Gesundheitszustand

Ergebnis dieser Urgent Action

Die britische Regierung hat Mahmoud Abu Rideh erlaubt, Reisedokumente mit eingeschränkter internationaler Gültigkeit zu beantragen. Er unterliegt jedoch weiterhin den einschränkenden Auflagen seiner Überwachungsverfügung in seinem Zuhause in London. Er ist nach wie vor in schlechter physischer und psychischer Verfassung.

Die AnwältInnen von Mahmoud Abu Rideh, einem palästinensischen Flüchtling, der einer von den britischen Behörden erlassenen Überwachungsverfügung unterliegt, sind der Ansicht, dass die Gefahr besteht, dass er Selbstmord begehen könnte, wenn die Überwachungsverfügung nicht aufgehoben wird bzw. er die nötigen Papiere nicht erhält, um Großbritannien verlassen zu können. Mahmoud Abu Rideh hat sich wiederholt, zuletzt am 26. Mai 2009, schriftlich mit der Bitte an die britischen Behörden gewandt, ihm die notwendigen international anerkannten Reisedokumente auszustellen, um aus Großbritannien ausreisen zu können. Er hat bereits drei Selbstmordversuche verübt, den letzten im Mai 2008.

Sende eine Kopie an

Botschaft des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
S.E. Herrn Michael Anthony Arthur
Wilhelmstr. 70, 10117 Berlin
Fax: 030-2045 7574, 030-2045 7579
E-Mail: info@britischebotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Juli 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • urging the Home Secretary to lift Mahmoud Abu Rideh’s control order immediately;

  • calling on the Home Secretary to ensure that Mahmoud Abu Rideh continues to receive any medical attention he may require, given concerns about his health and well-being and his past history of attempted suicide;

  • calling on the Home Secretary to grant Mahmoud Abu Rideh’s request for an internationally recognized travel document that permits entry to another country in a timely manner

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • beim Innenminister darauf dringen, dass die Überwachungsverfügung gegen Mahmoud Abu Rideh unverzüglich aufgehoben wird;

  • den Innenminister auffordern, sicherzustellen, dass Mahmoud Abu Rideh weiter die medizinische Betreuung erhält, die er in Hinblick auf die Besorgnis über seinem Gesundheitszustand und sein Wohlergehen angesichts seiner früheren Selbstmordversuche benötigt;

  • den Innenminister auffordern, Mahmoud Abu Ridehs Bitte um einen internationalen Reisepass zu entsprechen, der ihm die zügige Einreise in ein anderes Land ermöglicht.

Sachlage

Der staatenlose Palästinenser Mahmoud Abu Rideh wurde 1997 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Er ist ein Folterüberlebender und leidet unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen. Seine psychische und physische Gesundheit hat in Folge jahrelanger Verfolgung durch die britischen Behörden stark gelitten, häufig kann er sich nur im Rollstuhl fortbewegen.

Mahmoud Abu Rideh wurde zwischen Dezember 2001 und März 2005 auf der Grundlage des Antiterrorgesetzes von 2001 (Anti-Terrorism, Crime and Security Act) unter dem Verdacht, an Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Terrorismus beteiligt gewesen zu sein, ohne Anklage inhaftiert. Die Gründe für diesen Verdacht wurden vor ihm und seinen AnwältInnen größtenteils geheim gehalten. Er wurde nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus von 2005 (Prevention of Terrorism Act) im März 2005 unmittelbar nach seiner "Freilassung" unter Überwachung gestellt. Im Februar 2009 veröffentlichte der Unabhängige Überprüfer von Antiterrorgesetzen der britischen Regierung, Lord Carlile, einen Bericht, in dem er empfiehlt, dass Anordnungen zur Überwachung von Personen nicht unbefristet andauern und normalerweise nicht länger als zwei Jahre in Kraft sein sollten. Seit seiner "Freilassung" im März 2005, also seit über vier Jahren, sind die bürgerlichen Freiheiten von Mahmoud Abu Rideh stark eingeschränkt.

Seine AnwältInnen glauben, dass er "ein Maß der Verzweiflung erreicht hat, wodurch er sich selbst sehr gefährdet", da er einer unbefristeten Überwachungsverfügung in Großbritannien unterliegt und keine international anerkannten Reisedokumente besitzt, um Großbritannien verlassen zu können. Die derzeitige Überwachungsverfügung verpflichtet ihn, 12 Stunden täglich zuhause zu verbringen und dreimal täglich eine Überwachungsfirma anzurufen. Er kann nur mit Genehmigung des Innenministeriums zuhause Besuch empfangen. Er darf in seiner Wohnung keinen Internetanschluss haben. Jede Nichtbeachtung dieser Vorschriften wird als Straftat betrachtet.

