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Sri Lanka: zwei Studenten unter Antiterror-Gesetz inhaftiert
Wasantha Mudalige und Galwewa Siridhamma Thero, Studierendenführer aus Sri Lanka
© privat
Die Studenten Galwewa Siridhamma Thero und Wasantha Mudalige wurden am 18. August auf einer Protestveranstaltung festgenommen. Am 21. August wurde gemäß dem drakonischen Antiterrorgesetz eine 90-tägige Haftanordnung ausgestellt. Die Familien der beiden Studenten sorgen sich um deren Sicherheit und Gesundheitszustand, da sie mittlerweile seit mehr als 75 Tagen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren wegen "Terrorverdachts" inhaftiert sind. Die Haftanordnung darf nicht erneut verlängert werden und jegliche terrorismusbezogenen Vorwürfe sind fallenzulassen.
Appell an
Leiter der Polizeidivision für Terrorismusbekämpfung
Mr. A. R. P. J. Alwis
No. 149, Bootani Capital Building
Polhengoda
Colombo 05
SRI LANKA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka
I.E. Frau Manori Premila Unambuwe
Niklasstraße 19
14163 Berlin
Fax: 030-809 097 57
E-Mail: slemb.berlin@mfa.gov.lk
Amnesty fordert:
- Lassen Sie bitte umgehend jegliche terrorismusbezogenen Vorwürfe gegen Galwewa Siridhamma Thero und Wasantha Mudalige fallen. Stellen Sie bis dahin bitte sicher, dass die Studenten umgehend regelmäßigen Zugang zu jeder benötigten medizinischen Versorgung erhalten.
- Sorgen Sie zudem bitte dafür, dass das Antiterrorgesetz (Prevention of Terrorism Act) aufgehoben wird, da es internationalen Menschenrechtsstandards zuwiderläuft.
- Überprüfen Sie die Rechtmäßigkeit aller unter dem Antiterrorgesetz erfolgten Inhaftierungen und stellen Sie den angemessenen Zugang zu fairen Kautionsanhörungen sicher. Alle Personen, die nicht aufgrund einer international als Straftat anerkannten Handlung inhaftiert sind, müssen unverzüglich freigelassen werden.
Sachlage
Galwewa Siridhamma Thero und Wasantha Mudalige wurden am 18. August 2022 festgenommen und inhaftiert. Am 21. August wurde eine 90-tägige Haftanordnung gegen die beiden Studenten ausgestellt. Sie werden unter schlechten Bedingungen festgehalten und haben keinen Zugang zu verfahrensrechtlichen Garantien. Ihre Familienangehörigen und ihr Rechtsbeistand haben Bedenken über die Sicherheit und den Gesundheitszustand von Galwewa Siridhamma Thero und Wasantha Mudalige geäußert. Galawewa Siridhamma Thero litt in Haft an einem schlimmen Hautausschlag und wurde am 25. Oktober endlich in ein Krankenhaus in Colombo verlegt, nachdem seine Familie dies mehrmals öffentlich gefordert hatte. Dort wurde er mit Denguefieber diagnostiziert.
Wasantha Mudalige und Galawewa Siridhamma Thero sind führende Vertreter ihrer jeweiligen Studierendenvereinigungen (IUSF und IUBF). Sie wurden am 18. August gemeinsam mit 18 weiteren Demonstrierenden festgenommen, als Sicherheitskräfte eine Protestveranstaltung in Colombo auflösten. Während andere Festgenommene seither wieder freigelassen wurden, befinden sich Wasantha Mudalige und Galawewa Siridhamma Thero nach wie vor in Haft. Am 21. August bewilligte der srilankische Präsident Ranil Wickremesinghe in seiner Eigenschaft als Verteidigungsminister die 90-tägige Haftanordnung gemäß dem Antiterrorgesetz. Die beiden Studenten wurden daraufhin in die Hafteinrichtung von Tangalle in der Südprovinz des Landes verlegt. Am 26. Oktober lud das Amtsgericht von Tangalle den Leiter der Polizeidivision für Terrorismusbekämpfung vor, da er keine Informationen über die beiden Studenten vorgelegt hatte.
Die Inhaftierung von Protestierenden gemäß Antiterrorgesetzen ist ein klarer Verstoß gegen die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung, die von der srilankischen Verfassung garantiert werden und im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verankert sind, dessen Vertragsstaat Sri Lanka ist. Der Einsatz eines drakonischen Gesetzes – dessen Reformierung die Regierung bereits angekündigt hat – gegen Protestierende verstößt gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Landes, insbesondere bezüglich der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Auf diese Weise werden kritische Stimmen in Sri Lanka systematisch unterdrückt. Die Behörden müssen das Recht der Menschen gewährleisten, unter anderem durch friedliche Proteste ihre Ansichten zu äußern und Rechenschaftspflicht zu fordern.
Hintergrundinformation
Während in Sri Lanka eine Wirtschaftskrise herrscht, schlagen die Behörden Protestveranstaltungen mit harten Maßnahmen nieder und dämonisieren Demonstrierende. Die Regierung hat auf die überwiegend friedlichen Proteste mit exzessiver und unnötiger Gewalt reagiert und Notfallgesetze erlassen, die der Polizei und dem Militär weitreichende Befugnisse einräumten. Seit dem Amtsantritt von Präsident Ranil Wickremesinghe am 21. Juli sind mehr als 200 Personen festgenommen worden, die an Protesten teilgenommen oder sie organisiert hatten. Viele von ihnen wurden unter drakonischen Antiterrorgesetzen inhaftiert, wobei routinemäßig gegen verfahrensrechtliche Garantien verstoßen wurde. Dies hat dazu geführt, dass Menschen sich fürchten, weiter auf die Straße zu gehen. Präsident Ranil Wickremesinghe hat Protestteilnehmende zudem als "Terroristen" und "Faschisten" bezeichnet.
Das Antiterrorgesetz verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen und Amnesty International hat bereits mehrfach seine Aufhebung gefordert. Unter diesem Gesetz können Verdächtige bis zu einem Jahr lang ohne Anklage inhaftiert werden und es wird instrumentalisiert, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Dies läuft den internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen Sri Lankas zuwider. Trotz zahlreicher Zusicherungen der Regierung, das Antiterrorgesetz gemäß internationaler Menschenrechtsstandards überarbeiten zu wollen, hat bis heute keine angemessene Gesetzesreform stattgefunden. Stattdessen werden unter dem Antiterrorgesetz nach wie vor Menschen willkürlich festgenommen und inhaftiert, Verfahrensgarantien verweigert und Inhaftierte der Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt.
Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka legte 2016 dem UN-Ausschuss gegen Folter einen Bericht vor, demzufolge Folter "in allen Teilen des Landes routinemäßig angewendet wird, unabhängig von der Art der vermeintlichen Straftat, wegen der die Person festgenommen wurde". In einer neueren Studie vom Dezember 2020 stellte die Menschenrechtskommission fest, dass Personen, die unter dem Antiterrorgesetz inhaftiert sind, verschiedenen Formen der Gewalt ausgesetzt sind. Darin heißt es, dass "Gewalt im Polizeigewahrsam ein zentrales Element des Ermittlungsprozesses ist. Dabei wird Folter angewendet, um den Inhaftierten Informationen, Geständnisse und Beweise zu entlocken." Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte hat die srilankische Regierung aufgefordert, die Anwendung des Antiterrorgesetzes für neue Festnahmen so lange auszusetzen, bis es durch rechtliche Regelungen ersetzt wird, die internationalen Standards entsprechen.