Indonesien: Wegen Kritik an Arbeitgeber angeklagt

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Die Grafik zeigt eine Gefängnistür mit Gitterstäben.

Am 26. August 2024 wurde Septia Dwi Pertiwi unter dem Vorwurf der Verleumdung festgenommen. Die ehemalige Angestellte eines Steuer- und Buchhaltungsunternehmens hatte ihren Arbeitgeber in den Sozialen Medien wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und Verletzung von Arbeitsrechten kritisiert. Daraufhin war sie von einem Mitbesitzer des Unternehmens angezeigt worden. Septia Dwi Pertiwi wurde kürzlich 25 Tage lang im Pondok-Bambu-Haftzentrum in Jakarta festgehalten und befindet sich nun wieder auf freiem Fuß, darf allerdings bis zum 30. November die Stadt nicht verlassen.

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt,

am 21. Januar 2023 kritisierte Septia Dwi Pertiwi in den Sozialen Medien ihren ehemaligen Arbeitgeber PT Hive Five, eine Steuer- und Buchhaltungsfirma, wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und der Verletzung der Rechte von Mitarbeiter*innen. Daraufhin wurde sie von Henry Kurnia Adhi, einem Mitbesitzer von PT Hive Five, bei der Polizei angezeigt. 

Am 26. August 2024 erließ die Staatsanwaltschaft von Zentral-Jakarta Haftbefehl gegen Septia Dwi Pertiwi, woraufhin sie festgenommen und unter dem Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen wegen Verleumdung angeklagt wurde. Septia Dwi Pertiwi wurde in das Haftzentrum Pondok Bambu im Osten Jakartas gebracht, wo sie 25 Tage lang festgehalten wurde. Am 27. August beantragten ihre Rechtsbeistände beim Bezirksgericht von Zentral-Jakarta die Haftentlassung ihrer Mandantin. Am 19. September wurde dem Antrag stattgegeben und Septia Dwi Pertiwi vom 19. September bis 30. November unter "Stadtarrest" gestellt. 

Septia Dwi Pertiwi wird allein deshalb strafrechtlich verfolgt, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat, das sowohl im Völkerrecht als auch in der indonesischen Gesetzgebung festgeschrieben ist. Ihr Verfahren vor dem Bezirksgericht in Zentral-Jakarta läuft noch. Septia Dwi Pertiwi ist arbeitslos und kümmert sich um ihre kranke Mutter; gleichzeitig droht ihr erneut die Inhaftierung, wenn die Anklagen gegen sie nicht fallengelassen werden. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu vier Jahre Gefängnis.

Heben Sie bitte alle Auflagen gegen Septia Dwi Pertiwi – darunter den "Stadtarrest" – auf und lassen Sie alle Anklagen gegen sie fallen. Stellen Sie bitte sicher, dass alle Aktivist*innen in Indonesien ihre friedlichen Aktivitäten ungehindert und ohne Angst vor Schikanen, Einschüchterungen, willkürlicher Inhaftierung oder anderen Vergeltungsmaßnahmen ausüben können.

Ich fordere Sie zudem auf, das "Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen" nicht mehr länger zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist*innen zu nutzen. Sorgen Sie überdies dafür, dass Verleumdung als zivilrechtliche Angelegenheit behandelt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dear Dr. Burhanuddin,

I am writing to express my concern for Septia Dwi Pertiwi, who is under 'city detention’ in Jakarta, Indonesia, after criticizing her former employer. Under Indonesian Penal Code, city detention means detention in the city where the suspect or defendant lives or resides, with the obligation for the suspect or defendant to report at a specified time.

On 21 January 2023, Septia Dwi Pertiwi criticized her former employer, PT Hive Five, a tax and accounting services company, on social media for allegedly underpaying employees and neglecting their rights. Septia Dwi Pertiwi was reported to the police by Henry Kurnia Adhi, co-owner PT Hive Five, accusing her of defamation. 

