Oppositionelle weiter unter Druck

Diese Urgent Action ist beendet

In Venezuela werden Oppositionsmitglieder sowie ihre Familien und Angestellten nach wie vor von Regierungsangehörigen bedroht und angegriffen. Auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie haben die Angriffe auf politisch Andersdenkende nicht aufgehört. Amnesty International ist der Ansicht, dass eine allgemeine Urgent Action daher zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die wirksamste Handhabe ist. Die Organisation wird die Einzelfälle von willkürlich inhaftierten Personen wie Juan Requesens, Gilber Caro und Renzo Prieto weiter beobachten und gegebenenfalls erneut aktiv werden.

Sicherheitskräfte nehmen einen Demonstranten in der venezolanischen Haupstadt Caracas fest, 4. April 2017

Sicherheitskräfte nehmen einen Demonstranten in der venezolanischen Haupstadt Caracas fest, 4. April 2017

Seit Dezember 2019 werden Abgeordnete und Beschäftigte der Oppositionsparteien in Venezuelas Nationalversammlung immer wieder willkürlich inhaftiert. Unter ihnen auch Ismael Léon, der am 21. Januar 2020 festgenommen wurde und dann am 23. Januar unter Auflagen wieder frei kam.

Appell an

Präsident

Presidente Nicolas Maduro

Palacio de Miraflores

Av. Nte. 10

Caracas 1012, Distrito Capital,


VENEZUELA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela

S. E. Herrn Ramon Orlando Maniglia Ferreira

Schillstraße 10

10785 Berlin


Fax: 030-83 224 020

E-Mail: embavenez.berlin@botschaft-venezuela.de

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Menschenrechtsverletzungen und die systematische Unterdrückung von politisch Andersdenkenden, die durch Ihre Regierung vorangetrieben wird, umgehend beendet werden.
  • Garantieren Sie bitte allen Bürger_innen Venezuelas ihren Anspruch auf ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren, ihre Rechte auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit und auf freie Meinungsäußerung.

Sachlage

Die venezolanische Regierung wendet noch immer exzessive Gewalt, willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen sowie Folter und anderweitige Misshandlungen an. Sie unterdrückt und verletzt damit systematisch die Menschenrechte im Land. Dabei werden wiederholt politisch Andersdenkende ins Visier genommen. So werden Abgeordnete der venezolanischen Nationalversammlung festgenommen, gefoltert und anderweitig misshandelt bzw. werden Opfer des Verschwindenlassens. Venezuelas Regierung nutzt diese Menschenrechtsverletzungen, um die Oppositionsmitglieder und Venezuelas Bürger_innen zum Schweigen zu bringen.

Juan José Márquez, der Onkel des Präsidenten der Nationalversammlung, wurde am 11. Februar 2020 festgenommen. Roberto Marrero, Büroleiter des Präsidenten der Nationalversammlung, ist seit dem 21. März 2019 inhaftiert. Der Abgeordnete Juan Requesens befindet sich seit dem 7. August 2018 in Gewahrsam, seit dem 5. Februar hat er keinen Kontakt zur Außenwelt. Gilber Caro ist seit dem 20. Dezember 2019 willkürlich inhaftiert. Inzwischen wurde sein Aufenthaltsort seinen Rechtsbeiständen und seiner Familie mitgeteilt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nachdem der Präsident der Nationalversammlung, Juan Guaidó, am 11. Februar 2020 nach Venezuela zurückkehrte, wurde sein Onkel Juan José Márquez willkürlich inhaftiert. Ihm wurde vorgeworfen, auf einem Flug von der portugiesischen Hauptstadt Lissabon Sprengstoffe nach Caracas (Aeropuerto Internacional de Maiquetía Simón Bolívar) geschmuggelt zu haben. Die Inhaftierung von Juan José Márquez steht exemplarisch für das Vorgehen gegen Menschen, die Abgeordneten und Beschäftigten von Oppositionsparteien nahe stehen.

Auch Abgeordnete von Oppositionsparteien selbst werden willkürlich inhaftiert, so auch Ismael Léon. Der Abgeordnete Juan Requesens befindet sich nach wie vor in Haft – Berichten zufolge seit dem 5. Februar ohne Kontakt zur Außenwelt. Nach Aussagen seiner Rechtsbeistände wurde Juan Requesens gefoltert und anderweitig misshandelt. Außerdem sei es in seinem Verfahren zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen. Der Aufenthaltsort von Gilber Caro wurde seinen Rechtsbeiständen und seiner Familie mitgeteilt, nachdem er einen Monat lang Opfer des Verschwindenlassens war. Er ist jedoch noch immer willkürlich inhaftiert. Zu den willkürlich Inhaftierten gehört auch der Büroleiter von Parlamentspräsident Juan Guaidó, Roberto Marrero. Er wurde am 21. März 2019 festgenommen und befindet sich nach wie vor in Gewahrsam des venezolanischen Geheimdienstes (Servicio Bolivariano de Inteligencia Nacional – SEBIN) in El Helicoide in Caracas. Dies ist nicht das erste Mal, dass Präsident Nicolás Maduro und seine Regierung Abgeordnete und Beschäftigte der Nationalversammlung einschüchtern, schikanieren, tätlich angreifen, sie willkürlich inhaftieren oder verschwinden lassen. Damit soll die Opposition zum Schweigen gebracht werden.

Seit mehreren Jahren sehen sich Dutzende Mitglieder der Opposition aufgrund der Drohungen der Maduro-Regierung gezwungen, dass Land zu verlassen und im Ausland Asyl zu beantragen. Mindestens zwei Abgeordnete der Oppositionsparteien, Freddy Guevara und Roberto Enriquez, haben bei ausländischen Botschaften in Venezuela Schutz gesucht. Dort befinden sie sich seit fast drei Jahren.

Diese Maßnahmen sind ein Versuch, bürgerliche und politische Rechte systematisch zu unterdrücken. Es scheint, als käme dieser Versuch direkt von der Spitze der Maduro-Regierung.

In dem 2019 veröffentlichten Bericht Hunger for Justice: Crimes against Humanity in Venezuela kommt Amnesty International zu dem Schluss, dass die selektiven außergerichtlichen Hinrichtungen, willkürlichen Inhaftierungen und die Toten und Verletzten infolge der exzessiven Gewaltanwendung der Regierung von Nicolás Maduro, die Teil der systematischen und weitverbreiteten Repression seit mindestens 2017 sind, Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten.

Seit 2014 flüchten so viele Venezolaner_innen wie nie zuvor auf der Suche nach Sicherheit und einem menschenwürdigen Leben ins Ausland. Bis Dezember 2019 haben Schätzungen zufolge 4,8 Millionen Menschen das Land verlassen und es wird davon ausgegangen, dass die Zahl 2020 auf 5,5 Millionen Geflüchtete ansteigt.