friedliche Protestierende in der Lage sind, dieses Recht wahrzunehmen.