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Indonesien: Wegen Kritik an Arbeitgeber angeklagt
© Amnesty International
Am 26. August 2024 wurde Septia Dwi Pertiwi unter dem Vorwurf der Verleumdung festgenommen. Die ehemalige Angestellte eines Steuer- und Buchhaltungsunternehmens hatte ihren Arbeitgeber in den Sozialen Medien wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und Verletzung von Arbeitsrechten kritisiert. Daraufhin war sie von einem Mitbesitzer des Unternehmens angezeigt worden. Septia Dwi Pertiwi wurde kürzlich 25 Tage lang im Pondok-Bambu-Haftzentrum in Jakarta festgehalten und befindet sich nun wieder auf freiem Fuß, darf allerdings bis zum 30. November die Stadt nicht verlassen.
Bitte setzt euch für Septia Dwi Pertiwi ein.
Hier kannst du deinen Brief ausdrucken, um ihn per Post oder Fax an die Behörden zu senden, oder ihn direkt über dein eigenes E-Mail-Programm verschicken.
Du hast Probleme beim Ausdrucken des Briefes? Dann klicke bitte hier.
Achtung: Bitte prüfe bei der Deutschen Post ob die Briefzustellung in das Zielland ungehindert möglich ist.
Appell an
Generalstaatsanwalt
Attorney General
Dr. Sanitiar Burhanuddin
Jl. Panglima Polim No.1, South Jakarta,
Jakarta 12160
INDONESIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Indonesien
S. E. Herrn Arif Havas Oegroseno
Lehrter Straße 16-17
10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: info@kbri-berlin.de
Amnesty fordert:
- Heben Sie bitte alle Auflagen gegen Septia Dwi Pertiwi – darunter den "Stadtarrest" – auf und lassen Sie alle Anklagen gegen sie fallen.
- Stellen Sie bitte sicher, dass alle Aktivist*innen in Indonesien ihre friedlichen Aktivitäten ungehindert und ohne Angst vor Schikanen, Einschüchterungen, willkürlicher Inhaftierung oder anderen Vergeltungsmaßnahmen ausüben können.
- Ich fordere Sie zudem auf, das "Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen" nicht mehr länger zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist*innen zu benutzen. Sorgen Sie überdies dafür, dass Verleumdung als zivilrechtliche Angelegenheit behandelt wird.
Sachlage
Septia Dwi Pertiwi steht in Jakarta unter "Stadtarrest", weil sie ihren früheren Arbeitgeber kritisiert hat. "Stadtarrest" nach dem indonesischen Strafgesetzbuch bedeutet, dass Angeklagte bzw. Tatverdächtige die Stadt, in der sie leben, nicht verlassen dürfen und sich in regelmäßigen Abständen bei den Behörden melden müssen.
Am 21. Januar 2023 kritisierte Septia Dwi Pertiwi in den Sozialen Medien ihren ehemaligen Arbeitgeber PT Hive Five, eine Steuer- und Buchhaltungsfirma, wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und der Verletzung der Rechte von Mitarbeiter*innen. Daraufhin wurde sie von Henry Kurnia Adhi, einem Mitbesitzer von PT Hive Five, bei der Polizei angezeigt. Er warf ihr Verleumdung gemäß dem "Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen" vor. Unter diesem Gesetz sind seit 2016 Hunderte Menschen in Indonesien zu Unrecht kriminalisiert worden.
Am 26. August 2024 erließ die Staatsanwaltschaft von Zentral-Jakarta Haftbefehl gegen Septia Dwi Pertiwi, woraufhin sie festgenommen und unter dem Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen wegen Verleumdung angeklagt wurde. Septia Dwi Pertiwi wurde in das Haftzentrum Pondok Bambu im Osten Jakartas gebracht, wo sie 25 Tage lang festgehalten wurde. Am 27. August beantragten ihre Rechtsbeistände beim Bezirksgericht von Zentral-Jakarta die Haftentlassung ihrer Mandantin. Am 19. September wurde dem Antrag stattgegeben und Septia Dwi Pertiwi vom 19. September bis 30. November unter "Stadtarrest" gestellt.
