Zeuge Jehovas muss freigelassen werden

Diese Urgent Action ist beendet.

Der dänische Zeuge Jehovas Dennis Christensen befindet sich in Russland weiterhin in Haft. Sein Antrag auf eine Strafmilderung wurde abgelehnt. Seine Haftstrafe endet im Mai 2022. In Haft erhält Dennis Christensen keine angemessene medizinische Versorgung und ist Schikanen und willkürlichen Verweisen ausgesetzt. Im März erklärte ein Regionalgericht zahlreiche dieser Verweise für unbegründet. Im Juni wurde Dennis Christensen endlich in eine andere Strafkolonie verlegt, wo er medizinisch untersucht werden soll. Dennis Christensen ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der allein wegen seines Glaubens strafrechtlich verfolgt wird. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Dennis Christensen in Russland

Der dänische Zeuge Jehovas Dennis Christensen

Am 23. Juni findet vor dem Bezirksgericht in Lgow eine Anhörung zum Bewährungsantrag von Dennis Christensen statt. Der in Russland lebende dänische Staatsangehörige wurde 2017 festgenommen und wegen der friedlichen Ausübung seiner Religion vor Gericht gestellt. Wird dem Bewährungsantrag nicht stattgegeben, muss er bis Mai 2022 in Haft bleiben. Dennis Christensen ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der allein wegen seines Glaubens strafrechtlich verfolgt wurde.

Appell an

STAATSANWALT DER REGION KURSK

Aleksey Nikolaevich Tsukanov

Prosecutor’s Office of Kursk Region

Ul. Lenina, 21

Kursk, 305000

RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION

S. E. Herrn Sergei Nechaev

Unter den Linden 63-65

10117 Berlin

Fax: 030 – 2299 397

E-Mail: info@russische-botschaft.de

 

Amnesty fordert:

  • Bitte nutzen Sie die Gelegenheit der Bewährungsverhandlung um in ihrer Behörde alle notwendigen Schritte einzuleiten, damit Dennis Christensen umgehend freigelassen werden kann.

Sachlage

Dennis Christensen verbüßt seine Haftstrafe in der Strafkolonie IK-3 in Kursk im Westen von Russland. Für den 23. Juni ist am Bezirksgericht in Lgow die Anhörung zu seinem Antrag auf Freilassung auf Bewährung angesetzt.

Dennis Christensen ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden, da er nur aufgrund der Ausübung seiner Religion inhaftiert ist. Der Gesundheitszustand des Dänen hat sich in der Haft erheblich verschlechtert. Er hat sich von einer Lungenentzündung, die er Ende 2019 bekam, nicht ganz erholt. Eine Infektion mit COVID-19 würde ihn in besonderem Maße gefährden.

In April forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte alle Staaten auf, die politischen Gefangenen sowie diejenigen freizulassen, die bei einer Infektion mit COVID-19 besonders gefährdet wären.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Zeugen Jehovas sind seit 2009 in Russland mit strafrechtlicher Verfolgung und Schikanen konfrontiert. Damals verbot ein Gericht in der Region Rostow in Südrussland die örtliche Gemeinschaft von Zeugen Jehovas und erklärte 34 ihrer Veröffentlichungen zu "extremistischen" Schriften. In den darauffolgenden Jahren wurden mehrere Gemeinschaften der Zeugen Jehovas in ganz Russland von örtlichen Gerichten als "extremistisch" eingestuft. Die jeweiligen Urteile stützten sich auf die ungenaue Definition von "Extremismus" im russischen Gesetz. Das vage Extremismusgesetz wurde zunehmend auf ebenso ungenaue Weise auf politische, aber auch religiöse und andere Formen des Dissenses angewendet. Im April 2017 ordnete der Oberste Gerichtshof in Russland die Schließung der Zentrale von Zeugen Jehovas in Russland, die Einstellung ihrer Aktivitäten und die Beschlagnahmung ihres Eigentums an. Damit waren auch alle lokalen Gemeinschaften faktisch verboten. Seither werden sämtliche Aktivitäten im Namen lokaler Gemeinschaften der Zeugen Jehovas als kriminell betrachtet.

