Gefängnisstrafen bestätigt

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 17. Februar ließen die Behörden der irakischen Region Kurdistan Guhdar Zebari nach mehr als drei Jahren willkürlicher Inhaftierung frei. Der kritische Journalist war im Oktober 2020 zusammen mit vier weiteren Journalisten und Aktivisten festgenommen und in einem grob unfairen Verfahren zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Prozess war von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt. Guhdar Zebari sollte bereits im August 2023 freigelassen werden, nachdem seine Strafe umgewandelt worden war. Doch mit Hilfe neuer falscher Anschuldigungen wurde er zu weiteren sechs Monaten Haft verurteilt.

Gelbes Schild mit Text

Appell an

Vertreter der Regionalregierung Kurdistan-Irak

Dr. Dindar Zebari


KRG Coordinator Office for International Advocacy

Erbil

IRAK


 

Sende eine Kopie an

Vertretung der Regionalregierung Kurdistan-Irak

in Österreich


Canovagasse 7 / Top 6

1010 Wien

ÖSTERREICH

Fax: (00 43) 1 505 02 07-40

E-Mail: representation@at.gov.krd

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari, Hariwan Issa, Ayaz Karam und Shvan Saeed bitte umgehend und bedingungslos frei und sorgen Sie dafür, dass ihre ungerechtfertigte Verurteilung aufgehoben wird.
  • Sorgen Sie bitte auch für eine sofortige und zielführende Untersuchung der Folter- und Misshandlungsvorwürfe, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und den Betroffenen einen Rechtsbehelf zu ermöglichen.
  • Sorgen Sie zudem dafür, dass die fünf Männer bis zu ihrer Freilassung Zugang zu qualifiziertem Gesundheitspersonal erhalten, welches sie entsprechend der medizinischen Ethik versorgt und die Grundsätze der Vertraulichkeit, der Patientenautonomie und der Einwilligung nach Aufklärung einhält. Außerdem müssen sie Zugang zu ihren Rechtsbeiständen und Familienangehörigen haben.

Sachlage

Am 28. April hielt das Berufungsgericht die sechsjährigen Gefängnisstrafen für die Aktivisten und Journalisten Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari, Hariwan Issa, Ayaz Karam und Shvan Saeed aufrecht. Im Urteil wies das Gericht die Folter- und Misshandlungsvorwürfe der Angeklagten aus Mangel an Beweisen zurück. Gleichzeitig bestätigte es die folgenden Anklagen gegen die Männer: "Erhalt von Geldern des US-amerikanischen und des deutschen Konsulats", "Senden sensibler Informationen an ausländische Institutionen" und "Zusammenarbeit mit der Kurdische Arbeiterpartei (PKK)".

Am 16. Februar hatte das Zweite Strafgericht von Erbil Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari, Ayaz Karan, Hariwan Issa und Shvan Saeed zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Prozess entsprach bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Es wurden schwere Folter- und Misshandlungsvorwürfe erhoben und die Anklage war allem Anschein nach konstruiert. Seit ihrer Verurteilung waren die Journalisten im Hungerstreik, um gegen ihre Haftbedingungen zu protestieren. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge werden Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari, Hariwan Issa, Ayaz Karan und Shvan Saeed zusammen mit mehr als 100 Gefangenen in überbelegten Zellen festgehalten, in denen es nicht genug Platz zum Stehen, Herumlaufen und Schlafen gibt. Alle fünf Aktivisten und Journalisten waren während unterschiedlicher Zeiträume Opfer des Verschwindenlassens, manche von ihnen über drei Monate lang.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge durchsuchten Angehörige der unter dem Namen Asayish bekannten kurdischen Sicherheitskräfte das Zuhause bzw. den Arbeitsplatz der fünf Männer. Daraufhin wurden die Aktivisten und Journalisten festgenommen, in manchen Fällen mit Gewalt. Guhdar Zebari wurde gewaltsam aus dem Bett geholt und man legte ihm eine Augenbinde und Handschellen an, ohne auch nur einen Haftbefehl vorzulegen. Im Fall von Sherwan Sherwani umstellten Angehörige der Asayish und der Lokalpolizei am 7. Oktober 2020 um ca. 16.30 Uhr sein Haus in Erbil mit sechs Polizeifahrzeugen. Seine Familienangehörigen wurden in einem Zimmer festgehalten, während die Sicherheitskräfte das Haus durchsuchten und elektronische Geräte beschlagnahmten, darunter sein Laptop, seine Kamera, sein Telefon und einige Dokumente. Schließlich legten sie Sherwan Sherwani Handschellen an und zerrten ihn mit vorgehaltener Pistole aus dem Haus.

Amnesty International liegt eine Abschrift des Urteils vor, in dem es heißt, dass alle fünf Männer auf der Grundlage des vom des Parlaments der irakischen Region Kurdistan erlassenen Gesetzes Nr. 21/2003 (Paragraf 1) sowie auf der Grundlage der Paragrafen 47, 48 und 49 des irakischen Strafgesetzbuchs zu Haftstrafen verurteilt wurden. Sie wurden zudem zu fünf Jahren polizeilicher Überwachung im Anschluss an ihre Gefängnisstrafe verurteilt. Ihre Mobiltelefone, Laptops und Kameras wurden beschlagnahmt. Nach der Verurteilung der fünf Männer stellte das Gericht einen Haftbefehl für Ayhan Saeed aus, den Bruder von Shvan Saeed. Auch der Journalist Difaa Harki und der Aktivist Qaidar Hussein werden per Haftbefehl gesucht. In allen drei Haftbefehlen werden Vorwürfe in Verbindung mit der nationalen Sicherheit unter dem Gesetz Nr. 21 erwähnt.

Amnesty International hat bereits in der Vergangenheit dokumentiert, wie in der irakischen Region Kurdistan und speziell im Gouvernement Dahuk Protestierende massenhaft und vorbeugend festgenommen bzw. gewaltsam angegriffen wurden. Im Januar 2020 nahmen Angehörige der Asayish im Gouvernement Dahuk Zehntausende Protestierende, Aktivist_innen, Journalist_innen sowie Personen fest, die Protesten lediglich als Passant_innen beigewohnt hatten. In der Nähe von Baadre im Gouvernement Dahuk wurden ein Journalist und zwei Online-Aktivist_innen festgenommen, die laut ihren Familienangehörigen auf dem Weg zu einer friedlichen Versammlung in Dohuk waren.

Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari, Hariwan Issa, Ayaz Karan und Shvan Saeed wurden im Oktober 2020 von den kurdischen Sicherheitskräften, auch bekannt als Asayish, festgenommen und beschuldigt, "Spione zu sein" und "die nationale Sicherheit zu destabilisieren". In den Fallakten zu Sherwan Sherwani, die dem Rechtsbeistand der Männer vorgelegt wurden, wurde der Spionagevorwurf gegen den Journalisten mit dessen Aktivismus begründet sowie mit der Tatsache, dass er Journalismustrainings im Ausland besucht hatte. In die Fallakten der anderen vier Männer erhielt der Rechtsbeistand keine Einsicht.

Der Ministerpräsident der kurdischen Regionalregierung Masrour Barzani gab an, die fünf Angeklagten seien Spione und Saboteure, die mit ausländischen Regierungen zusammenarbeiteten, um Terroranschläge zu planen. Der Vertreter der Regionalregierung Kurdistan-Irak Dr. Zebari bestritt, dass die Männer aufgrund ihrer journalistischen Arbeit verurteilt wurden.