On 26 August 2024, a detention order was issued by the Central Jakarta Prosecutor's Office and Septia Dwi Pertiwi was arrested by the prosecutor and charged with violating the Electronic Information and Transaction (EIT) Law for defamation. She was taken to Pondok Bambu Detention Centre in east Jakarta, where she was detained for 25 days. On 27 August, Septia Dwi Pertiwi and her legal team applied to the judges of the Central Jakarta District Court for release from detention. The judges granted the request on 19 September, and placed Septia Dwi Pertiwi under city detention from 19 September to 30 November. 

It is a travesty that Septia Dwi Pertiwi was detained and is currently under city detention for solely for peacefully exercising her right to freedom of expression, which is guaranteed under both international and domestic law. 

Septia Dwi Pertiwi is still undergoing legal proceedings at the Central Jakarta District Court. She is unemployed and is taking care of her sick mother. Septia Dwi Pertiwi is at risk of being detained again if the trial continues. If convicted, she faces a maximum sentence of four years in prison.

I therefore urge you and the authorities to

  • Immediately release Septia Dwi Pertiwi and drop the charges against her;
  • Ensure that all activists can freely carry out their peaceful activities without fear of hindrance, intimidation, arbitrary arrest or other reprisals; 
  • Stop using the Electronic Information and Transactions Law to silence activists and ensure that defamation is treated as a civil matter.

Yours sincerely,

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Appell an

Generalstaatsanwalt
Attorney General 
Dr. Sanitiar Burhanuddin
Jl. Panglima Polim No.1, South Jakarta, 
Jakarta 12160
INDONESIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Indonesien
S. E. Herrn Arif Havas Oegroseno
Lehrter Straße 16-17
10557 Berlin

Fax: 030-4473 7142
E-Mail: info@kbri-berlin.de


 

Amnesty fordert:

  • Heben Sie bitte alle Auflagen gegen Septia Dwi Pertiwi – darunter den "Stadtarrest" – auf und lassen Sie alle Anklagen gegen sie fallen.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass alle Aktivist*innen in Indonesien ihre friedlichen Aktivitäten ungehindert und ohne Angst vor Schikanen, Einschüchterungen, willkürlicher Inhaftierung oder anderen Vergeltungsmaßnahmen ausüben können.
  • Ich fordere Sie zudem auf, das "Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen" nicht mehr länger zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist*innen zu benutzen. Sorgen Sie überdies dafür, dass Verleumdung als zivilrechtliche Angelegenheit behandelt wird.

Sachlage

Septia Dwi Pertiwi steht in Jakarta unter "Stadtarrest", weil sie ihren früheren Arbeitgeber kritisiert hat. "Stadtarrest" nach dem indonesischen Strafgesetzbuch bedeutet, dass Angeklagte bzw. Tatverdächtige die Stadt, in der sie leben, nicht verlassen dürfen und sich in regelmäßigen Abständen bei den Behörden melden müssen.

Am 21. Januar 2023 kritisierte Septia Dwi Pertiwi in den Sozialen Medien ihren ehemaligen Arbeitgeber PT Hive Five, eine Steuer- und Buchhaltungsfirma, wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und der Verletzung der Rechte von Mitarbeiter*innen. Daraufhin wurde sie von Henry Kurnia Adhi, einem Mitbesitzer von PT Hive Five, bei der Polizei angezeigt. Er warf ihr Verleumdung gemäß dem "Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen" vor. Unter diesem Gesetz sind seit 2016 Hunderte Menschen in Indonesien zu Unrecht kriminalisiert worden. 

Am 26. August 2024 erließ die Staatsanwaltschaft von Zentral-Jakarta Haftbefehl gegen Septia Dwi Pertiwi, woraufhin sie festgenommen und unter dem Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen wegen Verleumdung angeklagt wurde. Septia Dwi Pertiwi wurde in das Haftzentrum Pondok Bambu im Osten Jakartas gebracht, wo sie 25 Tage lang festgehalten wurde. Am 27. August beantragten ihre Rechtsbeistände beim Bezirksgericht von Zentral-Jakarta die Haftentlassung ihrer Mandantin. Am 19. September wurde dem Antrag stattgegeben und Septia Dwi Pertiwi vom 19. September bis 30. November unter "Stadtarrest" gestellt. 

