DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Website weiter gesperrt
Demonstration gegen die russische Regierung in Moskau
© Yuri Kozyrev/Noor/laif
Am 6. Mai hat das Taganskii-Bezirksgericht in Moskau ein Rechtsmittel gegen die Blockierung der russischen Nachrichten-Website Grani.ru durch die Behörden zurückgewiesen. Vertreter_innen der Website wollen gegen die Entscheidung Berufung einlegen.
Appell an
GENERALSTAATSANWALT
Yuriy Yakovlevich Chaika
Prosecutor General’s Office
ul. B. Dmitrovka, d.15a
125993 Moscow GSP- 3
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (007) 495- 987 58 41 oder (007) 495 692 17 25
VORSITZENDER DER STAATSDUMA
Chairman of the State Duma
Sergey Evgenyevich Naryshkin
1 Okhotny Ryad st
103265 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Vorsitzender)
Fax: (007) 495 697 42 58
Sende eine Kopie an
LEITER VON ROSKOMNADZOR
A.A.Zharov
7 Kitaygorodskiy Proyezd, Bldg. 2
109074 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (007) 495 987 68 01
E-Mail: rsoc_in@rsoc.ru
BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Juni 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Es besorgt mich, dass der Zugang zu Websites in Russland im Zusammenhang mit Berichten über friedliche Proteste blockiert wird, da dies einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung darstellt.
-
Ich möchte Sie nachdrücklich bitten, die Anordnung zum Blockieren des Zugangs zu der Grani.ru-Website und anderen am 13. März 2014 blockierten Websites zurückzuziehen.
- Ich möchte die Duma auffordern, das Gesetz N 398-FZ aufzuheben, da es den russischen Verpflichtungen gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen sowie der Verfassung und der Rechtsordnung Russlands zuwiderläuft.
Bitten senden Sie auch eine der u.a. Nachrichten an die Twitter-Adresse des russischen Premierministers Dmitry Medvedev @MedvedevRussiaE und dringen Sie darauf, dass er Schritte unternimmt, um die Sperre der Website Grani.ru aufzuheben.
SpeakOut Free Internet+Free Media=Free #Russia. Unblock Grani.ru
SpeakOut Russia: Keep the news flowing. Unblock Grani.ru
SpeakOut Let the news through. Unblock Grani.ru
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Expressing concern that access to websites in Russia is being blocked in connection to publishing content about peaceful protests and stressing that this constitutes a manifest violation of the right to freedom of expression.
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Urging the Prosecutor General to immediately withdraw the order to block access to Grani.ru and other websites blocked on 13 March 2014.
- Calling on the Russian Duma to repeal the Federal law N 398-FZ, which contravenes Russia’s obligations under international human rights law, its Constitution and legislation.
Sachlage
Bei der Gerichtsverhandlung zeigten die Grani.ru repräsentierenden Rechtsbeistände auf, dass das Blockieren der Website einen Verstoß gegen die russische Verfassung und die Gesetze "über Medien" und "über Information, Informationstechnologien und den Schutz von Informationen" darstellt. Die Generalstaatsanwaltschaft versäumte es beispielsweise, die genauen auf der Website verfügbaren Publikationen zu nennen, mit denen das Blockieren des Zugangs zur Website begründet wurde. Somit hatten die Betreiber_innen von Grani.ru keine Möglichkeit, die als rechtswidrig geltenden Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen, was möglicherweise zu einer Aufhebung der Sperrung hätte führen können. Das willkürliche und unbegrenzte Blockieren der gesamten Website und nicht nur einiger Seiten mit mutmaßlich rechtswidrigen Informationen bedeutet, dass die gesamte Nachrichtenquelle nicht mehr zugänglich ist. Gemäß der russischen Gesetzgebung sollte dies nur infolge eines Gerichtsentscheids oder der Entscheidung des Medieninhabers geschehen.
Die Vertreter_innen des Büros der Generalstaatsanwaltschaft blieben bei ihrer Position und begründeten dies damit, dass "der relevante Teil des Inhalts der Website Aufforderungen zu unerlaubten Handlungen enthalte". Als Beispiel führten sie die Bildschirmaufnahme eines Artikels über eine Aktion für die Bolotnaya-Gefangenen an. Sie sagten, dass diese spezielle Publikation die Menschen zwar nicht direkt auffordere, an Straßenprotesten teilzunehmen, sie im Kontext anderer Publikationen auf Grani.ru aber so interpretiert werden könne. Im Widerspruch zur russischen Rechtsordnung erklärten die Vertreter_innen der Staatsanwaltschaft zudem, der Betreiber der Website müsse beweisen, dass die Website keine rechtswidrigen Informationen enthalte. Sie gestanden jedoch ein, dass es keine gesetzliche Regelung zur erneuten Freigabe einer Website gebe. Grani.ru wird gegen die Entscheidung des Gerichts vorgehen, wenn nötig vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).
