Wegen friedlichem Protest angeklagt

Diese Urgent Action ist beendet.

Der Aktivist Tin Maung Kyi wurde am 29. März freigelassen, 13 Tage vor offiziellem Ende seiner Haftstrafe. Damit hat er sechs Monate und zwei Tage im Gefängnis verbracht. Grund für die Inhaftierung war eine friedliche und von Tin Maung Kyi allein durchgeführte Protestveranstaltung, mit der er die internationale Gemeinschaft zur Festnahme von hochrangigen Militärangehörigen Myanmars aufrufen wollte.

Myanmar, Landkarte

Myanmar

Der Aktivist Tin Maung Kyi wurde während einer friedlichen Protestveranstaltung, die er allein abhielt, festgenommen. Mit seinem Auftritt wollte er die internationale Gemeinschaft zur Festnahme von hochrangigen Militärangehörigen Myanmars aufrufen. Tin Maung Kyi steht auf der Grundlage verschiedener Gesetze unter Anklage, die häufig genutzt werden, um friedliche Menschenrechtler_innen zum Schweigen zu bringen. Bei einem Schuldspruch droht ihm ein Freiheitsentzug von zwei Jahren und einem Monat. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Lt. Gen. Kyaw Swe

Ministry of Home Affairs

Office No. 10

Nay Pyi Taw

MYANMAR

Sende eine Kopie an

Staatsberaterin
Daw Aung San Suu Kyi
Ministry of Foreign Affairs
Office No. 9
Nay Pyi Taw, MYANMAR

Fax: (00 95) 67 412 396

Botschaft der Republik der Union Myanmar
I. E. Frau Yin Yin Myint
Thielallee 19
14195 Berlin
Fax: 030-2061 5720
E-Mail: info@meberlin.com

 

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Tin Maung Kyi umgehend und bedingungslos frei, da er lediglich wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung inhaftiert ist.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Tin Maung Kyi bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen oder Strafen geschützt wird. Stellen Sie bitte auch sicher, dass er uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl hat, und erforderlichenfalls medizinisch angemessenen versorgt wird.
  • Die Gesetze, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung unrechtmäßig einschränken, sollten abgeändert oder aufgehoben werden, sodass sie den internationalen Menschenrechtsnormen und -standards entsprechen.

Sachlage

Tin Maung Kyi ist Aktivist und ein führendes Mitglied der Organisation Movement for Democracy Current Forces (s. Hintergrundinformationen). Am 28. September rief er mit seiner friedlichen Protestveranstaltung vor dem Rathaus von Yangon (Rangun), der größten Stadt des Landes, die internationale Gemeinschaft dazu auf, Maßnahmen gegen die Generäle Myanmars zu ergreifen. Fünf Tage zuvor hatte er die Behörden über sein Vorhaben informiert. Der Antrag wurde allerdings abgelehnt. Er hielt ein Plakat hoch und rief Parolen, mit denen er forderte, die Regierung des Landes vor den Internationalen Strafgerichtshof zu stellen.

Einige Minuten nach Beginn seiner Protestaktion wurde Tin Maung Kyi von ungefähr zehn Polizist_innen festgenommen und in die nahegelegene Polizeistation in Kyauktada gebracht. Anschließend wurde er auf Grundlage des Paragrafen 505(b) des myanmarischen Strafgesetzbuches und des Paragrafen 20 des Gesetzes über friedliche Versammlungen vor dem Township-Gericht Kyauktada angeklagt. Nach Paragraf 505(b) wird "das Erstellen, die Veröffentlichung oder die Verbreitung von Informationen, welche die Öffentlichkeit in Angst oder Aufruhr versetzen könnten, oder die Personen dazu anstiften könnten, eine Straftat gegen den Staat oder die öffentliche Ruhe zu begehen" mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet. Nach Paragraf 20 werden Verstöße gegen das Gesetz über friedliche Versammlungen mit bis zu einem Monat Freiheitsentzug geahndet. Tin Maung Kyi wird seit seiner Festnahme im Insein-Gefängnis von Yangon gefangen gehalten.

Seine Festnahme fand einen Tag nach der Annahme einer Myanmar-Resolution durch den UN-Menschenrechtsrat statt. Im Rahmen der Resolution soll ein internationaler Mechanismus zur Sammlung und Sicherung von Beweismitteln für vom Militär begangene Gräueltaten geschaffen werden, um Fallakten für die künftige Strafverfolgung anlegen zu können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die gemeindebasierte Organisation Movement for Democracy Current Forces (MDCF) setzt sich für die Einhaltung der Menschenrechte und für Entwicklungsförderung in Myanmar ein. In der Vergangenheit wurden bereits zahlreiche ihrer Mitglieder wegen friedlicher Aktionen festgenommen. Sie verteilten Flugblätter oder veranstalteten friedliche Protestaktionen, auf denen sie die Regierung kritisierten. Im Mai 2014 wurde Tin Maung Kyi und sein MDCF-Kollege Zaw Win festgenommen und angeklagt, nachdem sie in Yangon Flugblätter verteilt hatten, mit denen sie die damalige Regierung zum Rücktritt aufgefordert hatten. Gemäß Paragraf 505(b) des Strafgesetzbuches von Myanmar wurden beide zu je eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Einen Monat vor seiner Freilassung, am 30. Juli 2015, kam Tin Maung Kyi im Rahmen einer Amnestie durch den Präsidenten vorzeitig frei.

Aktivist_innen, Anwält_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen werden in Myanmar nach wie vor willkürlich festgenommen, inhaftiert und strafrechtlich verfolgt, weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrnehmen. Diese Rechte sind in den Artikeln 19 und 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. In Myanmar wird eine Reihe von Gesetzen immer wieder dazu genutzt, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu kriminalisieren, darunter auch Paragraf 505(b) des Strafgesetzbuches und Paragraf 20 des Gesetzes über friedliche Versammlung. Amnesty International fordert die Behörden in Myanmar – und insbesondere das Parlament – dazu auf, alle Gesetze aufzuheben oder abzuändern, welche die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung unrechtmäßig einschränken. Alle Gesetze sollten dabei den internationalen Menschenrechtsnormen und -standards entsprechen.

Seit Jahrzehnten begeht das myanmarische Militär schwerste Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverbrechen, insbesondere gegen ethnische Minderheiten im Land. Dass solche Verbrechen fast nie untersucht werden und die Täter_innen im seltensten Fall vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden, schafft im Land ein Klima der Straflosigkeit. Stattdessen riskieren diejenigen, die über militärische Verstöße berichten oder sich zu ihnen äußern, Festnahmen und Inhaftierung und sind oft mit Drohungen und Einschüchterungen konfrontiert, auch am Arbeitsplatz.

Im August veröffentlichte die UN-Erkundungsmission einen Bericht über ihren Besuch in Myanmar. Darin kommen sie zu dem Schluss, dass das Militär Myanmars die schwersten Verbrechen nach dem Völkerrecht in den Staaten Rakhine, Kachin und Shan begangen hat, und forderte, dass gegen hohe Militärangehörige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord Ermittlungen eingeleitet werden. Die UN-Erkundungsmission forderte den UN-Sicherheitsrat auf, die Situation in Myanmar an den Internationalen Strafgerichtshof zu verweisen, damit die Verantwortlichen für die Verbrechen unter dem Völkerrecht ermittelt und vor Gericht gestellt werden können. Bisher ist jedoch noch keine Verweisung erfolgt.