WM in Katar: Arbeitsmigrant*innen entschädigen!

Drei Bilder nebeneinander: Bilder von Unterkünften von Arbeitsmigrant*innen und Gastarbeitern in Katar sowie der Pokal für die WM Katar 2022.

Die Fußball-WM 2022 in Katar findet auf dem Rücken von Arbeitsmigrant*innen statt, die unter schlimmsten Bedingungen die Infrastruktur für das Sportevent errichten.

Ohne Arbeitsmigrant*innen wäre die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 nicht möglich: Die Infrastruktur wird von Arbeiter*innen aus südasiatischen und afrikanischen Ländern gebaut. Während die FIFA große Profite erzielt, sind Arbeitsmigrant*innen in Katar weiterhin schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Amnesty fordert von der FIFA Entschädigungszahlungen in Höhe von 440 Mio. US-Dollar für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen in Katar und deren Angehörige. Um diese Forderung durchzusetzen, brauchen wir die Unterstützung des Deutschen Fußballverbandes (DFB).

Beteilige dich jetzt an der Online-Aktion an DFB-Präsident Bernd Neuendorf!

Hintergrundinformationen

Vom 20. November bis 18. Dezember 2022 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar statt. Mit der Vergabe der WM wurden Hunderttausende zusätzliche ausländische Arbeitskräfte ins Land geholt. Mittlerweile machen Arbeitsmigrant*innen rund 90 Prozent der Bevölkerung des Emirats aus. Sie kommen beim Bau der Infrastruktur des Sportevents, im Sicherheitssektor sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe rund um das Turnier zum Einsatz – oftmals unter ausbeuterischen und missbräuchlichen Arbeitsbedingungen.

Wir nutzen die internationale Aufmerksamkeit der WM, um bessere Bedingungen für Arbeitsmigrant*innen in Katar zu fordern. Konkret setzen wir uns dafür ein, dass Arbeitsmigrant*innen, deren Rechte im Zusammenhang mit der Fußball-WM verletzt wurden, entschädigt werden und ein "Zentrum für Arbeitsmigrant_innen" langfristig etabliert wird, in dem sie sich u.a. über ihre Rechte informieren können.

Zeit für gerechte Arbeitsbedingungen in Katar

Die Arbeit von Menschenrechtler*innen und Gewerkschafter*innen hatte erste Erfolge und Katar hat in den letzten Jahren zahlreiche positive Reformen auf den Weg gebracht: So wurde ein Mindestlohn eingeführt, ein Fonds zur Erstattung von nicht ausbezahlten Löhnen eingerichtet, eine Schlichtungsstelle gegründet sowie "Gemeinsame Komitees" eingeführt. Das Land hat zwei wichtige internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert. Doch vieles blieb unverändert. Die Kafala, ein Vormundschaftssystem, das Menschen ihren Arbeitgeber*innen ausliefert, ist nicht vollständig abgeschafft worden. Die Auszahlung des Mindestlohns von umgerechnet 247 Euro im Monat erfolgt oft weiterhin unregelmäßig, verspätet oder gar nicht; Reisepässe werden nach wie vor von Arbeitgeber*innen einbehalten. Arbeitsmigrant*innen ist es weiterhin per Gesetz untersagt, Gewerkschaften zu gründen. Ein Recht auf Kollektivverhandlungen oder ein Streikrecht gibt es nicht.

Schlimmer noch: Nach hoffnungsfrohen Anfängen rudert Katar zurück. Im Februar 2021 empfahl der Schura-Rat, einige neu eingeführte Rechte, wie das Recht, den Arbeitsplatz wechseln und ohne Genehmigung des Arbeitgebers das Land verlassen zu können, wieder zurückzunehmen. Innerhalb der katarischen Wirtschaft wächst Widerstand gegen die Reformen aus Sorge, Einfluss und Profitmöglichkeiten zu verlieren.

Wir fordern: Arbeitsmigrant*innen, deren Rechte im Zusammenhang mit der Fußball-WM verletzt wurden, müssen entschädigt werden.

Die Fußball-WM wäre ohne die Arbeit unzähliger Arbeitsmigrant*innen nicht möglich. Trotz begrüßenswerter Reformschritte erlitten und erleiden zahllose Arbeiter*innen immer noch Missbrauch und Ausbeutung. Amnesty International setzt sich weiterhin für die vollständige Umsetzung der Reformen ein. Natürlich macht das aber den bereits begangenen Missbrauch nicht ungeschehen. Zahlreiche Menschenrechtsverletzungen an Arbeitsmigrant*innen sind seit Jahren dokumentiert – von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, die Zwangsarbeit gleichkommen bis hin zu nicht untersuchten Todesfällen, die mutmaßlich auf gefährliche Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind. 

