Willkürlicher Hausarrest
Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi
© Reuters
Die iranischen Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi sowie Mir Mussawis Ehefrau Zahra Rahnavard stehen noch immer unter Hausarrest, ohne dass ein Haftbefehl oder eine Anklage gegen sie vorliegen. Ein Gerichtsverfahren hat nicht stattgefunden. Ihnen wird nur bedingt Kontakt zu ihren Familien gestattet, Zugang zu einem Rechtsbeistand ist ihnen bislang verwehrt. Immerhin durfte Mehdi Karroubi seine Familie jüngst für eine Stunde besuchen.
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LEITER DER IRANISCHEN BEHÖRDE FÜR MENSCHENRECHTE
Mohammad Javad Larijani
High Council for Human Rights
[C/o] Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave.,
south of Serah-e Jomhouri,
Tehran 1316814737, IRAN
E-Mail: info@humanrights-iran.ir (Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder info@iranbotschaft.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. November 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Ich fordere Sie auf, den Hausarrest von Mir Hossein Mussawi, Mehdi Karroubi und Zahra Rahnavard unverzüglich aufzuheben, da sie willkürlich ihrer Freiheit beraubt werden.
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Gewähren Sie Mehdi Karroubi zwischenzeitlich weiterhin Zugang zu seiner Familie und angemessener medizinischer Versorgung. Stellen Sie bitte ebenfalls sicher, dass Mir Hossein Mussawi und Zahra Rahnavard umgehend und regelmäßig von ihren Familien besucht und bei Bedarf medizinisch versorgt werden. Den drei genannten Personen muss ein Rechtsbeistand eigener Wahl zur Seite gestellt werden.
- Ich möchte außerdem darauf dringen, unrechtmäßige Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit aufzuheben.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Call on the Iranian authorities to release Mir Hossein Mousavi, Mehdi Karroubi and Zahra Rahnavard without delay as they are being arbitrarily deprived of their liberty.
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Call on the authorities to ensure in the meantime that Mehdi Karroubi continues to be granted access to his family and any medical care he may require but also to ensure that Mir Hossein Mousavi and Zahra Rahnavard are also granted immediate and regular access to their family and all necessary medical care. All three should be afforded a lawyer of their choice.
- Urge the authorities to remove unlawful restrictions on freedoms of expression, association and assembly.
Sachlage
Am Abend des 7. Oktober feierte die Familie von Mehdi Karroubi in der Wohnung seines Sohnes die Studienzulassung seiner Enkeltochter. Mehdi Karroubi erschien zu der Feier, war aber von sechs Sicherheitskräften begleitet. Nach Auskunft seines Sohnes durfte Mehdi Karroubi rund eine Stunde bei seiner Familie verweilen, um auch seinen 74. Geburtstag zu feiern. Der Sohn gab an, sein Vater habe offenbar an Gewicht verloren, sei aber guter psychischer Verfassung gewesen. Einige Tage zuvor sei er nach eigenen Angaben in eine medizinische Einrichtung gebracht und dort untersucht worden. Am Abend der Feier teilten die Sicherheitsdienstmitarbeiter mit, Mehdi Karroubi werde in eine Wohnung im Norden von Teheran verlegt und könne zukünftig einmal pro Woche von seiner Familie besucht werden. Auf die Frage seiner Angehörigen, ob sie ihm Zeitschriften und Bücher mitbringen dürften, antworteten die Sicherheitskräfte, hierüber hätten ihre Vorgesetzten zu befinden.
Mehdi Karroubi, Mir Hossein Mussawi und Zahra Rahnavard sind seit Anfang Februar 2011 nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Im Februar hatten Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi zu Demonstrationen zur Unterstützung der Menschen in Tunesien und Ägypten aufgerufen, die am 14. Februar stattfinden sollten. Zunächst gab es keine Informationen über den Verbleib der beiden Oppositionsführer, bis bekannt wurde, dass sie ohne Haftbefehl unter Hausarrest gestellt worden waren. Ende Juli war Mehdi Karroubi in eine kleine, vom Geheimdienstministerium überwachte Wohnung gebracht worden.
[EMPFOHLENE AKTIONEN]
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Ich fordere Sie auf, den Hausarrest von Mir Hossein Mussawi, Mehdi Karroubi und Zahra Rahnavard unverzüglich aufzuheben, da sie willkürlich ihrer Freiheit beraubt werden.
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Gewähren Sie Mehdi Karroubi zwischenzeitlich weiterhin Zugang zu seiner Familie und angemessener medizinischer Versorgung. Stellen Sie bitte ebenfalls sicher, dass Mir Hossein Mussawi und Zahra Rahnavard umgehend und regelmäßig von ihren Familien besucht und bei Bedarf medizinisch versorgt werden. Den drei genannten Personen muss ein Rechtsbeistand eigener Wahl zur Seite gestellt werden.
- Ich möchte außerdem darauf dringen, unrechtmäßige Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit aufzuheben.
