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Russland: Oppositionspolitiker muss freigelassen werden!
Kritisierte den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Der russische Kommunalpolitiker Aleksei Gorinov (Alexej Gorinow), hier vor einem Moskauer Gericht im Juli 2022.
© AFP via Getty Images
+++ Update: 29. November 2024: Aleksei Gorinov ist wegen "Rechtfertigung von Terrorismus" zu weiteren drei Jahren Haft verurteilt worden. +++
Die russischen Behörden halten den lokalen Oppositionspolitiker Aleksei Gorinov weiter in Haft wegen seiner kritischen Ansichten zum Vorgehen des russischen Militärs in der Ukraine. Zwei Jahre nach seiner willkürlichen Verurteilung auf Grundlage der Kriegszensurgesetze steht Aleksei Gorinov ein neuer Prozess wegen "Rechtfertigung von Terrorismus" bevor, ein weiterer Vorwurf, der in Russland dazu verwendet wird, abweichende Meinungen zu unterdrücken. Seine Gesundheit ist angeschlagen.
Bitte setzt euch für Aleksei Gorinov ein!
Hier kannst du deinen Brief ausdrucken, um ihn per Post oder Fax an die Behörden zu senden, oder ihn direkt über dein eigenes E-Mail-Programm verschicken.
Du hast Probleme beim Ausdrucken des Briefes? Dann klicke bitte hier.
Achtung: Bitte prüfe bei der Deutschen Post ob die Briefzustellung in das Zielland ungehindert möglich ist.
Appell an
Generalstaatswalt der Russischen Föderation
Office of the Prosecutor General
Igor Viktorovich Krasnov
Prosecutor General of the Russian Federation
15a Bolshaya Dmitrovka Street
Moskow, 125993
RUSSISCHE FÖDERATION
Sende eine Kopie an
Botschaft der Russischen Föderation
S. E. Herrn Sergej J. Netschajew
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anklagen gegen Aleksei Gorinov fallen zu lassen, seine Verurteilung aufzuheben und ihn unverzüglich und bedingungslos freizulassen.
- Außerdem fordere ich Sie auf, die Anwendung der Kriegszensurgesetze und der Anti-Terror- und Anti-Extremismus-Gesetze zu überdenken, da sie dazu verwendet werden, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zu verletzen.
- Russland muss unbedingt seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachkommen und Personen freilassen, die nur deshalb inhaftiert sind, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben.
Sachlage
Es besteht große Sorge um Aleksei Gorinov, einen ehemaligen Stadtrat im Moskauer Bezirk Krasnoselskij, der aktuell eine siebenjährige Haftstrafe verbüßt und dem nun eine weitere Anklage allein wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung droht.
Aleksei Gorinov wurde im Juli 2022 festgenommen und unter dem Paragrafen 207.3 des russischen Strafgesetzbuchs verurteilt, weil er den russischen Überfall auf die Ukraine als "Krieg" bezeichnete und darauf hinwies, dass dabei Kinder sterben. Seine Inhaftierung nach den "Kriegszensurgesetzen" (Paragrafen 207.3 und 280.3 des Strafgesetzbuchs) zeigt einmal mehr die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Kriminalisierung abweichender Meinungen in Russland.
Darüber hinaus wurde Aleksei Gorinov in seiner Haftzeit der "Rechtfertigung von Terrorismus" beschuldigt, weil er einem anderen Gefangenen seine Ansichten über den Krieg mitgeteilt hatte. Amnesty International kritisiert, dass die bloße Äußerung seiner Meinung, die niemandem geschadet hat, zu schweren Anschuldigungen führte, die eine längere Haftstrafe nach sich ziehen und Aleksei Gorinovs Rechte weiter verletzen könnten.
Außerdem hat sich auch der Gesundheitszustand von Aleksei Gorinov in der Haft beträchtlich verschlechtert. Er wurde wiederholt wegen geringfügiger Verstöße in eine Strafzelle verlegt. Auch wurde ihm eine angemessene medizinische Versorgung verweigert, obwohl er unter Atemproblemen leidet, die durch eine frühere Lungenoperation verschlimmert wurden.
Hintergrundinformation
Aleksei Gorinov war die erste Person, die wegen der Verbreitung "falscher Informationen" über die russischen Streitkräfte (Paragraf 207.3 des Strafgesetzbuchs) zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, weil er den "militärischen Sondereinsatz" in der Ukraine als "Krieg" bezeichnet und gesagt hatte, dass dabei Kinder sterben. Am 8. Juli 2022 verurteilte das Bezirksgericht Meschtschanskij den Stadtrat des Moskauer Bezirks Krasnoselskij zu sieben Jahren Gefängnis. Das Urteil gegen Alexej Gorinow beruhte auf Bemerkungen, die er bei einer Ratssitzung am 15. März 2022 über den russischen Angriff gegen die Ukraine gemacht hatte. Er sprach damals über den Tod ukrainischer Kinder aufgrund des Krieges, den die russischen Behörden nach wie vor als "militärischen Sondereinsatz" bezeichnen. Dabei übte er sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus.
