Jemen: Journalisten über die Strafe hinaus in Haft

Der jemenitische Journalist Mohammad al-Salahi
© privat
Die Journalisten Mohammed al-Salahi und Mohammed al-Junaid werden weiterhin von den De-facto-Behörden der Huthi im Haftzentrum des Sicherheits- und Nachrichtendienstes in Hodeidah festgehalten, obwohl ihre Haftstrafen am 20. Juni 2022 bzw. am 13. Juli 2022 endeten. Seit ihrer Festnahme im Jahr 2018 waren die Journalisten einer Reihe schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter dem Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen wie Prügel und die Verweigerung des Zugangs zu ihrem Rechtsbeistand.
Setzt euch für Mohammed al-Junaid und Mohammed al-Salahi ein!
Hier kannst du deinen Brief ausdrucken, um ihn per Post oder Fax an die Behörden zu senden, oder ihn direkt über dein eigenes E-Mail-Programm verschicken.
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Appell an
Sprecher der Huthi und ANSARULLAH-Vertreter bei den Friedensgesprächen
Mohamed Abdelsalam
keine Postadresse
E-Mail: mdabdalsalam@gmail.com
oder
Twitter: @abdusalamsalah
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Jemen
S. E. Herrn Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi
Schmidt-Ott-Str. 7
12165 Berlin
Fax: 030 – 89 73 05 62
E-Mail: info@botschaft-jemen.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere die Huthi-de-Facto-Behörden höflich und mit Nachdruck auf, Mohammed al-Junaid und Mohammed al-Salahi umgehend und bedingungslos freizulassen.
- Bis zu ihrer seit langem überfälligen Freilassung müssen die Journalisten vor Folter und anderer Misshandlung geschützt werden.
- Bitte führen Sie außerdem unverzüglich eine wirksame und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe von Mohammed al-Salahi durch, und stellen Sie die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht.
Sachlage
Mohammed al-Salahi und Mohammed al-Junaid waren im Oktober bzw. November 2018 von Sicherheits- und Geheimdienstkräften der Huthi in Hodeidah willkürlich festgenommen worden. Mohammed al-Salahi war nach seiner Festnahme fünf Monate lang verschwunden. Nach Angaben seines Rechtsbeistands wurde er während der Verhöre schwer geschlagen. So hängten ihn Angehörige der Sicherheitskräfte in Handschellen an der Decke auf und schlugen ihn auf die Hoden. Die Verhöre erstreckten sich über einen Zeitraum von zwei Monaten und dauerten täglich fünf bis sechs Stunden. Mohammed al-Salahi wurden die Augen verbunden und er wurde gezwungen, ein von den Sicherheitskräften verfasstes "Geständnis" zu unterschreiben. Obwohl er vor der Staatsanwaltschaft die unter Folter gemachten "Geständnisse" wiederrief, unterließ es der Staatsanwalt, den erhobenen Foltervorwürfen nachzugehen, und ließ die unter Zwang erlangten Aussagen im Verfahren zu.
Am 18. Dezember 2018 erhob die Sonderstaatsanwaltschaft in Hodeidah Anklage gegen Mohammed al-Junaid und Mohammed al-Salahi wegen "Kommunikation mit Personen, die für die Interessen des Feindes arbeiten" und "Austausch von Informationen über militärische Einrichtungen". Am 28. Juni 2022 verurteilte das Gericht Mohammed al-Salahi und Mohammed al-Junaid in einem Geheimverfahren wegen Spionage und Unterstützung der "saudischen und emiratischen Aggression" zu jeweils drei Jahren und acht Monaten Haft. Sie hätten am 20. Juni 2022 bzw. 13. Juli 2022 freigelassen werden müssen.
Während der gesamten bisherigen Haft von Mohammed al-Salahi und Mohammed al-Junaid durfte ihr Rechtsbeistand sie nur einmal im November 2019 treffen und nur einmal am 18. Dezember 2019 ihrem Verfahren vor der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Sana'a beiwohnen.
Hintergrundinformation
Alle Konfliktparteien im Jemen – einschließlich der bewaffneten Huthi-Gruppierungen, der jemenitischen Regierung, der von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführten Koalition sowie der jemenitischen Streitkräfte, die von den VAE unterstützt werden – haben Menschenrechtsverletzungen begangen; darunter willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren.
In den vergangenen acht Jahren hat Amnesty International die Fälle von mindestens 75 Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Akademiker*innen und anderen Personen, die als Oppositionelle oder Kritiker*innen wahrgenommen wurden, dokumentiert, die von den De-facto-Behörden der bewaffneten Gruppe der Huthi willkürlich festgenommen, gefoltert und anderweitig misshandelt wurden. Auch Fälle von Verschwindenlassen oder Verurteilungen in unfairen Gerichtsverfahren unter Anwendung der Todesstrafe erfasste die Menschenrechtsorganisation. Alle 75 wurden wegen ihrer Arbeit als Journalist*innen oder wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und Glaubensfreiheit, angegriffen.
Im Januar 2022 ließen die De-facto-Behörden der Huthi mindestens sechs Radiosender in Sana'a stürmen. Die Einsatzkräfte führten Razzien durch und schlossen die Sendeanstalten. Der Eigentümer des Radiosenders Sawt al-Yemen legte vor dem Gericht für Journalismus und Verlagswesen in Sana'a Einspruch gegen die Schließung ein und erwirkte im Juli einen Gerichtsbeschluss zugunsten der Wiedereröffnung seines Senders. Doch am 11. Juli führten die Sicherheitskräfte eine Razzia gegen den Sender durch, schlossen ihn und beschlagnahmten die Sendegeräte.
Die Haftbedingungen in Gefängnissen und sonstigen Haftanstalten der Huthi begünstigten die Ausbreitung des Coronavirus. Die Gefangenen wurden durch massive Überbelegung der Zellen und unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung, Nahrung, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen hohen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Niemand ergriff Maßnahmen zum Schutz der Gefangenen und um die Ausbreitung des Virus in den Gefängnissen durch die Bereitstellung von Masken oder anderen Hygieneprodukten einzudämmen.
Auch die international anerkannte jemenitische Regierung schikaniert, bedroht und inhaftiert Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und andere Aktivist*innen willkürlich. Im Jahr 2022 hat Amnesty International die Fälle von drei Journalist*innen dokumentiert, die von den Justizbehörden der international anerkannten Regierung des Jemen in Taiz und Hadramout verfolgt worden waren, weil sie kritische Inhalte über Beamte und öffentliche Einrichtungen veröffentlicht hatten.
Bereits in der Vergangenheit waren die Streitkräfte der VAE und die mit der jemenitischen Regierung verbündeten bewaffneten Gruppen im Südjemen verantwortlich für willkürliche Festnahmen und Verschwindenlassen. Im Mai 2018 dokumentierte Amnesty International die Inhaftierung von 51 Männern zwischen März 2016 und Mai 2018 in einem Netzwerk von geheimen Gefängnissen, die von Truppen der VAE und des Jemen kontrolliert werden, welche außerhalb der Kontrolle der jemenitischen Regierung agieren.