Trans-Gedenktag in Kiew gefährdet

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 23. November sorgte ausreichend Polizeipräsenz dafür, dass auch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew der diesjährige Trans March stattfinden konnte. Geschützt durch die Beamt_innen gedachten etwa hundert Teilnehmende anlässlich des internationalen Transgender Day of Remembrance den Opfern von Transfeindlichkeit. Angekündigte Störungsversuche rechter Gruppierungen konnten verhindert werden.

Regenbogenfahne weht in der Luft vor blauem Himmel mit wenigen kleinen Wolken

Am 23. November ist zum Gedenktag für die Opfer von Transfeindlichkeit eine Demonstration in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geplant. Auf einer ähnlichen Veranstaltung 2018 schützte die Polizei die Teilnehmenden nicht ausreichend vor gewaltbereiten Gruppen, die Hass gegen Transgeschlechtliche schüren. Es wird daher befürchtet, dass es auch dieses Jahr wieder zu Angriffen kommen wird. Die Polizei muss dafür sorgen, dass die Demonstrierenden ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen können.

Appell an

Polizeipräsident

Andriy Kryshchenko

Vul. Volodymyrska 15

Kyiv 01601

UKRAINE

Sende eine Kopie an

Botschaft der Ukraine

S. E. Herrn Andrii Melnyk

Albrechtstraße 26

10117 Berlin

Fax: 030-2888 7163

E-Mail:
emb_de@mfa.gov.ua

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dringend dafür, dass die Teilnehmenden der Demonstration zum Transgender Day of Remembrance am 23. November vor Angriffen geschützt werden und in der Lage sind, ihr Recht auf friedliche Versammlung diskriminierungsfrei auszuüben.

Sachlage

Am 23. November soll in der ukrainischen Hauptstadt Kiew am Michaelplatz eine Demonstration für die Rechte von Transpersonen stattfinden. Amnesty International befürchtet, dass die Protestierenden Ziel von Gewalt werden könnten. Im Jahr 2018 wurden die Teilnehmenden einer ähnlichen Veranstaltung von Gruppen angegriffen, die Hass gegen transgeschlechtliche Menschen schüren. Die Angreifer_innen warfen Rauchbomben, riefen homofeindliche Beleidigungen und Drohungen, und griffen in einigen Fällen die Teilnehmenden tätlich an, darunter auch mindestens einen Journalisten. Die Polizei unternahm nichts, um die Protestierenden zu schützen. Stattdessen wurden die Trans-Aktivist_innen in eine U-Bahn-Station eskortiert und die Veranstaltung damit effektiv abgebrochen. Die Gegendemonstrierenden rollten daraufhin vor der U-Bahn-Station ihre Banner aus und riefen transfeindliche Parolen. Die Polizei machte keine wahrnehmbaren Anstalten, um dies zu unterbinden.

Personen, die sich in der Ukraine für die Rechte von LGBTI (Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen) einsetzen, werden seit vielen Jahren zum Ziel von Gewalt durch Angehörige von Gruppen, die Hass und Diskriminierung verbreiten. Die Verantwortlichen werden nur selten zur Rechenschaft gezogen und gehen in fast allen Fällen straffrei aus.

Das Recht auf friedliche Versammlung ist in völkerrechtlich verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen festgeschrieben, die von der Ukraine ratifiziert wurden. Hierzu zählt zum Beispiel Artikel 21 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Das im Völkerrecht und in internationalen Standards festgeschriebene Recht auf friedliche Versammlung bringt bestimmte Pflichten für den Staat mit sich, so z. B. das Bereitstellen angemessener Sicherheitsmaßnahmen, um dafür zu sorgen, dass friedliche Versammlungen abgehalten werden können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Jahr 2018 gaben Trans-Aktivist_innen in Kiew auf Facebook bekannt, am 18. November eine Veranstaltung für die Rechte von Transpersonen abhalten zu wollen. Daraufhin bekannten sich mehrere gewaltbereite Gruppen, die für das Schüren von Hass gegen LGBTI bekannt sind, öffentlich dazu, die Veranstaltung stören zu wollen, und riefen auch ihre Unterstützer_innen dazu auf. Aufgrund dieser öffentlichen Androhung von Gewalt sahen sich die Organisator_innen gezwungen, den Veranstaltungsort vom Michaelplatz in den Schewtschenko-Park zu verlegen. Am 18. November 2018 um etwa 10.30 Uhr beobachteten Mitglieder von Amnesty International, wie sich Dutzende Personen im Schewtschenko-Park versammelten; einige waren vermummt und viele trugen die Insignien der Gruppen, die die Drohungen ausgesprochen hatten. Sie hatten Gebete sowie Plakate mit transfeindlichen Parolen bei sich. Um etwa 11.30 Uhr, nur 30 Minuten vor Beginn der Veranstaltung, sagten Polizist_innen den Organisator_innen, dass sie die Sicherheit der Teilnehmenden nicht garantieren könnten und dass die Demonstrierenden sich zur U-Bahn-Station Universytet begeben müssten.

Um die Mittagszeit versammelten sich etwa 30 Trans-Aktivist_innen vor der U-Bahn-Station, wo sie von Bereitschaftspolizist_innen umstellt wurden. Kurz darauf begannen Gegendemonstrierende damit, von der anderen Straßenseite Rauchbomben zu werfen. Die Polizei verhinderte weder das Werfen der Objekte noch nahm sie die Verantwortlichen fest.

Wenige Minuten später kamen ungefähr zwölf Gegendemonstrierende auf die Veranstaltung zu und positionierten sich aggressiv um die Trans-Aktivist_innen herum. Daraufhin brach die Polizei die friedliche Versammlung ab und eskortierte die Teilnehmenden in die U-Bahn-Station. Die Gegendemonstrierenden rollten daraufhin vor der U-Bahn-Station ihre Banner aus und riefen transfeindliche Parolen. Die Polizei machte keine wahrnehmbaren Anstalten, um dies zu unterbinden, und erlaubte den Gegendemonstrierenden, an genau der Stelle eine Veranstaltung abzuhalten, von der die Trans-Aktivist_innen kurz zuvor vertrieben worden waren.

Später am selben Tag berichtete der Pressedienst der Polizei, dass man eine "Provokation" von rechtsradikalen Gruppen gegen Trans-Aktivist_innen verhindert habe, verlor jedoch kein Wort darüber, ob irgendjemand im Zusammenhang mit den Vorfällen festgenommen wurde. Amnesty International hat bereits mehrfach erfolglos versucht, den Pressedienst des Innenministeriums zu kontaktieren, um Stellungnahmen und mehr Informationen über den Umgang mit dem Vorfall zu erhalten.