Auslieferung nach Russland für den 17. Juli angesetzt

Ein Schild mit der Aufschrift: "Flüchtlinge schützen"

Aslan Yandiev droht die unmittelbare Auslieferung nach Russland, seine Abschiebung ist für den 17. Juli geplant. Sollte er tatsächlich nach Russland ausgeliefert werden, drohen ihm dort Folter und andere Formen der Misshandlung.

Appell an

Denisa Saková

Minister of Interior

Pribinova 2

812 72 Bratislava

SLOWAKISCHE REPUBLIK

Sende eine Kopie an

Botschaft der Slowakischen Republik

S.E. Herr Dr. Peter Lizák


Hildebrandstraße 25

10785 Berlin

Fax: 030 889 262 22

E-Mail: emb.berlin@mzv.sk

 

Amnesty fordert:

  • An die Innenministerin und den Außenminister: Sorgen Sie bitte dafür, dass Aslan Yandiev unter keinen Umständen in die Russische Föderation ausgeliefert oder auf andere Weise zur Rückkehr dorthin gezwungen wird. In der Russischen Föderation wäre er dem Risiko der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt.
  • An die Innenministerin: Sorgen Sie bitte außerdem dafür, dass sein ausstehender Antrag auf Asyl zügig bearbeitet und akzeptiert wird.
  • An den Justizminister: Ziehen Sie bitte die Auslieferungsentscheidung vom 7. Februar zurück, da sie die internationalen Menschenrechtsnormen verletzt, denen die Slowakei verpflichtet ist.

Sachlage

Laut Informationen von Amnesty International bereitet das slowakische Außenministerium momentan die für den 17. Juli geplante Auslieferung von Aslan Yandiev vor. Diese würde gegen die im Juni vom UN-Menschenrechtsausschuss verfügten vorläufigen Maßnahmen verstoßen. Der Ausschuss hatte die slowakischen Behörden aufgefordert, die Auslieferung so lange auszusetzen, bis er den Fall geprüft habe.

Zuvor, am 2. Mai, war das slowakische Verfassungsgericht zu dem Schluss gekommen, dass die Auslieferung von Aslan Yandiev an die Russische Föderation keine Menschenrechtsverletzung darstelle, da es keine ernstzunehmenden Gründe gebe "davon auszugehen, dass er tatsächlich dem Risiko von Misshandlungen ausgesetzt sei". Die Entscheidung steht in Verbindung mit dem Gerichtsurteil von 2016, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gefällt hatte. Dieses hält fest, dass die Auslieferung von Aslan Yandiev nach Russland dann rechtmäßig sei, wenn sie der Übereinkunft entspricht, die, unter anderem, auf den diplomatischen Zusicherungen des Büros der Russischen Generalstaatsanwaltschaft beruht. Nicht erwähnt wurde vom Verfassungsgericht allerdings Aslan Yandievs Asylantrag, der seit 2010 in Bearbeitung ist und die Auslieferung als unrechtmäßig erklären würde. Amnesty International ist der Ansicht, dass diplomatische Zusicherungen von Ländern, in denen Folter und andere Misshandlungen ein andauerndes Problem sind, grundsätzlich unglaubwürdig sind und nicht als wirksame Schutzmaßnahme gegen solche Misshandlungen gelten können.

Amnesty International befürchtet, dass Aslan Yandiev in der Russischen Föderation Folter und andere Formen der Misshandlung drohen. Am 7. Februar 2018 hatte die Justizministerin der Slowakei der Auslieferung an die Russische Föderation stattgegeben. Am 21. März wurde das Verfahren allerdings ausgesetzt, weil das slowakische Verfassungsgericht einstweilige Maßnahmen angeordnet hatte. Die Slowakei darf nach dem Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement) keine Personen innerhalb ihrer Rechtssprechung ausliefern, die im Zielland dem Risiko der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind. Ihnen muss ein faires Gerichtsverfahren gewährt werden. Mit Aslan Yandievs Auslieferung würde die Slowakei diese Verpflichtungen verletzen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nach Informationen, die Amnesty International vorliegen, floh Aslan Yandiev aus Inguschetien (Republik im Nordkaukasus in der Russischen Föderation) und beantragte am 9. Mai 2010 in der Slowakei Asyl. Er befürchtete die Verfolgung durch Angehörige der Strafverfolgungsbehörden in Inguschetien und Nordossetien (ebenfalls im russischen Nordkaukasus), die ihn wegen unterschiedlicher Verbrechen angeklagt hatten. Er gibt an, keine dieser Verbrechen begangen, aber sie unter Folter "gestanden" zu haben. Im Februar 2011 stellte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation einen Auslieferungsantrag. Laut der russischen Generalstaatsanwaltschaft ist Aslan Yandiev der Mittäterschaft in Aktivitäten bewaffneter Gruppen, des illegalen Besitzes und Transports von Waffen und Sprengstoffen, der Ausführung terroristischer Akte sowie anderer Verbrechen angeklagt. Aslan Yandiev wartet noch immer auf eine Entscheidung über seinen Asylantrag.

Amnesty International erhält regelmäßig Berichte über Folter und andere Misshandlungen aus dem Nordkaukasus, vor allem aus Inguschetien und Nordossetien, und hat in den vergangenen Jahren mehrere Fälle dokumentiert. Außerdem wurde im letzten Jahr eine steigende Zahl an außergerichtlichen Hinrichtungen und Folter gemeldet. Diese Menschenrechtsverletzungen werden häufig mit sogenannten Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung der Strafverfolgungsbehörden im Nordkaukasus in Verbindung gebracht. Amnesty International hat wiederholt Berichte erhalten, dass im Nordkaukasus willkürlich Personen ins Visier genommen und der Zugehörigkeit zu illegalen bewaffneten Gruppen verdächtigt werden. Dazu wird glaubhaft berichtet, dass die Beweise gegen die Verdächtigen überwiegend oder komplett auf erzwungenen oder unter Folter abgelegten "Geständnissen" oder "Zeugenaussagen" basieren. Solche "Geständnisse" oder "Zeugenaussagen" werden Berichten zufolge häufig eingesetzt, um Personen wegen Straftaten in Verbindung mit den Aktivitäten bewaffneter Gruppen oder anderer Straftaten zu verurteilen.

Am 20. Februar sagte die damalige Justizministerin gegenüber Amnesty International, dass die Entscheidung zu Aslan Yandievs Auslieferung auf einer diplomatischen Zusicherung der Russischen Föderation beruhe. Basierend auf Recherchen von Amnesty International können diplomatische Zusicherungen von Ländern, in denen Folter ein andauerndes Problem ist oder in denen bestimmte Personengruppen regelmäßig der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind, nicht als wirksame Schutzmaßnahme gegen solche Misshandlungen gelten. Sie sind nicht verlässlich und wirkungslos. Diplomatische Zusicherungen von einigen Staaten sind daher keine wirksame Schutzmaßnahme vor Folter und anderen Misshandlungen nach der Auslieferung.