Texas: Hinrichtung für 13. Juli geplant

Appell an

Gouverneur von Texas
Texas Governor Greg Abbott
Office of the Governor
PO Box 12428, Austin
Texas 78711-2428
USA

Sende eine Kopie an

Amnesty fordert:

  • Stoppen Sie die Hinrichtung von Ramiro Gonzales (Häftlingsnummer TDCJ #999513) und sorgen Sie dafür, dass sein Todesurteil umgewandelt wird.

Sachlage

Ramiro Gonzales soll am 13. Juli 2022 im US-Bundesstaat Texas hingerichtet werden. Im Oktober 2002 hatte Ramiro Gonzales sich schuldig bekannt, im September 2001 eine Frau entführt und vergewaltigt zu haben, und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Kurz nach seinem Strafantritt gestand er, im Januar 2001 bei einem Einbruch in die Wohnung der Person, die ihn mit Kokain versorgte (einer Droge, die er an dem betreffenden Tag bereits konsumiert hatte), die 18-jährige Bridget Townsend getötet zu haben. Zum Zeitpunkt der Tat war Ramiro Gonzales 18 Jahre und knapp drei Monate alt. Seine Kindheit war geprägt von schwerer Vernachlässigung und Missbrauch. Eine Neuropsychologin sagte während des Verfahrens aus, Ramiro Gonzales habe sich "im Grunde selbst aufgezogen". Außerdem würde er die emotionale Reife eines 13- oder 14-Jährigen besitzen.

Die Anwendung der Todesstrafe in Texas, auch gegen junge volljährige Straftäter*innen, ist höchst besorgniserregend. Mehr als 13 Prozent aller zwischen 1982 und 2022 in Texas hingerichteten Personen waren zum Zeitpunkt des Verbrechens 18 oder 19 Jahre alt.

Als der Oberste Gerichtshof der USA 2005 die Hinrichtung von unter 18-Jährigen verbot, stellte er fest, dass "die Eigenschaften, die Jugendliche von Erwachsenen unterscheiden, nicht verschwinden, sobald eine Person 18 Jahre alt wird", und machte deutlich, dass die Todesstrafe auf Straftäter*innen beschränkt werden solle, "die eine Hinrichtung aufgrund ihrer extremen Schuld am ehesten verdient haben". Es ist zu bezweifeln, dass die Anwendung der Todesstrafe auf einen emotional schwer geschädigten 18-Jährigen diese Anforderung erfüllt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In der Strafzumessungsphase seines Prozesses 2006 bestellte die Staatsanwaltschaft einen Psychiater vor Gericht, der aussagte, dass Ramiro Gonzales im Gefängnis wahrscheinlich Gewalttaten begehen würde. Er räumte jedoch ein, dass die US-amerikanische Fachgesellschaft für Psychiater*innen derartige Prognosen über die "zukünftige Gefährlichkeit", deren Feststellung durch die Geschworenen in Texas Voraussetzung für ein Todesurteil ist, als unwissenschaftlich und unzuverlässig betrachtet. Derartige Vorhersagen haben sich schon lange als äußerst ungenau erwiesen, auch wenn sie von der Staatsanwaltschaft als effektiv betrachtet werden, um die Todesstrafe durchzusetzen. Ramiro Gonzales hat im Todestrakt zwar einige kleinere Disziplinarverstöße begangen, doch waren sie alle gewaltfrei.

Die Verteidigung präsentierte in der Phase des Verfahrens, in der über das Strafmaß entschieden wird, Zeug*innen, die aussagten, dass der Angeklagte von seiner Mutter praktisch im Stich gelassen wurde. Sie habe während der Schwangerschaft Farbe geschnüffelt, Alkohol getrunken und Drogen konsumiert und zweimal versucht, das Kind abzutreiben. Auch der Vater von Ramiro Gonzales war in dessen Kindheit nicht präsent. Ramiro Gonzales wuchs bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf und war dort weitgehend sich selbst überlassen. Zeug*innen berichteten auch davon, dass er körperlichem und sexuellem Missbrauch ausgesetzt war. Unter anderem wurde er von einem Cousin sexuell missbraucht, als er sechs Jahre alt oder jünger war, sowie im Alter von 12 oder 13 Jahren durch eine ältere Frau. Im Alter von elf Jahren begann Ramiro Gonzales, Alkohol und Drogen zu sich zu nehmen. Eine Neuropsychologin sagte aus, er habe sich "praktisch selbst aufgezogen" und besäße die emotionale Reife eines 13- oder 14-Jährigen. Ihr zufolge war er ein "sehr stark geschädigter junger Mann". Die Neuropsychologin diagnostizierte bei Ramiro Gonzales eine reaktive Bindungsstörung. Bei dieser Störung können Kinder keine stabilen emotionalen Bindungen zu ihren Eltern oder Bezugspersonen aufbauen, was häufig auf emotionale Vernachlässigung oder Missbrauch im frühen Kindesalter zurückzuführen ist.

Als der Oberste Gerichtshof der USA 1989 entschied, dass in den Bundesstaaten auch weiterhin Personen wegen Verbrechen hingerichtet dürfen, die sie im Alter von 16 oder 17 Jahren begangen haben, merkten die vier Richter*innen, die dagegen gestimmt hatten, an, dass "viele der psychologischen und emotionalen Veränderungen, die ein Jugendlicher während seiner Reifung erfährt, erst mit Anfang 20 eintreten" und dass "zum Tode verurteilte Jugendliche in der Regel eine Reihe von psychologischen, emotionalen und anderen Problemen haben, die bei ihrer wahrscheinlichen Urteilsfähigkeit und dem Grad ihrer Schuldfähigkeit eine Rolle spielen". Als der Gerichtshof 2005 die Verhängung der Todesstrafe bei Personen verbot, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren, erkannte er ausdrücklich die Unreife, Impulsivität, das mangelnde Urteilsvermögen, das unterentwickelte Verantwortungsbewusstsein und die Anfälligkeit bzw. Empfänglichkeit junger Menschen für "negative Einflüsse und Druck von außen, insbesondere von Altersgenoss*innen" sowie ihr Potenzial für eine Besserung an. Dieses Mal merkte die Mehrheit der Richter*innen an, dass "die Eigenschaften, die Jugendliche von Erwachsenen unterscheiden, nicht verschwinden, wenn eine Person 18 Jahre alt wird".

Sechzig Prozent der Hinrichtungen von Personen in den USA, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahren waren, fanden in Texas statt. Seit 2014 wurden in Texas neun Personen wegen Straftaten hingerichtet, die sie im Alter von 18 Jahren begangen haben: Vier von ihnen waren Schwarz, drei hispanoamerikanisch und zwei weiß. Ramiro Gonzales ist Hispanoamerikaner. Das Opfer war weiß.