Ihm sind mehrere angebliche Übertretungen der Überwachungsverfügung zur Last gelegt worden, es handelte sich jedoch nicht um terrorbezogene Straftaten. Keine dieser Anklagen ist bisher vor Gericht gekommen. Er durfte die Mehrzahl der Unterlagen, auf die die britische Regierung ihre Vorwürfe stützt, dass er früher bzw. heute in terroristische Aktivitäten verwickelt ist, bisher nicht einsehen oder anfechten. Er ist immer noch auf Kaution frei, da die britischen Behörden ihn erst dann strafrechtlich wegen der angeblichen Übertretungen der Überwachungsverfügung verfolgen können, wenn eine Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit gefallen ist.

Die Vorgaben der Anordnung, wie zum Beispiel das regelmäßige Eindringen der Polizei in sein Zuhause, haben auch auf seine Frau und ihre sechs Kinder, die alle britische Staatsangehörige sind, drastische Auswirkungen gehabt. Am 25. Mai 2009 hat seine Frau mit den sechs Kindern Großbritannien verlassen, um in Jordanien bei ihren Eltern zu leben. Die AnwältInnen sind besorgt, dass der Wegzug der Ehefrau und Kinder die Selbstmordgefahr erhöhen könnte, da Mahmoud Abu Rideh "bei dem Gedanken, seine Familie für immer zu verlieren, in Verzweiflung gerät".

Am 4. Juni haben die AnwältInnen von Mahmoud Abu Rideh einen Eilantrag an das zuständige Gericht (High Court) gestellt, die Weigerung der britischen Behörden zu prüfen, Mahmoud Abu Rideh international anerkannte Reisedokumente auszustellen. Seine AnwältInnen warten derzeit auch auf zwei weitere gerichtliche Anhörungen. Die eine wird sich mit den gegen die erneute Überwachungsverfügung eingelegten Rechtsmitteln befassen. Die andere befasst sich mit den von AnwältInnen der britischen Behörden eingelegten Rechtsmitteln, die Öffentlichmachung des geheimen Materials zu verhindern, auf das sich die Verhängung der Überwachungsverfügung gründet.

Nach einer Entscheidung des High Court vom August 2008 und einer weiteren des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bezüglich seiner Internierung versuchen die AnwältInnen von Mahmoud Abu Rideh derzeit, die Freigabe der Informationen zu erreichen, auf die die britischen Behörden ihre Überwachungsverfügung stützen. Doch AnwältInnen der britischen Behörden haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung des High Court eingelegt und versuchen, die Freigabe des Materials an Mahmoud Abu Rideh und seine AnwältInnen zu verhindern.

Das Verfahren ist derzeit eingefroren bis zu einer Entscheidung des britischen Oberhauses über die Rechtmäßigkeit der Überwachungsverfügungen. Die starken Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten von Mahmoud Abu Rideh bestehen unverändert fort.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das System der Überwachungsverfügungen wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus von 2005 ins britische Gesetz aufgenommen. Es ermöglicht einem Regierungsminister, Personen starke Einschränkungen aufzuerlegen, die der Verwicklung in terroristische Aktivitäten verdächtigt werden, wenn der Minister dies zum Schutz der Öffentlichkeit für nötig hält. Das System der Überwachungsverfügungen ist grob unfair: es gründet sich in der Hauptsache auf Geheimmaterial, das den Betroffenen oder ihren AnwältInnen nicht vorgelegt wird. Das heißt, Menschen, die einer Überwachungsverfügung unterliegen, wissen nicht, warum sie des Terrorismus verdächtigt werden. Die Überwachungsverfügungen können zwar vor Gericht angefochten werden, doch die Verfahren entsprechen nicht den internationalen Standards für ein faires Verfahren. Die Betroffenen und ihre AnwältInnen können von großen Teilen des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn darin geheimes Material untersucht wird. Sie können somit die gegen sie verfügten Anordnungen nicht substantiell anfechten.

Es hat bereits früher Urgent Actions für Mahmoud Abu Rideh gegeben: UA-198/2002, UA-108/2005 und UA-175/2008. Nach UA-175/2008 sind die Bedingungen der Überwachungsverfügungen geändert worden, ein Jahr danach befindet sich Mahmoud Abu Rideh jedoch in einer sehr viel schlechteren Lage als zuvor.