Dennis Christensen lebt seit mehr als 20 Jahren in Russland. Einen Monat nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2017 wurde er festgenommen. Er war damit der erste Zeuge Jehovas, der nach dem Verbot der Organisation in Russland inhaftiert wurde. Am 6. Februar 2019 verurteilte das Bezirksgericht (Rayon-Gericht) Schelesnodoroschny in der Stadt Orjol Dennis Christensen wegen der "Organisation von Aktivitäten für eine extremistische Gruppierung" (Paragraf 282.2 (1) des russischen Strafgesetzbuchs) zu sechs Jahren Gefängnis. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war er dabei, einen lokalen Gottesdienst zu organisieren. Als Beweis für sein "Verbrechen" wurde angeführt, dass er Spenden sammelte und die Reinigung der von den Gläubigen genutzten Räumlichkeiten organisierte. Am 23. Mai wurde das Urteil gegen Dennis Christensen vom Berufungsgericht (Kray-Gericht) in Orjol bestätigt. Anschließend wurde er in die Strafkolonie IK-3 in der Region Kursk überstellt, die etwa 200 Kilometer von seinem Wohnort Orjol entfernt liegt.

Dort wird Dennis Christensen Berichten zufolge von der Verwaltung der Strafkolonie schikaniert, zum Beispiel mit unbegründeten Verweisen wegen angeblicher Regelverstöße. Seine bisherigen Anträge auf Bewährung oder eine Lockerung seiner Behandlung wurden abgelehnt. Dennis Christensen erhält keine angemessene medizinische Versorgung, obwohl er immer noch an den Folgen einer Lungenentzündung leidet. Die Gefängnisverwaltung hat angeblich seine Krankenakte verloren.

In Juni 2017 reichte Dennis Christensen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen seine Festnahme ein. Das Königreich Dänemark schloss sich der Beschwerde Christensen gegen Russland als Dritte Partei an. Die Beschwerde wurde angenommen.

Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas gab an, dass die Verfolgung ihrer Angehörigen in Russland seit der Verurteilung von Dennis Christensen am 6. Februar 2019 zugenommen habe. Unter dem Vorwurf des "Extremismus" wurden mindestens 346 Strafverfahren gegen Zeug_innen Jehovas eingeleitet, mehr als 170 Mitglieder waren in Untersuchungshaft. Zehn Personen wurden schuldig gesprochen. Mindestens 20 Personen befanden sich am 9. Juni 2020 im Gewahrsam und weitere 22 Personen standen unter Hausarrest. Seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wurden mehr als 927 Wohnungen von Zeug_innen Jehovas durchsucht, darunter 126 im Jahr 2020 – auch während der Covid-19-Pandemie.

Amnesty International betrachtet die Entscheidung der russischen Behörden, die Lehren und Praktiken der Zeugen Jehovas zu kriminalisieren, als willkürliche und diskriminierende Maßnahme und als Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit. Die Glaubensgemeinschaft hat an die Behörden appelliert, die Gerichtsentscheidungen zur Kriminalisierung der Zeugen Jehovas rückgängig zu machen. Sie hat wiederholt betont, dass die russische Gesetzgebung zur Extremismusbekämpfung oft willkürlich angewendet wird, und die Behörden aufgefordert, die einschlägigen Gesetze und Praktiken zu überprüfen und mit den internationalen Normen in Einklang zu bringen. Amnesty International betrachtet Dennis Christensen sowie alle anderen Zeugen Jehovas, die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Religionsfreiheit ihrer Freiheit beraubt werden, als gewaltlose politische Gefangene. Sie müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen und alle Anklagen gegen sie müssen fallengelassen werden.