Indonesien: Umweltschützer freilassen!

Landkarte von Indonesien

Landkarte von Indonesien

Am 24. März 2023 wurde der Umweltaktivist Heri Budiawan, bekannt als Budi Pego, in Banyuwangi, Ostjava zum zweiten Mal wegen "Verbrechen gegen die Staatssicherheit" inhaftiert. Diese geschah, nachdem der Oberste Gerichtshof seine Rechtsmittel gegen das Urteil abgelehnt und beschlossen hatte, seine Strafe von zehn Monaten auf vier Jahre Gefängnis zu erhöhen. Sein Fall war die erste Verurteilung aufgrund des Paragrafen zum Verbot einer kommunistischen Ideologie seit dem Sturz von Suharto im Jahr 1998. Budi Pego wird wegen seiner Arbeit als Menschenrechtsverteidiger verfolgt und muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Präsident

Ir. H. Joko Widodo

President of the Republic of Indonesia

State Secretariat

Jl. Veteran No. 17-18, Central Jakarta

DKI Jakarta 10110

INDONESIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Indonesien

S. E. Herrn Arif Havas Oegroseno

Lehrter Straße 16-17

10557 Berlin

Fax: 030-4473 7142


E-Mail: info@kbri-berlin.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, Budi Pego unverzüglich eine Amnestie zu gewähren.
  • Außerdem fordere ich Sie und andere indonesische Behörden auf, dafür zu sorgen, dass alle Menschenrechtsverteidiger*innen im Einklang mit der UN-Menschenrechtserklärung ihre friedlichen Aktivitäten ohne Angst vor Schikane, Einschüchterung, Verfolgung, willkürlicher Festnahme oder Inhaftierung ausüben können.

Sachlage

Amnesty International ist sehr besorgt über die Inhaftierung von Heri Budiawan, der 2018 wegen "Verbrechen gegen die Staatssicherheit" schuldig gesprochen wurde, nachdem er im April 2017 an einem friedlichen Protest gegen einen Goldabbau in Salakan Mountain, Banyuwangi, Ostjava, teilgenommen hatte. Es war die erste Verurteilung dieser Art auf der Grundlage einer Bestimmung, die die Verbreitung kommunistischer Ideologie seit dem Sturz von Suharto im Jahr 1998 unter Strafe stellt. Er ist derzeit zum zweiten Mal in Banyuwangi inhaftiert, nachdem der Oberste Gerichtshof sein Rechtsmittel im Kassationsverfahren zurückgewiesen und seine Strafe auf vier Jahre Gefängnis erhöht hat – weit mehr als die zehn Monate, zu denen ihn die Vorinstanz verurteilt hatte. Diese Verurteilung stellt einen neuen Präzedenzfall dar und steht vermutlich im Zusammenhang mit seiner Arbeit als Umweltschützer. Er hat nun eine Präsidialamnestie beantragt, um aus dem Gefängnis entlassen zu werden.

Im Januar 2018 wurde Budi Pego vom Bezirksgericht Banyuwangi zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt, weil er bei einer Demonstration im Jahr 2017 auf einem Transparent das Symbol von Hammer und Sichel gezeigt und damit offen für eine prokommunistische Ideologie geworben haben soll. Der Schuldspruch erging, obwohl während des Prozesses keine zuverlässigen Beweise vorgelegt wurden. Er verbüßte seine Haftstrafe und wurde im Juli 2018 freigelassen, doch drohte ihm die Rückkehr ins Gefängnis, nachdem der Oberste Gerichtshof im Oktober 2018 sein Rechtsmittel zurückgewiesen hatte. Sein Fall verzögerte sich ohne Angabe von Gründen fast fünf Jahre lang, bis die Behörden im März 2023 beschlossen, ihn festzunehmen und erneut zu inhaftieren.

Der Fall von Budi Pego war das erste Mal, dass in Indonesien nach dem Rücktritt von Suharto im Jahr 1998 ein antikommunistischer Paragraf zur Unterdrückung friedlicher Proteste eingesetzt wurde. Amnesty International ist besorgt, dass dies einen gefährlichen Präzedenzfall für ähnliche Fälle in der Zukunft schaffen könnte. Darüber hinaus ist sein Fall ein Beleg für die anhaltenden Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen in Indonesien, die nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrnehmen, das in beiden Rechtsordnungen garantiert ist. Budi Pego hätte gar nicht erst verurteilt werden dürfen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 4. April 2017 protestierten Dorfbewohner*innen aus Sumberagung in Banyuwangi, Provinz Ost-Java, Indonesien, friedlich gegen eine neue Goldmine in den Salakan-Bergen, da sie der Meinung waren, dass die Bergbauaktivitäten in der Gegend für die ökologische Zerstörung verantwortlich sind und die Sicherheit der umliegenden Dörfer gefährden. Budi Pego gestaltete gemeinsam mit den Dorfbewohner*innen Protestschilder, die sie später entlang des Weges vom Strand der Roten Insel zum Bezirksamt Pesanggaran aufstellten. Später am Abend teilten zwei Männer, die sich als Militärs ausgaben, Budi Pego mit, dass sie Berichte erhalten hätten, wonach ein Transparent, das bei dem Protest verwendet wurde, ein Hammer- und Sichel-Logo zeigte, ein Symbol des Kommunismus. Budi Pego sagte, er wisse nicht, wer das Logo auf das Transparent gemalt habe.