Hintergrundinformation
Die russische Nachrichten-Website Grani.ru (http://grani.ru) wurde im Dezember 2000 gegründet. Die Website ist eine beliebte Informationsquelle für Protestaktivitäten und politisch motivierte Gerichtsverfahren, Nachrichten über aktuelle Angelegenheiten und Kommentare zivilgesellschaftlicher Aktivist_innen und Kolumnist_innen und sie enthält auch Videobeiträge.
2013 erhielt Grani.ru zwei Verwarnungen von Roskomnadzor wegen der Veröffentlichung von Fotos, auf denen T-Shirts mit dem Bild eines "Pussy-Riot-Icons" des russischen Künstlers Artem Loskutov aus Novosibirsk zu sehen waren. Roskomnadzor verlangte das sofortige Entfernen der Fotos und drohte der Website mit Schließung. Grani.ru versuchte, der Verwarnung vor Gericht zu begegnen, aber ohne Erfolg, und musste der Entscheidung von Roskomnadzor nachkommen, als ein Gericht in Novosibirsk "Pussy-Riot-Icons" in die Liste "extremistischer" Materialien aufnahm.
Im Februar und März 2014 berichtete Grani.ru über die Ereignisse in der Ukraine – über die "EuroMaidan"-Proteste in Kiew und die russische Annektierung der Krim. Nach Angaben von Grani.ru stieg die Zahl der Besucher_innen in dieser Zeit auf 150 000 täglich und die monatlichen Besuche erreichten 1.500.000. Der YouTube-Kanal von Grani.ru verzeichnete 5 Millionen Besuche.
Grani.ru wurde am 13. März durch eine Anordnung des Generalstaatsanwalts gesperrt, weniger als zwei Monate nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes N 398-FZ, besser bekannt unter dem Namen seines Verfassers, des Abgeordneten Andrey Lugovoi, als Lugovois Gesetz. Mit diesem Gesetz können Websites blockiert werden, ohne dass ein Gerichtsbeschluss vorliegen muss. Zusammen mit Grani.ru sind mehrere weitere Websites blockiert worden. Darunter das Politmagazin Ezhednevnyi Zhurnal (Tagesjournal bei ej.ru), die Nachrichten-Website Kasparov.ru und der Blog des russischen Anti-Korruptionsbloggers und Oppositionsaktivisten Alexei Navalnyi.
Eingangs weigerte sich das Büro des Generalstaatsanwalts, Grani.ru darüber zu informieren, welchen Inhalt sie für rechtswidrig halten. Die Gründe für die Blockierung wurden erst am 28. April bekannt, als der Generalstaatsanwalt die Antwort auf die Rechtsmittel von Grani.ru an das Gericht schickte. Darin stand, dass die Onlineberichte über eine spontane, durch und durch friedliche, öffentliche Protestveranstaltung gegen die Verurteilung der Bolotnaya-Demonstrierenden einen Aufruf zur Teilnahme an rechtswidrigen Aktivitäten darstelle.
Nachdem der Zugang zur Website am 13. März blockiert wurde, verringerten sich die Besucherzahlen um ein Viertel, doch Grani.ru konnte die Stammleser_innen behalten, indem sie das Verbot durch die Schaffung einer Spiegel-Website und durch andere technische Mittel umgingen. Grani.ru hat auch Informationen dazu verbreitet, wie die Blockade der Website umgangen werden kann und beginnt gerade eine Kampagne für Informationsfreiheit und Medienfreiheit.
Am 21. und 24. Februar 2014 wurden die Urteile in den Fällen mehrerer Demonstrierender (Bolotnaya-Gefangene) verkündet, die am 6. Mai 2012, dem Vorabend der Einführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin in seine dritte Amtszeit, nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen an einem Protestmarsch und einer Demonstration in Moskau teilgenommen hatten. Das Gerichtsverfahren gegen sie ist politisch motiviert (siehe auch Russia: Anatomy of injustice: The Bolotnaya square trial, 10. Dezember 2013, http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR46/055/2013/en). Am 21. und 24. Februar 2014 wurden Hunderte Menschen in Moskau festgenommen, als sie spontan eine friedliche Protestveranstaltung gegen das Urteil abhielten.