Während seiner Inhaftierung wurde Aleksei Gorinov wegen angeblicher Verstöße gegen die Gefängnisvorschriften wiederholt in eine Strafzelle verlegt, die als SHIZO bezeichnet wird. In der Haft erkrankte er auch an Atemproblemen, die dadurch verschlimmert werden, dass ihm einige Jahre vor der Inhaftierung ein Teil der Lunge entfernt wurde. Die Gefängnisbehörden verweigerten ihm dennoch eine angemessene medizinische Versorgung und zwangen ihn stattdessen, draußen Schnee zu räumen.
Am 9. Dezember 2023 richteten mehr als 240 Angehörige medizinischer Berufe einen offenen Brief an Präsident Wladimir Putin, in dem sie ihre Besorgnis über den Gesundheitszustand von Aleksei Gorinov zum Ausdruck brachten und forderten, ihm die notwendige medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Später im Dezember wurde er in ein Gefängniskrankenhaus verlegt und dort mehr als drei Monate festgehalten.
Im April 2024, nachdem er aus dem Gefängniskrankenhaus in eine Strafkolonie in Wladimir zurückgeschickt worden war, berichtete Aleksei Gorinov, dass die Gefängnisbehörden ihn unter Selbstmord- und Selbstverletzungsüberwachung gestellt hatten. In einer Botschaft versicherte Gorinov, dass er "niemals freiwillig sein Leben beenden würde", da er "das Leben als ein Geschenk des Universums" betrachte. Er betonte außerdem, dass er noch Pläne und wichtige Dinge zu erledigen habe, und beendete seine Botschaft mit den Worten: "Bitte merken Sie sich das, falls mir plötzlich etwas zustoßen sollte." Außerdem hat Aleksei Gorinov sich in einer Beschwerde an das Gericht darüber beklagt, dass das Gefängnispersonal ihn nachts aufweckte und versuchte, ihn unter Druck zu setzen. Nach seiner Verlegung in das Untersuchungsgefängnis in Wladimir Ende April wurde er nachts nicht mehr belästigt.
Am 13. September 2023 leiteten die russischen Behörden ein neues Ermittlungsverfahren gegen Aleksei Gorinov ein. Darin wird er der "Rechtfertigung von Terrorismus" beschuldigt, weil er über einen angeblichen ukrainischen Angriff auf eine Brücke auf der Krim und das Asow-Regiment der ukrainischen Streitkräfte – das in Russland zu einer "terroristischen Organisation" erklärt wurde – gesprochen hat. Die ersten Anhörungen zu dieser Anklage werden voraussichtlich am 19. November 2024 beginnen.
Die im März 2022 eingeführten russischen Kriegszensurgesetze kriminalisieren Kritik an dem russischen Angriff gegen die Ukraine und an mutmaßlichen Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte als "Falschdarstellung" und "Diskreditierung" der russischen Streitkräfte (Paragrafen 207.3 und 280.3 des Strafgesetzbuchs), worauf eine Höchststrafe von 15 Jahren Haft steht. Im Oktober 2024 teilte Amnesty International den russischen Behörden mit, dass die Organisation weltweit 330.000 Unterschriften gesammelt hat, mit denen sie die russischen Behörden auffordert, ihre Kriegszensurgesetze aufzuheben und alle Personen freizulassen, die nur wegen ihrer Kritik am Krieg in der Ukraine inhaftiert sind.
Im Februar 2024 dokumentierte Amnesty International die beunruhigende Eskalation des Missbrauchs vager Anti-Terrorismus- und Anti-Extremismus-Gesetze in Russland seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Hunderte Personen wurden unter dem Vorwurf der "Rechtfertigung von Terrorismus" verurteilt, weil sie lediglich über bestimmte Handlungen oder Organisationen, die von den russischen Behörden willkürlich als "terroristisch" eingestuft wurden, gesprochen oder ihre Sympathie dafür bekundet hatten. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine reichten Sympathiebekundungen für die Ukraine – wie etwa Freude über militärische Erfolge oder Unterstützung der aus russischen Freiwilligen bestehenden ukrainischen Militäreinheiten – aus, um unter diesem Vorwurf strafrechtlich verfolgt zu werden. Amnesty International fordert Russland auf, seine Anti-Terrorismus- und Anti-Extremismus-Gesetze zu überprüfen, sie mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Russlands in Einklang zu bringen und sicherzustellen, dass sie nicht dazu verwendet werden können, friedlichen Dissens zu kriminalisieren und zu verfolgen oder anderweitig die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung sowie andere Menschenrechte zu verletzen. Außerdem fordert Amnesty die russischen Behörden auf, alle Personen, die aufgrund unbegründeter Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus und Extremismus verurteilt wurden oder strafrechtlich verfolgt werden, unverzüglich freizusprechen und die Anklagen gegen sie fallen zu lassen, sofern sie nicht wegen einer international anerkannten Straftat angeklagt sind.