Politische Verfolgung

Politischen Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Gewerkschafter_innen in Swasiland drohen Schikane, Misshandlung und Festnahme, da die Behörden die drakonischen Antiterrorgesetze nutzt, um eine Welle von Benzinbombenanschlägen gegen die Regierung zu untersuchen.

Appell an

PREMIERMINISTER
Dr. Barnabas Sibusiso Dlamini
P O Box 395, Mbabane, SWASILAND
(korrekte Anrede: Dear Prime Minister
Fax: (00268) 404 3943

POLIZEICHEF
Mr Isaac Magagula
The Royal Swaziland Police Service,
P.O. Box 49, Mbabane H100, SWASILAND
(korrekte Anrede: Dear Commissioner)
Fax: (00268) 404 4545

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SWASILAND
S.E. Herrn Solomon Mnukwa Dlamini
188, Av. Winston Churchill
1180 Brüssel
BELGIEN
Fax: (00 32) 2347 4623

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Siswati, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. Juli 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich appelliere an Sie, die Untersuchung der kürzlichen Welle von Bombenanschlägen in Swasiland in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen des Landes nach den internationalen Menschenrechtsabkommen durchzuführen und insbesondere das absolute Folterverbot einzuhalten.

  • Ich möchte meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass die Polizei während der Untersuchung der Bombenattentate langandauernde Durchsuchungen in den Wohnungen einer großen Zahl von vermeintlichen Mitgliedern politischer Organisationen und einiger zivilgesellschaftlicher Aktivist_innen vorgenommen hat und dies zum Teil ohne Durchsuchungsbefehle. Darauf folgten Verhöre, in denen Menschen auf Polizeiwachen mutmaßlich bedroht, misshandelt und gefoltert wurden.

  • Jede Regierung, so auch die von Swasiland, ist dazu verpflichtet, ihre Bevölkerung vor gewaltsamen Angriffen zu schützen, doch sie muss sich dabei an ihre Verpflichtungen nach den internationalen Menschenrechtsabkommen halten.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Appeal to the government to ensure that official investigations into the recent spate of bombings in Swaziland are conducted in full compliance with the country’s obligations under international human rights law and in particular regarding the absolute prohibition against torture;

  • Express your concern that police, during investigations into the bombing incidents, have undertaken prolonged searches at the homes of a large number of alleged members of political organizations and some civil society activists, sometimes without warrants and followed by interrogations involving alleged threats, ill-treatment and torture in several cases at police stations;

  • Note that while all governments have a clear duty to protect their population from deliberate violent attack, all governments, including Swaziland’s, must adhere to their obligations under international human rights law in responding to incidents or threats of violent attacks.

Sachlage

Amnesty International hat Kontakt mit mehr als zwölf Aktivist_innen in Swasiland, die von der Polizei unter Anwendung des Antiterrorgesetzes Suppression of Terrorism Act (STA) seit Juni 2010 schikaniert, bedroht, misshandelt oder inhaftiert wurden. Die Häuser und Büros der Aktivist_innen wurden durchsucht. Sie selbst wurden bei Straßenblockaden Leibesvisitationen unterzogen. Dokumente und andere Materialien wurden konfisziert und sie werden intensiv beschattet. Amnesty International nennt hier die Namen der Aktivist_innen nicht, um sie nicht zusätzlich zu gefährden.

Einige der Hausdurchsuchungen, darunter auch bei denjenigen, die beschuldigt werden Mitglieder oder Sympathisant_innen verbotener politischer Organisationen zu sein, sind ohne Durchsuchungsbefehl und in den frühen Morgenstunden durch bewaffnete Polizeibeamt_innen durchgeführt worden. Manchen Betroffenen wurde nicht gestattet, während der lang andauernden Durchsuchung Telefonanrufe zu tätigen. Einige wurden später zur Polizeiwache gebracht, um sie zu ihren politischen Aktivitäten zu befragen. Aussagen von Betroffenen und andere Informationen, die bei Amnesty International eingegangen sind, deuten darauf hin, dass mehrere politische Aktivist_innen während der Verhöre gefoltert oder in anderer Weise misshandelt wurden. In einem Fall soll das Opfer mit Schlagstöcken geschlagen und mit Erstickungsversuchen gefoltert worden sein. Der Mann wurde ohne Anklage freigelassen, ist aber weiter von Misshandlung bedroht.