Die Staatsanwaltschaft von Banyuwangi ordnete am 4. September 2017 die Festnahme von Budi Pego an, weil er angeblich ein kommunistisches Logo mit dem Ziel der "Verbreitung kommunistischer Ideologie" gezeigt hatte. Als einziger Festgenommener wurde er am 23. Januar 2018 vom Bezirksgericht Banyuwangi wegen Verstoßes gegen Paragraf 107a des Strafgesetzbuchs für "Verbrechen gegen die Staatssicherheit" zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt. Die drei Hauptanklagepunkte waren die Verbreitung kommunistischen Gedankenguts, das Nicht-Anmelden einer Demonstration bei der Polizei nach Gesetz Nr. 9/1998 und, als Organisator dieser Demonstration, die öffentliche Bewerbung des Kommunismus durch das Zeigen des Hammer-und-Sichel-Symbols auf der Veranstaltung. Am 26. Januar 2018 legten Budis Rechtsbeistand und die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen das Urteil ein.

Das Oberste Gericht von Ostjava bestätigte das Urteil der Vorinstanz, woraufhin beide Seiten beim Obersten Gerichtshof Rechtsmittel einlegten. Budi Pego verbüßte seine Strafe bis zu seiner Haftentlassung am 1. Juli 2018. Am 16. Oktober 2018 wurde sein Rechtsmittel jedoch zurückgewiesen, und der Oberste Gerichtshof erhöhte seine Strafe von zehn Monaten auf vier Jahre Haft. Im November und Dezember 2018 erhielt Budi Pego Vorladungen von der Staatsanwaltschaft, um den Rest seiner Strafe zu verbüßen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Budi jedoch noch keine Kopie des Urteils erhalten, was nach der indonesischen Strafprozessordnung (KUHAP) eine Voraussetzung dafür ist, dass die Staatsanwaltschaft ein Gerichtsurteil vollstrecken kann.

Am 24. März 2023, fast fünf Jahre nach seiner Freilassung, kamen Dutzende Beamte der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu Budi Pegos Haus und nahmen ihn mit der Begründung fest, sie würden das Urteil des Obersten Gerichtshofs von 2018 umsetzen. Die Festnahme wurde von der Polizei durchgeführt und erfolgte nur drei Tage, nachdem neun Unbekannte Berichten zufolge am Abend des 21. März 2023 zu Budis Haus gekommen waren und ein Protestschild gegen den Goldabbau zerstört hatten, das seit Jahren an seinem Haus hing. Weniger als eine Woche zuvor, am 16. März, führte ein Team des Bergbauunternehmens, das in dem Gebiet tätig ist, in Begleitung von Angehörigen der örtlichen Polizei, des Militärs und des Ordnungsamtes eine geologische Kartierung im Salakan-Berg durch. Die Staatsanwaltschaft bestritt, dass die Festnahme von Budi Pego mit den Aktivitäten des Unternehmens zusammenhängt. Budi Pego befindet sich derzeit im Banyuwangi-Gefängnis in Haft.

Nichtregierungsorganisationen, die sich für Budi Pego einsetzen, sind der Ansicht, dass die Klagen gegen ihn auf falschen Anschuldigungen beruhen und eine Form der Kriminalisierung darstellen, die darauf abzielt, seine Arbeit als Menschenrechtsverteidiger, der für das Recht seiner Gemeinschaft auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt kämpft, zu unterdrücken. Seinem Rechtsbeistand zufolge wurden während des Prozesses keine zuverlässigen Beweise vorgelegt, die seine Beteiligung an kriminellen Aktivitäten eindeutig belegen. Während des Prozesses legten die Staatsanwaltschaft dem Gericht auch keine physischen Beweise für das umstrittene Transparent vor.

Die gesetzlichen Bestimmungen zum Verbot der Verbreitung kommunistischer Ideologie stammen aus der Zeit schwerer Menschenrechtsverletzungen unter dem Regime der Neuen Ordnung des damaligen Präsidenten Suharto zwischen 1965 und 1998. Die antikommunistische Kampagne führte zum Tod von Hunderttausenden Menschen und zur Verletzung anderer Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung.

Menschenrechtsverteidiger*innen in Indonesien werden zunehmend schikaniert und kriminalisiert, wenn staatliche und wirtschaftliche Akteure der Meinung sind, dass ihre Aktivitäten den Abbau und die Förderung natürlicher Ressourcen behindern. Von Januar 2019 bis Mai 2022 verzeichnete Amnesty International 328 Fälle tätlicher und digitaler Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger*innen mit 834 Opfern in Indonesien, darunter auch Umweltaktivist*innen, die das Recht auf eine gesunde und saubere Umwelt verteidigen.