Drohende Abschiebungen

Die ägyptische Regierung hat vor, den Studierenden Maskhud Abdullaew, einen russischen Staatsbürger aus Tschetschenien, am 18. Juni 2009 um zwölf Uhr mittags mit einem Flug von Kairo nach Moskau abzuschieben. In Russland drohen ihm Folter und andere Misshandlungen. Ägypten ist Vertragsstaat des UN-Übereinkommens gegen Folter, das explizit die Auslieferung von Personen an Länder, in denen ihnen Folter droht, verbietet. Maskhud Abdullaew befände sich in akuter Gefahr, da sein Vater Supyan Abdullaew Anführer einer bewaffneten tschetschenischen Gruppierung ist. Die fünf anderen oben genannten Personen sollen ebenfalls am 18. Juni 2009 abgeschoben werden. Auch ihnen drohen Folter oder andere Misshandlungen. Alle geben an, dass ihnen in Aserbaidschan der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, bevor sie zum Studieren nach Kairo kamen. Sie werden zurzeit in den Räumen der Auswanderungs- und Passbehörde festgehalten, die dem Innenministerium untersteht und sich im Zentrum von Kairo befindet.

Appell an

INNENMINISTER
Minister Habib Ibrahim El Adly
Ministry of the Interior
25 Al-Sheikh Rihan Street, Bab al-Louk,
Cairo, ÄGYPTEN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (0020) 22 796 0682
E-Mail: moi@idsc.gov.eg

GENERALSTAATSANWALT
Counsellor Abd El-Megeed Mahmoud
Dar al-Qadha al-'Ali
Ramses Street, Cairo, ÄGYPTEN
(korrekte Anrede: Dear Counsellor)
Fax: (0020) 22 577 4716

Sende eine Kopie an

LEITER DER BEHÖRDE FÜR MENSCHENRECHTE UND INTERNATIONALE HUMANITÄRE UND SOZIALE ANGELEGENHEITEN
Wael Abu al-Magd
Human Rights and International Humanitarian and Social Affairs
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo, ÄGYPTEN
(korrekte Anrede: Dear Deputy Assistant Minister)
Fax: (0020) 22 574 9713

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S.E. Herr Ramzy Ezz Eldin Ramzy
Stauffenbergstraße 6 - 7, 10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Juli 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH, ARABIC OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • urging the Ministry of Interior not to forcibly return Maskhud Abdullaev or any other Russian nationals, who would be at risk of torture or other ill-treatment if returned to Russia;

  • urging the authorities to allow Maskhud Abdullaev and the other Russian nationals to meet representatives of the Office of the UN High Commissioner for Refugees (UNHCR) in Cairo to assess their protection needs.

  • Urging the authorities to grant them access to lawyers of their choice to challenge their deportation, their families, and provide them with any medical attention they may require.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE IN DENEN SIE

  • die ägyptischen Behörden drängen, dass weder Maskhud Abdullaew noch irgendein anderer russischer Staatsbürger, dem Folter oder andere Misshandlung droht, abgeschoben wird;

  • bei den Behörden darauf dringen, dass Maskhud Abdullaew und die anderen russischen StaatsbürgerInnen die Erlaubnis erhalten, einen Vertreter des Büros des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kairo zu treffen, um die nötigen Schutzmaßnahmen zu erörtern;

  • die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass die Gefangenen Zugang zu einer rechtlichen Vertretung ihrer Wahl, ihren Angehörigen und jeglicher benötigter medizinischer Betreuung erhalten.

Sachlage

Maskhud Abdullaew hat seit Februar 2006 in Kairo an der islamischen Al-Azhar-Universität studiert. Er wurde am 27. Mai 2009 durch den staatlichen Geheimdienst (State Security Investigations – SSI) festgenommen und ohne Kontakt zur Außenwelt im Tora-Gefängnis in der Nähe von Kairo inhaftiert. Die anderen vier wurden scheinbar im al-Qanater-Gefängnis in der Nähe von Kairo festgehalten. Dutzende anderer Studierender wurden zur gleichen Zeit in einer Verhaftungswelle gegen ausländische Studierende der Al-Azhar-Universität festgenommen.