Weder werden diese Menschenrechtsverletzungen geahndet, noch erhalten Betroffene oder ihre Angehörigen eine Entschädigung.

Katar unterliegt einer klaren Verpflichtung zur Verhinderung von Menschenrechtsverstößen und zur Entschädigung von Personen, die Ausbeutung erfahren. Doch auch die FIFA hat eine wichtige Verantwortung, an die wir den Verband erinnern müssen. Indem die FIFA Katar den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft erteilt hat, ohne dies an Bedingungen zum Schutz der Arbeitsrechte zu knüpfen, hat der Fußballverband zu erheblichen Menschenrechtsverstößen beigetragen – und dies gilt nicht nur für Menschen, die an den offiziellen FIFA-Stätten arbeiten. Gemäß internationaler Normen muss die FIFA Wiedergutmachung für vergangene Arbeitsrechtsverstöße leisten, die in irgendeiner Weise mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Verbindung stehen. Hierunter fallen Arbeiter*innen, die an Bau und Instandhaltung der Stadien, Transportinfrastruktur, Unterkünften und anderen turnierbezogenen Projekten beteiligt sind.

Die FIFA muss mit Katar und anderen Partner*innen zusammenarbeiten, um ein Entschädigungssystem für Hunderttausende Arbeiter*innen einzurichten, die an Projekten für die Weltmeisterschaft beteiligt sind bzw. waren. Um dies zu finanzieren, sollte die FIFA mindestens eine Summe im Wert des Weltmeisterschafts-Preisgeldes – 440 Mio. US-Dollar – bereitstellen. Diese Summe kann in Fonds zur Entschädigung von Arbeiter*innen sowie in Initiativen zum besseren Schutz von Arbeitsrechten investiert werden. Dies ist leicht machbar, da der Fußballverband an der Weltmeisterschaft mindestens 6 Mrd. US-Dollar verdienen wird und mehr als 1,6 Mrd. US-Dollar in Reserve hält.

Um diese Forderungen gegenüber der FIFA durchzusetzen, brauchen wir die Unterstützung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), dem größten Fußballverband weltweit.

Forderung: Ein "Zentrum für Arbeitsmigrant*innen" in Katar als Erbe der WM

Amnesty International ruft weiterhin weder zum Boykott der Fußballweltmeisterschaft auf, noch kritisieren wir diejenigen, die die Sportveranstaltung boykottieren. Es gilt vielmehr, die internationale Aufmerksamkeit auf die WM zu nutzen, um nachhaltige Reformen und Strukturen zum Schutz der ausländischen Arbeitskräfte in Katar auf den Weg zu bringen.

Amnesty International unterstützt in diesem Zusammenhang die Forderung der BHI ("Bau- und Holzarbeiter Internationale" = internationaler Gewerkschaftsbund der Bau- und Holzarbeiter*innen), der FIFPro (Internationale Gewerkschaft der Profifußballer) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zur Einrichtung eines Zentrums für Arbeitsmigrant*innen in Katar ("Qatar Legacy Center for Migrant Workers").

Denn klar ist: Auch lange nach der WM werden Menschen aus südasiatischen und afrikanischen Ländern Arbeit in Katar suchen. Wir fordern und erwarten eine langfristige und nachhaltige Verbesserung der Menschenrechtslage. Das Zentrum für Arbeitsmigrant*innen soll in erster Linie eine (selbstverwaltete) Anlaufstelle für Arbeitsmigrant*innen sein, um sich weiterbilden und informieren zu können. Darunter fällt zum Beispiel der Zugang zu Schulungsmaterialien in verschiedenen Sprachen und zu Informationen über Probleme, die am Arbeitsplatz auftreten können, sowie zu Gesetzen und Beschwerdeverfahren. Es wäre ein "sicherer Hafen", wo sich die ausländischen Arbeitskräfte ohne Angst austauschen könnten.

Fordere den DFB, als größten Fußballverband der Welt, auf, für die Menschenrechte in Katar am Ball zu bleiben: Beteilige dich jetzt an der Online Aktion.

Gemeinsam können wir dazu beitragen, dass Katar 2022 einen echten und nachhaltigen Beitrag für die Rechte von Arbeitsmigrant*innen leistet!