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Israel: Sorge um Gesundheit von palästinensischem Häftling
© Amnesty International
Ahmad Manasra befindet sich seit Anfang November 2021 in einem südisraelischen Gefängnis in Einzelhaft. Der Palästinenser aus Ostjerusalem wurde 2015 als 13-Jähriger festgenommen. Er wurde misshandelt und ihm wurde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verweigert. Er hat in der Haft eine schwere psychische Erkrankung entwickelt, die sich während der langen Einzelhaft weiter verschlimmert hat. Im Sommer 2022 lehnte ein Gericht seine Anträge auf Verlegung aus der Einzelhaft und auf Freilassung auf Bewährung ab. Nach Ansicht unabhängiger Psychiater*innen wird seine fortgesetzte Inhaftierung zu "irreparablen Schäden" führen.
Appell an
Prime Minister Yair Lapid
Prime Minister’s Office
Kiryat Ben Gurion, Building C
Jerusalem 91950, ISRAEL
Sende eine Kopie an
Botschaft des Staates Israel
S.E. Herr Ron Prosor
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 – 8904-5555
E-Mail: botschaft@israel.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie auf, für die Freilassung von Ahmad Manasra und die Bereitstellung von gemeindenahen Gesundheits- und Sozialleistungen zu sorgen.
- Stellen Sie bitte sicher, dass er bis zu seiner Freilassung unverzüglich aus der Einzelhaft entlassen und von Gesundheitspersonal versorgt wird, welches ihn entsprechend der Medizinethik behandelt und die Grundsätze der Vertraulichkeit, Patientenautonomie und Einwilligung nach Aufklärung einhält.
- Ich fordere Sie außerdem auf, umgehend gründliche, unparteiische und wirksame Ermittlungen zu Ahmad Manasras Vorwürfen der Folter und anderen Misshandlungen einzuleiten.
Sachlage
Der 20-jährige Palästinenser Ahmad Manasra ist im Eshel-Gefängnis in der Nähe von Be’er Scheva im Süden Israels inhaftiert. Es gibt Belege, die zeigen, dass Ahmad Manasra bei der Vernehmung nach seiner Festnahme im Jahr 2015 (er war damals 13 Jahre alt und damit unter dem vom Völkerrecht empfohlenen Mindestalter für die Strafmündigkeit) misshandelt und ohne die Anwesenheit eines Rechtsbeistands oder seiner Eltern verhört wurde. Dies stellt einen Verstoß gegen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und internationale Standards für faire Gerichtsverfahren dar.
Ahmad Manasra leidet unter einer schweren psychischen Erkrankung. Am 24. Oktober 2021 wurde bei ihm von einem unabhängigen israelischen Psychologen der Physicians for Human Rights - Israel (PHRI) eine schwere psychische Erkrankung – Schizophrenie, Psychose und schwere Depression – diagnostiziert, die er seit seiner Inhaftierung entwickelt hat. Etwa zehn Tage nach dieser Diagnose verhängte die israelische Gefängnisbehörde Einzelhaft gegen ihn, die bis heute andauert. Am 13. April 2022 veröffentlichten die PHRI die Einschätzung einiger ihrer Psychiater*innen, dass Ahmad Manasras weitere Inhaftierung – insbesondere die Einzelhaft – seine Gesundheit akut gefährde und zu "irreparablen Schäden" führen würde. Trotzdem verlängerte die israelische Gefängnisbehörde die Einzelhaft am 17. April 2022 um weitere sechs Monate, also bis 16. Oktober. Am 13. Juni 2022 wurde Ahmad Manasra vom Gefängnisarzt in ein Gefängniskrankenhaus eingeliefert, nachdem sich sein psychischer Zustand lebensbedrohlich verschlechtert hatte. Nachdem er am 19. Juli wieder aus dem Gefängniskrankenhaus entlassen wurde, wurde er sofort wieder in Einzelhaft genommen. Die gegen ihn verhängte Isolationshaft von mehr als 15 Tagen stellt einen Verstoß gegen das absolute Folterverbot dar.
Ahmad Manasra hat inzwischen fast sieben Jahre seiner zwölfjährigen Haftstrafe verbüßt. Damit kommt er nach israelischem Recht für eine Freilassung auf Bewährung in Frage. Doch im Sommer 2022 lehnte ein Gericht seine Anträge auf Verlegung aus der Einzelhaft und auf Freilassung auf Bewährung ab. Am 1. September 2022 verhandelte das Bezirksgericht in Be’er Scheva den jüngsten Antrag von Ahmad Manasra auf vorzeitige Freilassung aus medizinischen Gründen. Auch dieser Antrag wurde zurückgewiesen.
Hintergrundinformation
Das Festhalten von Personen in Einzelhaft, die länger als 15 Tage dauert, verstößt gegen das absolute Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Die psychische Erkrankung von Ahmad Manasra, die sich durch die Haftbedingungen weiter verschlimmert hat, ist sowohl ein dringendes menschenrechtliches Problem als auch ein medizinischer Notfall. Dennoch hält die israelische Gefängnisbehörde ihn weiterhin in Isolationshaft.
Ahmad Manasra war 13 Jahre alt, als er 2015 im Zusammenhang mit einem Messerangriff im Jerusalemer Stadtteil Pisgat Ze'ev festgenommen wurde, bei dem ein junger Israeli schwer verletzt und ein Jugendlicher im Alter von 13 Jahren lebensbedrohlich verletzt wurden. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme hatte Ahmad Manasra das Mindestalter für strafrechtliche Verantwortlichkeit noch nicht erreicht, das im Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Allgemeine Bemerkung Nr. 24) empfohlen wird. Damals war nach dem israelischen Jugendschutzgesetz eine Inhaftierung von Jugendlichen unter 14 Jahren nicht zulässig, und das Gerichtsverfahren wurde verschoben, bis er 14 Jahre alt war. Einen Monat nach der Festnahme von Ahmad Manasra im November 2015 wurde das Filmmaterial veröffentlicht, das während einem Verhör aufgenommen worden war. Das zehnminütige Video, das von Amnesty International eingesehen wurde, zeigt, wie er von drei Männern ohne das Beisein eines Rechtsbeistands oder seiner Eltern verhört wird. Dies verstößt gegen internationale Standards. Er wirkt zunehmend verzweifelt, als seine Vernehmer ihn immer wieder anschreien, beleidigen und bedrohen. Dieses Video belegt, dass die Rechte von Ahmad Manasra als Kind und als Gefangener mehrfach verletzt wurden. Nach Kenntnis von Amnesty International gab es bisher keine Untersuchungen zum damaligen Verhalten der Polizei- und Sicherheitsbeamten. 2016 wurde Ahmad Manasra wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Haftzeit wurde vom Obersten Gerichtshof im August 2017 auf neuneinhalb Jahre reduziert.