Septia Dwi Pertiwi wird allein deshalb strafrechtlich verfolgt, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat, das sowohl im Völkerrecht als auch in der indonesischen Gesetzgebung festgeschrieben ist. Ihr Verfahren vor dem Bezirksgericht in Zentral-Jakarta läuft noch. Septia Dwi Pertiwi ist arbeitslos und kümmert sich um ihre kranke Mutter; gleichzeitig droht ihr erneut die Inhaftierung, wenn die Anklagen gegen sie nicht fallengelassen werden. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu vier Jahre Gefängnis.

Indonesien weist eine alarmierende Bilanz auf, was die Kriminalisierung und Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung angeht. Amnesty International hat dokumentiert, dass von 2019 bis Oktober 2024 mindestens 554 Personen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen menschenrechtlich fragwürdige Paragrafen des Gesetzes über Elektronische Informationen und Transaktionen angeklagt wurden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Septia Dwi Pertiwi war bei der Steuer- und Buchhaltungsfirma PT Hive Five in Jakarta angestellt. Am 27. Oktober 2022 kündigte sie, nachdem das Unternehmen das Gehalt der Beschäftigten gekürzt und die ihr und ihren Kolleg*innen versprochene Provision nicht ausgezahlt hatte. Am 21. Januar 2023 kritisierte sie PT Hive Five in den Sozialen Medien wegen mutmaßlicher Unterbezahlung und der Verletzung der Rechte von Mitarbeiter*innen, insbesondere während ihres Arbeitsverhältnisses. 22 Stunden nach der Veröffentlichung ihres Beitrags erhielt Septia Dwi Pertiwi von einem anonymen Profil mehrere Nachrichten, die ihr mit Gefängnis drohten. Noch am selben Tag wurde sie von mehreren Vertreter*innen des Unternehmens kontaktiert, doch sie weigerte sich, mit ihnen zu kommunizieren. 

Am 22. Januar 2023 schickte Henry Kurnia Adhi, Mitbesitzer der Firma, Septia Dwi Pertiwi ein Schreiben, in dem er eine Klarstellung verlangte und sie der Verleumdung bezichtigte. Am 23. Januar 2023 erhielt Septia Dwi Pertiwi ein erstes juristisches Schriftstück an ihre Adresse, worauf sie nicht reagierte. Am 27. Januar 2023 erhielt sie ein zweites Schreiben, und am 17. Februar 2023 wurde sie von der Polizei Metro Jaya schriftlich vorgeladen. Am 13. März 2023 gingen Septia Dwi Pertiwi und ihre Rechtsbeistände zur Polizei Metro Jaya zu einem Schlichtungstermin mit Henry Kurnia Adhi, der jedoch nicht erschien.

Ein zweiter Schlichtungstermin wurde für den 5. September 2023 angesetzt, bei dem Henry Kurnia Adhi eine Entschädigungszahlung von 300 Mio. Indonesischen Rupiah (ca. 17.600 Euro) forderte und von Septia Dwi Pertiwi eine öffentliche Entschuldigung verlangte. Die Polizei ernannte Septia Dwi Pertiwi zu einer Verdächtigen, nahm sie jedoch nicht in Haft, weil sie bis dato allen Vorladungen Folge geleistet hatte.

Am 26. August 2024 wurde Septia Dwi Pertiwi in Gewahrsam genommen. Am 27. August reichten ihre Rechtsbeistände bei der Staatsanwaltschaft von Zentral-Jakarta einen Antrag auf Haftentlassung ein. Über den Antrag sollte bei der ersten Anhörung vor dem Bezirksgericht von Zentral-Jakarta am 10. September entschieden werden; diese wurde dann jedoch auf den 17. September verlegt. Am 19. September 2024 wurde dem Antrag auf Haftentlassung schließlich stattgegeben.