Ärzte willkürlich in Haft

Die Ärzte Alhadi Bahkit und Walla Aldin sind Mitglieder eines Ärztekomitees, in dem sie Streiks organisieren, um eine Verbesserung ihrer Gehälter und Arbeitsbedingungen zu erreichen. Sie wurden am 1. Juni 2010 von Angehörigen des Nationalen Geheimdienstes NISS (National Intelligence and Security Services) festgenommen. Die Männer wurden drei Stunden lang festgehalten und sudanesischen Quellen zufolge in dieser Zeit heftig geschlagen. Dr. Alhadi Bahkit wurde kurz darauf erneut festgenommen und befindet sich seither ohne Anklage in Haft. Seine Familie konnte ihn am 7. Juni besuchen. Er scheint bei schlechter Gesundheit zu sein.

Appell an

PRÄSIDENT
HE President Omar Al Bashir
Office of the President
People’s Palace
PO Box 281
Khartoum
SUDAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 249) 183 774 339

LEITER DES GEHEIMDIENSTES NISS
Mohamed Atta Al-Moula Abbas
Director of the NISS
NISS Headquarters
Khartoum
SUDAN
(korrekte Anrede: Dear Director Abbas)

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSBEAUFTRAGTER DER REGIERUNG
Dr Abdelmuneim Osman Mohamed Taha

Advisory Council on Human Rights
PO Box 302
Khartoum
SUDAN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SUDAN
S.E. Herrn Baha Aldin Hanafi Mansour Waheesh
Kurfürstendamm 151
10709 Berlin
Fax: 030-8940 9693

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 22. Juli 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung von Dr. Alhadi Bahkit, Dr. Ahmed Alabwabi, Dr. Ashraf Hammad, Dr. Mahmoud Khairallah, Dr. Abdelaziz Ali Jamee und Dr. Hamed Abdallah Khalafallah.

  • Appellieren Sie an die Behörden, ihnen unverzüglich Zugang zu jeglicher benötigter medizinischer Versorgung zu gewähren.

  • Fordern Sie eine Reform des National Security Act von 2010, um die weitreichenden Befugnisse des NISS wie Festnahme und Haft ohne richterliche Prüfung für den Zeitraum von viereinhalb Monaten aufzuheben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Dr Alhadi Bahkit, Dr Ahmed Alabwabi, Dr Ashraf Hammad, Dr Mahmoud Khairallah, Dr Abdelaziz Ali Jamee, and Dr Ahmed Abdallah Khalafallah immediately and unconditionally;

  • Calling on them to provide all six doctors with any medical attention they may require;

  • Calling on them to reform the 2010 National Security Act to remove the excessive powers of the NISS, in particular powers of arrest and detention without judicial oversight for four-and-a-half months.

Sachlage

Der Vorsitzende des Ärztekomitees, Dr. Ahmed Alabwabi wurde ebenfalls am 1. Juni festgenommen und wird seither ohne Anklage festgehalten.

Am 2. Juni griff der NISS Ärzte und Medizinstudierende der Universität Khartoum an, die gegen die Inhaftierung der Mitglieder des Streikkomitees der Ärzte protestierten, und verletzte einige von ihnen schwer.

Vier weitere Ärzte sind seither festgenommen worden. Ashraf Hammad soll am 2. Juni, Mahmoud Khairallah am 6. Juni, Abdelaziz Ali Jamee am 7. Juni und Ahmed Abdallah Khalafallah am Abend des 8. Juni festgenommen worden sein. Sie alle befinden sich seither ohne Anklage in Haft.

Angehörige des NISS waren offenbar auf der Suche nach Mitgliedern des Streikkomitees der Ärzte, ebenso nach Journalist_innen, die über ihre Fälle berichten, und zwangen die Betroffenen so, sich zu verstecken.

Das Nationale Sudanesische Sicherheitsgesetz (National Security Act) von 2010 gibt Angehörigen des NISS weitreichende Befugnisse bei der Festnahme und Inhaftierung. Inhaftierte können bis zu viereinhalb Monate ohne richterliche Prüfung festgehalten werden und NISS-Angehörige genießen Straffreiheit bei jeglichen Menschenrechtsverletzungen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit begehen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

2003 wurde das erste Ärztekomitee gegründet, um die Arbeitsbedingungen für Ärzt_innen im Sudan zu verbessern. Nach einem dreitägigen Streik im Jahr 2003 akzeptierte die Regierung eine 12-Punkte-Vereinbarung, die auch eine Erhöhung ihres Gehalts umfasste.

Nach Verzögerungen bei der Umsetzung der Gehaltserhöhung und den übrigen Bestimmungen der Vereinbarung, wurde vom 1. bis 3. Februar 2010 erneut gestreikt. Diesen Streik organisierte das neue Ärztestreikkomitee.

Nach weiteren Verzögerungen in der Umsetzung organisierte der Ausschuss einen 17 Tage dauernden Streik, der im März begann und bis in den April hinein dauerte. Die Polizei reagierte darauf mit häufiger Schikane von Ärzt_innen. Die Ärzt_innen beendeten den Streik, als das Gesundheitsministerium sich einverstanden erklärte, die Vereinbarung von 2003 umzusetzen und die Gehälter zu erhöhen.

Das Gesundheitsministerium zog die Vereinbarung am 15. Mai jedoch zurück und kürzte das Gehalt wieder. Das Ärztekomitee rief daraufhin eine Versammlung für den 2. Juni ein, um zu entscheiden, wie sie darauf reagieren sollten. Drei Ärzte wurden aber bereits am Vortag festgenommen.

Die Polizei hinderte viele Ärzte daran, das Gebäude zu betreten, in dem das Treffen stattfinden sollte. Die Ärzt_innen verlegten das Treffen in ein nahe gelegenes Gebäude, doch der NISS befahl ihnen, sich zu entfernen und schlug viele von ihnen, als sie sich zurückzogen.

Medizinstudierende der Universität Khartoum hielten eine friedliche Demonstration zur Unterstützung der Ärzte ab. Der NISS schlug auch viele dieser Studierenden.

Eine Veränderung, die das Friedensabkommen zwischen der Regierung des Sudan und den bewaffneten Oppositionsgruppen aus dem südlichen Sudan festlegt, war die Reform des Gesetzes über die Sicherheitskräfte von 1999, das den NISS-Angehörigen umfassende Festnahme- und Inhaftierungsbefugnisse einräumte, die zu Menschenrechtsverletzungen wie willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen, Folter und anderen Misshandlungen führten. Das Sicherheitsgesetz von 2010 wurde verabschiedet, um das Gesetz von 1999 zu reformieren, behielt aber dieselben Festnahme- und Inhaftierungsrechte für Angehörige des NISS bei.