Türkei: Pride-Parade gewaltsam aufgelöst

Diese Urgent Action ist beendet.

Die von Studierenden organisierte Pride-Parade auf dem Campus der Middle East Technical University (METU) in Ankara wurde am 10. Juni gewaltsam von der Polizei aufgelöst. Dabei wurden 37 Studierende festgenommen, einige davon unter Gewaltanwendung; sie wurden später wieder freigelassen. Amnesty International hatte die Universitätsleitung zuvor aufgefordert, das Recht auf friedliche Versammlung zu respektieren.

Zwei Männer mit Virenschutzmaske halten vor einem Gebäude eine Regenbogen-Fahne hoch.

Protestaktion gegen LGBTI-Feindlichkeit im Januar 2021 an der "Middle East Technical University" (METU) in der türkischen Hauptstadt Ankara

Sachlage

Am 7. Juni schickte das Rektorat der Middle East Technical University (METU) in Ankara eine E-Mail an alle Studierenden, in der sie mit polizeilicher Intervention drohte, falls die für den 10. Juni geplante Pride-Parade stattfinden würde. Amnesty International forderte die Universitätsleitung daraufhin auf, dafür zu sorgen, dass die Veranstaltung uneingeschränkt und ohne Eingreifen der Polizei vonstatten gehen könne. Gleichzeitig erinnerten wir das Rektorat daran, dass der Versuch, den Marsch zu verbieten, eine unangemessene Einschränkung der Rechte der METU-Studierenden und -Angestellten auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung ist. Der in der E-Mail angeführte Grund für das Verbot, nämlich der "dem Prestige der Universität zugefügte Schaden", ist keine in der türkischen Gesetzgebung verankerte Rechtsgrundlage und ist auch gemäß internationaler Menschenrechtsnormen und -standards nicht ausreichend für ein entsprechendes Eingreifen.

Am Tag der Pride-Parade setzten die Behörden auf dem Campus Bereitschaftspolizei sowie in Zivil gekleidete Polizist*innen ein. Bereits vor Beginn der Veranstaltung standen Busse auf dem Campus bereit, um festgenommene Studierende abzutransportieren. Als einige Hundert Studierende mit dem Marsch begannen, griffen Bereitschaftspolizist*innen ein und lösten die friedliche Kundgebung durch exzessive Gewaltanwendung auf, unter anderem durch den Einsatz von Pfefferspraygeschossen. Insgesamt 37 Studierende wurden festgenommen; einige von ihnen wurden dabei am Boden entlanggezerrt. Manche der Betroffenen berichteten, bei der Festnahme oder im Gewahrsam misshandelt worden zu sein.

Die von Amnesty International herausgegebene Urgent Action hatte das wichtige Ziel, die Universitätsleitung dazu zu bringen, das Verbot der Pride-Parade rückgängig zu machen. Nach den Vorfällen gab das Rektorat eine Stellungnahme ab, um seine Entscheidung für den Einsatz von Polizeigewalt zu rechtfertigen. Amnesty International wird etwaige strafrechtliche Ermittlungsverfahren in diesem Fall beobachten.

In einem Gespräch mit Amnesty International drückte die Gruppe METU LGBTIQAA+ Solidarity ihre tiefe Dankbarkeit gegenüber allen aus, die sich für die Pride-Parade eingesetzt haben: "METU LGBTIQAA+ Solidarity dankt allen, die uns bei der Durchführung der 10. METU-Pride unterstützt haben – etwas, das wir im Kontext von staatlicher Unterdrückung und Polizeigewalt erreicht haben. Wir sind der Ansicht, dass der Einsatz für LGBTIQAA-Rechte sowohl in der METU als auch in der Türkei insgesamt nur mit dieser Unterstützung und Solidarität weitergehen kann. Und zwar trotz aller Versuche, uns einzuschüchtern. In Liebe und Solidarität."

Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind derzeit nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.