Vier weitere russische Staatsbürger, die während dieser Aktion verhaftet worden waren, sind bereits am 9. Juni 2009 abgeschoben worden. Am Flughafen in Moskau wurden sie von russischen und tschetschenischen Sicherheitskräften in Empfang genommen. Ihnen wurden Handschellen angelegt, und sie wurden zu Verhören abgeführt. Drei der Personen sind mittlerweile frei gelassen worden, aber der Aufenthaltsort des Vierten ist unbekannt. Berichten zufolge soll er von den tschetschenischen Sicherheitskräften nach Tschetschenien gebracht worden sein.
Die Abschiebung von Maskhud Abdullaew und den anderen oben genannten Personen wird von dem russischen Konsulat in Kairo und dem ägyptischen Innenministerium koordiniert. Beide haben Verwandte oder Bekannte der sechs Gefangenen angewiesen, Flüge für sie ausschließlich von Kairo nach Moskau zu buchen. Sie würden nicht nach Aserbaidschan geflogen werden. Ihr Ersuch, nach Aserbaidschan geflogen zu werden, wo sie den Flüchtlingsstatus haben sollen, wurde abgelehnt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den frühen Morgenstunden des 27. Mai 2009 führte der ägyptische Geheimdienst SSI eine Verhaftungswelle gegen ausländische Studierende der Al-Azhar-Universität durch. Unter den Festgenommenen befanden sich 35 russische Studierende, die hauptsächlich aus Tschetschenien, der Republik Inguschetien und der Republik Dagestan stammen, sowie Studierende aus Tadschikistan, Usbekistan, Kasachstan, Pakistan, Großbritannien und Frankreich. Die Studierenden wurden festgenommen und ihre Wohnungen ohne einen gültigen Durchsuchungsbefehl durchsucht. Laut einer Erklärung des ägyptischen Innenministers sind diese Schritte Vorsichtsmaßnahmen, um sicherzugehen, dass die Inhaftierten sich legal in Ägypten aufhalten. Zudem habe das Ministerium den Verdacht, dass ausländische Studierende Kontakt zu einer Gruppe von sieben Personen unterhalten, die verdächtigt werden, al-Quaeda anzugehören und im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag am 22. Februar 2009 im historischen Viertel al-Husayn in Kairo, bei dem eine Person ums Leben kam und viele andere verletzt wurden, verhört werden.
Das Innenministerium gab am 23. Mai 2009 die Verhaftung besagter Personen bekannt und erklärte, diese hätten Ausländer und unter ihnen Studierende rekrutiert. Die meisten der inhaftierten Studierenden wurden innerhalb weniger Tage wieder frei gelassen, aber einige wurden Berichten zufolge in ihre Heimatländer abgeschoben. Unter ihnen befanden sich auch Personen aus Tadschikistan. Andere könnten sich noch immer in Untersuchungshaft befinden.

Amnesty International erhält regelmäßig Berichte über Häftlinge, die in der Russischen Förderation gefoltert oder auf andere Weise misshandelt werden, und darüber, dass die Behörden es versäumen, solche Berichte zu untersuchen und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. In Tschetschenien wird regelmäßig über exzessive Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte, Todesfälle in Haft, Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, "Verschwindenlassen" und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen berichtet. Prozesse gegen mutmaßliche Mitglieder der bewaffneten Opposition zeichnen sich durch Verstöße gegen die internationalen Standards für faire Prozesse aus. Insbesondere gibt es immer wieder glaubwürdige Berichte darüber, dass Tschetschenen und Inguschen aufgrund von erzwungenen Geständnissen und unter Folter gewonnenen Zeugenaussagen terroristischer Vergehen angeklagt und für schuldig befunden werden.