Septia Dwi Pertiwi wird allein deshalb strafrechtlich verfolgt, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat, das sowohl im Völkerrecht als auch in der indonesischen Gesetzgebung festgeschrieben ist. Ihr Verfahren vor dem Bezirksgericht in Zentral-Jakarta läuft noch. Septia Dwi Pertiwi ist arbeitslos und kümmert sich um ihre kranke Mutter; gleichzeitig droht ihr erneut die Inhaftierung, wenn die Anklagen gegen sie nicht fallengelassen werden. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu vier Jahre Gefängnis.
Indonesien weist eine alarmierende Bilanz auf, was die Kriminalisierung und Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung angeht. Amnesty International hat dokumentiert, dass von 2019 bis Oktober 2024 mindestens 554 Personen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen menschenrechtlich fragwürdige Paragrafen des Gesetzes über Elektronische Informationen und Transaktionen angeklagt wurden.
Hintergrundinformation
Septia Dwi Pertiwi war bei der Steuer- und Buchhaltungsfirma PT Hive Five in Jakarta angestellt. Am 27. Oktober 2022 kündigte sie, nachdem das Unternehmen das Gehalt der Beschäftigten gekürzt und die ihr und ihren Kolleg*innen versprochene Provision nicht ausgezahlt hatte. Am 21. Januar 2023 kritisierte sie PT Hive Five in den Sozialen Medien wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und der Verletzung der Rechte von Mitarbeiter*innen, insbesondere während ihres Arbeitsverhältnisses. 22 Stunden nach der Veröffentlichung ihres Beitrags erhielt Septia Dwi Pertiwi von einem anonymen Profil mehrere Nachrichten, die ihr mit Gefängnis drohten. Noch am selben Tag wurde sie von mehreren Vertreter*innen des Unternehmens kontaktiert, doch sie weigerte sich, mit ihnen zu kommunizieren.
Am 22. Januar 2023 schickte Henry Kurnia Adhi, Mitbesitzer der Firma, Septia Dwi Pertiwi ein Schreiben, in dem er eine Klarstellung verlangte und sie der Verleumdung bezichtigte. Am 23. Januar 2023 erhielt Septia Dwi Pertiwi ein erstes juristisches Schriftstück an ihre Adresse, worauf sie nicht reagierte. Am 27. Januar 2023 erhielt sie ein zweites Schreiben, und am 17. Februar 2023 wurde sie von der Polizei Metro Jaya schriftlich vorgeladen. Am 13. März 2023 gingen Septia Dwi Pertiwi und ihre Rechtsbeistände zur Polizei Metro Jaya zu einem Schlichtungstermin mit Henry Kurnia Adhi, der jedoch nicht erschien.
Ein zweiter Schlichtungstermin wurde für den 5. September 2023 angesetzt, bei dem Henry Kurnia Adhi eine Entschädigungszahlung von 300 Mio. Indonesischen Rupiah (ca. 17.600 Euro) forderte und von Septia Dwi Pertiwi eine öffentliche Entschuldigung verlangte. Die Polizei ernannte Septia Dwi Pertiwi zu einer Verdächtigen, nahm sie jedoch nicht in Haft, weil sie bis dato allen Vorladungen Folge geleistet hatte.
Am 26. August 2024 wurde Septia Dwi Pertiwi in Gewahrsam genommen. Am 27. August reichten ihre Rechtsbeistände bei der Staatsanwaltschaft von Zentral-Jakarta einen Antrag auf Haftentlassung ein. Über den Antrag sollte bei der ersten Anhörung vor dem Bezirksgericht von Zentral-Jakarta am 10. September entschieden werden; diese wurde dann jedoch auf den 17. September verlegt. Am 19. September 2024 wurde dem Antrag auf Haftentlassung schließlich stattgegeben.