Zwei politische Aktivisten haben Amnesty International mitgeteilt, dass bewaffnete Polizist_innen kürzlich zu ihnen nach Hause kamen und nach ihnen suchten. Sie waren beide nicht daheim, als die Polizei kam und wissen nicht, wann sie erneut auftaucht. Beide Männer sind in der Vergangenheit willkürlich inhaftiert gewesen und sollen von der Polizei gefoltert worden sein. Amnesty International ist in Sorge, dass diese Männer und mehrere andere erneut von Misshandlung bedroht sein könnten, wenn sie in den kommenden Wochen von der Polizei festgenommen und verhört werden sollten.

Bei bekannten Menschenrechtsverteidiger_innen und Gewerkschafter_innen nahm die bewaffnete Polizei ebenfalls Hausdurchsuchungen vor, meist lagen Durchsuchungsbefehle vor, denen zufolge nach Beweismaterial terroristischer Aktivitäten gesucht werden sollte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im August 2008 wurde das Gesetz gegen den Terrorismus Suppression of Terrorism Act (STA) zu Landesrecht. Die Umsetzung des STA hat zu willkürlichen Festnahmen, Misshandlungen von Gefangenen und Anklagen gegen politische Aktivist_innen geführt. Sie werden mit vagen und weitreichenden Bestimmungen dieses Gesetzes und unter Missachtung internationaler Standards angeklagt. Das Gesetz hat eine einschüchternde Wirkung und bringt politischen Aktivist_innen, die demokratische Reformen fordern, und Menschenrechtler_innen, die die schwierige humanitäre Situation im Land anprangern, zum Schweigen. Im November 2008 erklärte die Regierung vier politische Organisationen unter den neuen Gesetzesvorgaben zu terroristischen Vereinigungen, darunter die langjährige Poeple’s United Democratic Movement (PUDEMO) und den Swaziland Youth Congress (SWAYOCO).

Die Umstände der kürzlichen Welle von Brandbombenanschlägen sind weitgehend unklar. Es scheint jedoch, dass sie zum großen Teil gegen Regierungsinstitutionen gerichtet waren. Berichten zufolge hat es weder Tote noch Verletzte, aber Sachschaden gegeben. Im Juni sind zwei Männer unter dem Antiterrorgesetz wegen der Vorfälle festgenommen und angeklagt worden.

Unter den Menschen, die von der aktuellen Welle der Repression betroffen sind, befinden sich Beamt_innen und Gewerkschaftsmitglieder, Menschenrechtler_innen, die für Nichtregierungsorganisationen tätig sind, führende Persönlichkeiten politischer Koalitionen, darunter auch die Swaziland United Democratic Front und Swaziland Democracy Campaign und Mitglieder oder vermeintliche Mitglieder der PUDEMO oder SWAYOCO. Amnesty International hat bestätigte Informationen zu Vorfällen, die mehr als zwölf Personen betreffen, doch es wurde auch über viele weitere Vorfälle berichtet, bei denen die Bestätigung aber noch aussteht. Einige der politisch engagierten Personen sind aus Angst vor Inhaftierung und Misshandlung untergetaucht.

Ende 2005 und Anfang 2006 wurden nach einer ähnlichen Welle von Brandbombenanschlägen in Swasiland 16 Personen festgenommen und wegen Verrats und anderer Verbrechen angeklagt. Im März 2006 wurden sie gegen Kaution freigelassen. Die Verfahren sind bis heute anhängig. Als das zuständige Gericht die Kaution zugestand, ordnete es die Untersuchung der Vorwürfe an. Der Premierminister rief im Oktober 2006 eine Untersuchungskommission ins Leben, doch Ergebnisse sind nie veröffentlicht worden.

Die Durchsuchungen und Verhöre von bekannten Menschenrechtsverteidiger_innen und Gewerkschafter_innen scheinen bewusst darauf abzuzielen, sie wegen ihrer rechtmäßigen Organisation und des Eintretens für ihre Ziele einzuschüchtern und dies zu untergraben. Das Vorgehen zeigt den wahllosen Einsatz und die Wirkung des STA.