[ APPELLE AN]
OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[C/o] Public relations Office
Number 4, 2 Azizi Street
Vali Asr Ave., above Pasteur Street intersection
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: bia_judi@yahoo.com (Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)
PARLAMENTSSPRECHER
His Excellency Ali Larijani
Majles-e Shoura-ye Eslami
Baharestan Square
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 98) 21 3355 6408
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Hintergrundinformation
Am oder um das Datum des 31. Juli herum wurde Mehdi Karroubi in eine kleine, vom Geheimdienstministerium überwachte Wohnung gebracht. In einem Brief seiner Ehefrau Fatemeh, der auf Mehdi Karroubis Website Sahamnews ins Netz gestellt wurde, berichtet sie, ihr Mann habe darum gebeten, in eine weniger stark kontrollierte Wohnanlage verlegt zu werden. Seine Familie fand auch eine Ersatzunterkunft, in die Mehdi Karroubi jedoch nicht einziehen konnte, weil das Geheimdienstministerium ihm dies nicht gestattete. Die Familie suchte daraufhin eine Wohnung, die das Ministerium für angemessen hält und seinen strengen Auflagen gerecht wird. Eine der Auflagen besteht darin, dass die Wohnadresse nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Ende August durfte Mehdi Karroubi anlässlich der Feierlichkeiten zum Ende des Fastenmonats Ramadan von seiner Ehefrau, seinem Sohn und seiner Schwiegertochter sowie den Enkeln besucht werden.
Mir Hossein Mussawi und Zahra Rahnavard erhielten Berichten zufolge erstmals seit Verhängung ihres Hausarrests die Erlaubnis, ihre drei Töchter zu besuchen. Das Treffen fand in der Wohnung einer der Töchter statt.
Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi hatten sich bei den Wahlen vom Juni 2009 vergeblich um das Präsidentenamt beworben und gegen die Bekanntgabe des Wahlsiegs des amtierenden Präsidenten Mahmoud Ahamdinejad protestiert. In der Folgezeit hatten sich die beiden Männer kritisch über die Regierung geäußert und Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte angeprangert. Zahra Rahnavard, ehemalige Rektorin der Teheraner Universität Al-Zahra, und Fatemeh Karroubi, unter dem früheren Präsidenten Khatami Stellvertretende Ministerin für Soziales, hatten sich 2009 engagiert für ihre Ehemänner eingesetzt und Übergriffe gegen ihre Familien und andere Menschen scharf verurteilt.
Im Vorfeld der von Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi initiierten Demonstrationen schränkten die Behörden das Recht auf freie Meinungsäußerung in drastischer Weise ein. So wurde das Recht, Informationen zu erhalten und weiterzugeben, beschnitten, indem Telefongespräche sowie der Austausch von SMS-Nachrichten unterbunden und der Zugang zu ausländischen Medien, verschiedenen Internetseiten und den Seiten gesellschaftsrelevanter Medien gesperrt wurde. Gegen Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi erging Hausarrest. Am 10. Februar 2011 umstellten PolizistInnen die Wohnung von Mehdi Karroubi. Seine Söhne berichteten, sie hätten versucht, ihren Vater dort zu besuchen, seien jedoch von der Polizei nicht ins Haus gelassen worden. Ali Karroubi, einer der Söhne, wurde festgenommen und Mitte März 2011 gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Am 14. Februar wollten Mir Hossein Mussawi und seine Ehefrau an der Demonstration in Teheran teilnehmen, wurden allerdings beide am Verlassen ihres Hauses gehindert. Die Kommunikationswege zu beiden Häusern wurden gekappt. Im Vorfeld der Demonstration nahmen die Behörden JournalistInnen und politische AktivistInnen in Haft, um auch sie von der Teilnahme an den Protestveranstaltungen abzuhalten (siehe Iran: Several Arrested Before Iran Protest (Index: MDE 13/020/2011), 18. Februar 2011, http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/020/2011/en).
Am 14. Februar gingen in verschiedenen iranischen Städten Tausende Menschen auf die Straße. Die weitgehend friedlichen Demonstrationen wurden von den Sicherheitskräften in zunehmend gewaltsamer Weise aufgelöst und dabei vermutlich bis zu 1.500 Personen festgenommen. Darüber hinaus gab es zahlreiche Verwundete und zwei Tote. Am 15. Februar 2011 unterzeichneten über 220 ParlamentarierInnen eine Stellungnahme, die im iranischen Parlament verlesen wurde und in der gefordert wird, dass Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi vor Gericht gestellt und mit der "Höchststrafe" bestraft werden. Dabei riefen einige Parlamentarier Parolen wie "Mussawi, Karroubi und (der frühere Präsident) müssen sterben!" und "Richtet Mussawi und Karroubi hin!". Am 18. Februar verlangte Ajatollah Jannati bei seiner Freitagspredigt in Teheran, beide Männer unter Hausarrest zu stellen. Er erklärte: "Die Justiz muss sämtliche Kontakte zwischen dem Volk und den treibenden Kräften des Aufruhrs (Mir Hossein Mussawiund Mehdi Karroubi) unterbinden. Ihre Wohnungen bleiben abgeriegelt und die Telefonleitungen gesperrt. Auch ihr Internetzugang muss gesperrt werden, damit sie keine Nachrichten versenden und empfangen können. Sie müssen in ihren eigenen Wohnungen inhaftiert bleiben." Am 20. Februar 2011 gingen in Teheran, Isfahan, Shiraz, Mashhad, Babol und anderen Städten Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen auf die Straße, um der beiden am 14. Februar 2011 getöteten Demonstranten zu gedenken. Der Student Hamed Nour Mohammadi war gestorben, nachdem man ihn in Shiraz von einer Brücke gestoßen hatte. Mehrere andere Menschen wurden festgenommen (siehe UA-031/2011).