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Tansania: Safaritourismus - 70.000 Massai droht Vertreibung
"Hände weg vom Land der Massai": Protest vor der diplomatischen Vertretung Tansanias in London am 28. Februar 2022.
© IMAGO / ZUMA Wire
Mehr als 70.000 Massai laufen Gefahr, von ihrem angestammten Weideland vertrieben zu werden. Sie sollen einem Reservat für Safaritourismus und Trophäenjagd Platz machen. Am 7. Juni trafen zahlreiche Sicherheitskräfte in der Stadt Loliondo in der Region Arusha ein, um die Beschlagnahmungspläne der Behörden mittels Grenzmarkierungen vorzubereiten. Als am 9. Juni örtliche Gemeindemitglieder gegen dieses Vorgehen protestierten, wurden sie von Sicherheitskräften mit Tränengas und Schusswaffen angegriffen. 25 Gemeindemitglieder wurden festgenommen. Später wurden sie der Verschwörung zum Mord an einem Polizisten angeklagt. Die Behörden müssen den Einsatz in Loliondo sofort beenden, die Festgenommenen unverzüglich freilassen und alle Beschlagnahmungspläne aufgeben.
Appell an
Suluhu Samia Hassan
President's Office
Utumishi Street
P.O. BOX 670
Dodoma
TANSANIA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Vereinigten Republik Tansania
S. E. Herrn Abdallah Saleh Possi
Eschenallee 11
14050 Berlin
E-Mail: berlin@tzembassy.go.tz
Fax: 030-3030 8020
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie auf, das Vorhaben zur Erschließung des Gemeindelandes der Massai auszusetzen, bis im Rahmen eines sinnvollen Konsultationsprozesses festgestellt ist, ob diese dem Vorhaben ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung erteilen.
- Außerdem bitte ich Sie, eine wirksame Untersuchung der Gewaltanwendung gegen Demonstrierende bei den Protesten im Juni zu veranlassen.
- Ich fordere Sie zudem auf, die sofortige Freilassung der 25 Angehörigen der Massai-Gemeinschaft anzuordnen, die wegen ihrer friedlichen Teilnahme an den Protesten gegen ihre geplante Vertreibung festgenommen wurden. Außerdem müssen die Anklagen gegen sie fallengelassen werden.
Sachlage
Der jüngste Einsatz von Sicherheitskräften in der Stadt Loliondo in der Region Arusha im Norden Tansanias gibt Anlass zu großer Sorge. Im Zuge der Niederschlagung von Protesten sind dort 25 Angehörige der Massai willkürlich festgenommen und inhaftiert worden – allein, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrgenommen haben.
Am 7. Juni kamen etwa 700 Sicherheitskräfte – Polizei, Ranger, Militär, Paramilitär und andere – nach Loliondo, um die Vertreibung der Massai aus einem Territorium von etwa 1.500 Quadratkilometern Gemeindeland vorzubereiten. Zu diesem Zweck markierten sie die Grenzen eines Gebietes, das die Massai beanspruchen, mit Signalleuchten. Als am 9. Juni Gemeindemitglieder aus vier Dörfern (Ololosokwan, Oloirien, Kirtalo und Arash) gegen diese Grenzziehung protestierten, indem sie die aufgestellten Markierungen wieder entfernten, gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen sie vor. Nach Angaben von zwei Augenzeug*innen begannen diese, auf die Protestierenden zu schießen und setzten auch Tränengas ein. Die Gewalt gefährdete das Leben der Betroffenen. Sie führte zu zahlreichen schweren Verletzungen und einige Massai trugen Schusswunden davon.
Bereits am Vortag der Proteste wurden etwa 20 Massai willkürlich festgenommen, darunter einige Dorfälteste. Zehn von ihnen hatten zum Zeitpunkt ihrer Festnahme gerade die staatlichen Grenzziehungspläne erörtert. Am 16. Juni wurden sie fälschlicherweise des Mordes an einem Polizisten beschuldigt, der erst getötet wurde, als sich die Massai bereits in Gewahrsam befanden. Der Tatvorwurf wurde viermal geändert, momentan wird den Inhaftierten Verschwörung zum Mord vorgeworfen. Darüber hinaus wurden weitere fünf Personen angeklagt.
Die Demarkierung des Landes der Massai geschah entgegen eines Gerichtsbeschlusses des Ostafrikanischen Gerichtshofs, der obersten Gerichtsinstanz der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC). Darüber hinaus stellt die Vertreibung von angestammtem Land ohne freiwillige vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung eine Menschenrechtsverletzung dar. Würden die Massai aus ihren offiziell registrierten Dörfern vertrieben, wäre ihnen die Lebensgrundlage entzogen. Ihre traditionelle Lebensweise wäre nicht mehr möglich.
*Zu den Festgenommenen gehören: Molongo Daniel Paschal, Albert Kiseya Selembo, Simeli Parmwati, Lekayoko Parmwati, Sapati Parmwati Sirikoti, Ingoi Olkedenyi Kanjwel, Sangau Morongeti Ngiminiso, Morijoi Ngoisa Parmati, Morongeti Meeki Masako, Kamabatai Lulu, Moloimeti Yohana Saing’EU, Ndirango Senge Laisier, Joel Clemes Lessonu, Simon Naiam Orosikiria, Damiani Rago Laiza, Mathew Kursas Njausi, Taleng’o Twambei Leshoko, Kijoolu Kakenya Olojiloji, Shengena Joseph Killel, Kelvin Shaso Nairoti, Lekerenga, Fred Victor, Wilson Tiuwa Kilong, James Memusi Taki und fünf weitere.
Hintergrundinformation
Loliondo is a division in Tanzania’s northern Ngorongoro district, in the Arusha region. It borders Serengeti National Park to the west, Ngorongoro Conservation Area to the south, and Kenya to the north. More than 70,000 Indigenous Maasai people are at risk of being displaced from their ancestral grazing lands to make way for a tourism operation. People are being evicted from their communal land as demarcation is ongoing despite a pending case at the East Africa Court of Justice. In 1992 the Tanzanian government leased the whole of the Loliondo division as a hunting block to a company from the United Arab Emirates.
The recent security forces operation is the fourth attempt to evict the Indigenous Maasai people who are pastoralists from their grazing site at Loliondo, in a dispute that has lasted more than a decade. Security forces were previously deployed in 2009, 2013 and 2017, when they evicted community members from four villages: Ololosokwan, Oloirien, Kirtalo and Arash. On 25 September 2018, the East African Court of Justice issued orders which included explicit directions that the state ceases from evicting the Maasai Indigenous people until the determination of a case that the community had filed against the state was completed. Nearly two weeks after the demarcation operation had already begun and the security forces were deployed to Loliondo, the court issued a notice of adjournment and postponed the delivery of its judgment to the September 2022 session.