Reiseverbot aufgehoben
Diese Urgent Action ist beendet.
Ein türkisches Gericht hat ein gegen 30 Studierende verhängtes Reiseverbot aufgehoben. Die Studierenden werden terroristischer Vergehen beschuldigt, weil sie am 19. März an einer friedlichen Demonstration teilgenommen haben. Das Gericht wies die Vorwürfe der Studierenden über Folter und Misshandlung in Haft mit der Begründung zurück, der "Vorfall habe sich nicht in Gegenwart des Gerichts ereignet". Die Studierenden werden immer noch der "Propaganda für eine terroristische Organisation" beschuldigt. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen bis zu fünf Jahren Gefängnis.

© Amnesty International
Sachlage
Am 3. Oktober hob das Gericht für schwere Strafsachen Nr. 32 in Istanbul das Reiseverbot von 30 Studierenden der Boğaziçi-Universität auf, denen aufgrund ihrer Teilnahme an einer friedlichen Demonstration gegen die türkische Militäroffensive im syrischen Afrin Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten zur Last gelegt wurden. Das Gericht wies jedoch die Anzeige wegen Folter und anderer Misshandlungen im Gewahrsam zurück und ordnete keine Untersuchung an. Stattdessen wies es die Rechtsbeistände der Studierenden an, "jegliche Beschwerde über Folter der Generalstaatsanwaltschaft vorzulegen". Ein Rechtsbeistand der Studierenden sprach mit Amnesty International über das Strafverfahren: "Ein Geschehen, das nach türkischem Recht noch nicht einmal eine Untersuchung hätte nach sich ziehen dürfen, ist zu einer Angelegenheit geworden, die vielen Menschenrechtsverletzungen Tür und Tor öffnet, von [der Verletzung des] Rechts auf Bildung bis zur [Verletzung der] körperlichen Unversehrtheit". Er bestätigte zudem, dass die Rechtsbeistände der Studierenden gerade eine offizielle Beschwerde im Zusammenhang mit der Behandlung der Studierenden im Polizeigewahrsam vorbereiten, um sie der Staatsanwaltschaft vorzulegen.
22 der Studierenden waren im April und Mai 2018 auf der Grundlage von "Kameraaufnahmen" in Polizeigewahrsam genommen worden, "die ihre Münder in einer Weise geöffnet zeigten, die darauf hindeutet, dass sie Parolen skandierten, was belegt, dass sie aktiv und über einen Zeitraum hinweg an der Protestveranstaltung beteiligt waren, bei der Transparente mit folgenden Slogans aufgehangen wurden: 'Kurdistan wird den Faschismus ins Grab bringen'; 'Wir wollen keine Unterstützer_innen der Freien Syrischen Armee in unserer Hochschule' und 'Der Palast will Krieg, die Bevölkerung will Frieden'". Acht der 22 Studierenden wurden kurz nach ihrer Festnahme gegen Kaution freigelassen, da das Fotomaterial sie weder deutlich Parolen skandierend noch in einer aktiven Rolle in der Demonstration abbildete. Die verbleibenden 14 Studierenden wurden erst nach der ersten Anhörung am 6. Juni 2018, bei der sie auch die Folter- und Misshandlungsvorwürfe in Haft erhoben, gegen Kaution freigelassen. Die übrigen acht Studierenden konnten anfangs nicht von der Polizei ausgemacht werden und ihre Fälle wurden erst in das Strafverfahren aufgenommen, als sie sich bei den Behörden meldeten.
Mit der Teilnahme an der Protestveranstaltung nahmen die Studierenden lediglich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahr, die sowohl in der türkischen Verfassung als auch im Völkerrecht verbrieft sind. Die türkischen Behörden müssen sicherstellen, dass die Folter- und Misshandlungsvorwürfe in Haft umgehend gründlich, unabhängig und unparteiisch untersucht werden und alle, die dafür verantwortlich sind, in einem fairen Gerichtsverfahren zur Verantwortung gezogen werden.
Da alle 30 Studierenden nun gegen Kaution frei sind, benötigt dieser Fall keine Eilaktion mehr. Amnesty International wird die Entwicklungen jedoch weiterhin genau beobachten und die Aktion wieder aufnehmen, sollte dies nötig sein.
Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben. Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind nicht erforderlich.