USA: Hinrichtung stoppen!

Diese Urgent Action ist beendet.

Joseph Corcoran ist am 18. Dezember 2024 in den frühen Morgenstunden im US-Bundesstaat Indiana hingerichtet worden. Er war 1999 wegen des Mordes an vier Männern zum Tode verurteilt worden. Joseph Corcoran litt an einer paranoiden Schizophrenie, die bei ihm Halluzinationen und Wahnvorstellungen hervorrief. Letzte Rechtsmittel wurden abgewiesen, und Forderungen nach einer Begnadigung durch den Gouverneur verhallten ungehört.

Mehrere Personen mit Protestschildern

Protestaktion gegen die Todesstrafe in Bloomington im US-Bundesstaat Indiana (12. Januar 2021)

+++ Traurige Nachricht: Joseph Corcoran ist am 18. Dezember 2024 hingerichtet worden. +++
Joseph Corcoran soll am 18. Dezember 2024 im US-Bundesstaat Indiana hingerichtet werden. Er war 1999 schuldig gesprochen worden, zwei Jahre zuvor vier Männer ermordet zu haben, darunter seinen Bruder und seinen künftigen Schwager. Die Jury verurteilte ihn zum Tode. Joseph Corcoran leidet an einer paranoiden Schizophrenie, die bei ihm Halluzinationen und Wahnvorstellungen hervorruft und bedeutet, dass er seine Verfahrensrechte nicht umfassend wahrnehmen konnte. Der Gouverneur von Indiana muss die Hinrichtung stoppen und das Todesurteil umwandeln.

Appell an

Gouverneur des Bundesstaates Indiana
Governor Eric Holcomb
Office of the Governor
Statehouse
Indianapolis
IN 46204-2797
USA 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika
Herrn Alan Meltzer, Geschäftsträger a.i.
Clayallee 170
14195 Berlin

Fax: 030––83 05 10 50
E-Mail: feedback@usembassy.de


 

Amnesty fordert:

  • Ich bitte Sie dringend, die für den 18. Dezember 2024 angesetzte Hinrichtung von Joseph Corcoran zu stoppen. Mit meinem Appell möchte ich die Schwere des Gewaltverbrechens vom 26. Juli 1997 und die Ermordung von vier Menschen keinesfalls verharmlosen. Ich bin jedoch der Meinung, dass der Kreislauf der Gewalt nicht dadurch gestoppt werden kann, dass Indiana sich für ein fünftes Todesopfer verantwortlich macht. 
  • Bitte wandeln Sie das gegen Joseph Corcoran verhängte Todesurteil um.

Sachlage

Joseph Corcoran soll am 18. Dezember 2024 im US-Bundesstaat Indiana hingerichtet werden. Ihm wird vorgeworfen, vor mehr als 25 Jahren vier Männer ermordet zu haben. Im Jahr 1997 lebte der damals 22-jährige Joseph Corcoran im Haus seiner Schwester. Ihre bevorstehende Heirat bedeutete, dass er ausziehen sollte. Am 26. Juli 1997 wachte er auf und hörte, wie sein Bruder und einige andere Männer im Erdgeschoss über ihn sprachen. Er nahm ein geladenes Gewehr und ging nach unten, wo er seinen Bruder, seinen zukünftigen Schwager und zwei weitere Männer erschoss. Im Vorfeld des Gerichtsverfahrens bot ihm die Staatsanwaltschaft an, von einem Todesurteil abzusehen, wenn er auf schuldig plädiere oder sein Recht auf eine Schwurgerichtsverhandlung abgebe und sich stattdessen für ein richterlich geführtes Verfahren entscheide. Joseph Corcoran lehnte beides ab, ohne einen konkreten Grund zu nennen; er gab lediglich an, dass seine Entscheidung auf einem "Gefühl" beruhte. Bei seinem Prozess im Mai 1999 führte die Staatsanwaltschaft einen erschwerenden Umstand an, auf dessen Grundlage die Todesstrafe angewandt werden konnte; nämlich, dass er mehrere Menschen getötet hatte. Die Geschworenen verurteilten ihn zum Tode. 

Bei Joseph Corcoran wurde erstmals 1999 eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Im Jahr 2002 schrieb der Richter des Obersten Gerichtshofs von Indiana, Robert Rucker, dass "Corcoran offensichtlich schwer psychisch krank ist". Im Jahr 2005 bemerkte Richter Rucker, dass sich dies "zu einer ausgewachsenen paranoiden Schizophrenie entwickelt" habe. Im Jahr 2008 gab die US-Bezirksrichterin Ann Williams an, dass "niemand bestreitet, dass Corcoran an einer psychischen Erkrankung leidet", da dies "an seiner Wahnvorstellung zu sehen sei, wonach ihn die Gefängniswärter täglich mit einem Ultraschallgerät foltern würden, ebenso wie an der Wahnvorstellung, dass er an einer unfreiwilligen Sprachstörung leide".

Joseph Corcoran hatte sich 2003 geweigert, seinen Berufungsantrag zu unterzeichnen, weil er auf Rechtsmittel verzichten und hingerichtet werden wollte. Das zuständige Gericht lehnte den nicht unterzeichneten Antrag ab und führte eine Anhörung über seine Fähigkeit, auf Rechtsmittel zu verzichten, durch. Drei Sachverständige sagten aus, dass Joseph Corcoran an paranoider Schizophrenie leide, die Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen mit sich bringe und seine Entscheidung, auf seine Berufung zu verzichten, erkläre. Ihre Untersuchungen zeigten, dass er nicht simulierte – was ihm bei der Urteilsverkündung unterstellt wurde –, sondern dass er vielmehr versuche, "seine psychischen Symptome zu verbergen", denn "es ist für ihn psychologisch besser, den Anschein zu erwecken, dass er strafrechtlich verantwortlich ist, als zuzugeben, dass er eine schwere psychische Krankheit hat, die möglicherweise zu seinem Verhalten in der Vergangenheit beigetragen hat. Die Tatsache, dass er lieber hingerichtet werden möchte als zuzugeben, dass eine Schizophrenie für seinen Todeswunsch verantwortlich sein könnte, zeigt deutlich, mit welchem Stigma schwere psychische Erkrankungen behaftet sind." Trotz alledem befand ihn das Gericht für verhandlungsfähig.

Im Jahr 2005 unterzeichnete Joseph Corcoran schließlich einen Berufungsantrag, der jedoch als nicht fristgerecht angesehen wurde. Seine Rechtsbeistände argumentieren gegen die Fristverstreichung und machen geltend, dass sich die Rechtslage in Indiana dahingehend geändert habe und dass ihr Mandant rückwirkend das Recht auf einen Berufungsantrag haben sollte, da er diesen damals nur deshalb nicht wie vorgesehen unterzeichnen konnte, da er eine geistige Beeinträchtigung aufweist. Das Völkerrecht und internationale Standards verbieten die Verhängung von Todesurteilen gegen Menschen mit geistigen (psychosozialen) Beeinträchtigungen, die sich nur eingeschränkt selbst verteidigen können. Dies gilt z. B. auch dann, wenn die Verfahrensweisen nicht angemessen angepasst wurden, um es der betreffenden Person zu ermöglichen, auf gleicher Basis wie andere am Prozess teilzuhaben. 

Seit 1976 wurden in den USA 1.605 Menschen hingerichtet, 20 davon in Indiana. Im Jahr 2024 sind in den USA landesweit bislang 23 Todesurteile vollstreckt worden. Die Exekution von Joseph Corcoran wäre die erste Hinrichtung in Indiana seit dem 11. Dezember 2009. Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Hintergrundinformationen (auf Englisch)

Joseph Corcoran’s mental condition around the time of the crime, when he was showing signs of increasing paranoia, was an issue from the outset. The initial view among various experts was that he had a schizotypal or paranoid personality disorder; indeed in 1992, he had been diagnosed with schizoid personality disorder and major depression. In a pre-sentencing memorandum to the judge in 1999, his lawyers included the opinion of two doctors who now diagnosed him with paranoid schizophrenia. The judge found that he was under the influence of a "mental or emotional disturbance" at the time of the crime, but that this had not affected his ability to conform his conduct to the law. At a hearing on 26 August 1999, the judge accepted the jury’s recommendation and sentenced him to death.

In 2000, the Indiana Supreme Court remanded the case for resentencing because of comments made by the trial judge that raised concerns that, in violation of state law, she may have relied upon non-statutory aggravating factors, including her remarks on the "innocence" of the victims, the "heinousness" of the murders, and the defendant’s future dangerousness. She had told him he was "a very dangerous, evil mass murderer" and that "I am convinced in my heart of hearts, Mr Corcoran, if given the opportunity, you will murder again". She also said that it was "shameful that you would come into this court, Mr Corcoran, and try to characterize your illness as a mental illness to the disrespect of all people in this country that are in fact mentally ill". On remand, in 2001, the same judge resentenced him to death. In 2002, the Indiana Supreme Court affirmed this but in 2010, the US Court of Appeals for the Seventh Circuit held that it had been wrong to do so, and that the trial judge had clearly "added weight to a statutory aggravator based on the non-statutory aggravators" and that Joseph Corcoran should receive a new sentencing hearing. The US Supreme Court reversed, ruling the Seventh Circuit had not found a violation of federal law. 

In 2003 after Joseph Corcoran indicated that he wanted to drop his appeals, the post-conviction court ordered a hearing into his competency to do so. At the hearing, Joseph Corcoran told the judge that he wanted and deserved to be executed. His lawyer presented the testimony of three experts – a clinical psychologist, a forensic psychiatrist, and a clinical neuro-psychologist – who each concluded that Joe Corcoran has paranoid schizophrenia, and that one of his symptoms were recurrent delusions that prison guards were subjecting him to torture via an ultrasound machine, causing him pain and uncontrollable muscle twitching. All three experts concluded that Joseph Corcoran could not make a rational decision to waive his appeals because it stemmed from his wish to stop this torture. 

In December 2003, the post-conviction court found that while "the evidence is clear that the Defendant suffers from a mental illness", and the state conceded this, the defendant "understands what he is doing". While "his choice of action may be unwise, and obviously against the advice of counsel, he is competent to make this ultimate decision in spite of his mental illness". In 2005 the Indiana Supreme Court affirmed this finding. Justice Rucker again dissented, arguing that Joseph Corcoran was not competent and that his colleagues had given inadequate weight to the expert opinions. He wrote: "It is apparent that since July 1997 Corcoran’s mental state has deteriorated significantly. So much so that his personality disorder has now developed into full-blown paranoid schizophrenia. In short, Corcoran is seriously mentally ill". In 2008, when the US Court of Appeals for the Seventh Circuit upheld this, one of the three judges dissented, concluding that the state Supreme Court’s decision was "unreasonable error".

His current lawyers state that Joseph Corcoran "lives each day believing prison guards use an electronic device to bombard him with ultrasound waves... He believes he can hear people talking about him through the walls of his cell. He holds the delusional belief that he speaks in his sleep, saying embarrassing or provocative things to make people act hostile toward him. His intense delusions cause him to believe that while awake, he is actually sleeping and speaking involuntarily".