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Weitere Landrechtler getötet
© Amnesty International
Am 4. Juni wurden in Guatemala die Menschenrechtler Florencio Pérez Nájera und Alejandro Hernández García ermordet aufgefunden. Die beiden Männer waren Mitglieder der Kleinbauernorganisation Comité de Desarrollo Campesino (CODECA). Damit wurden in Guatemala allein im vergangenen Monat sechs Menschenrechtsverteidiger_innen getötet.
Appell an
María Consuelo Porras
Fiscal General de la República
15 avenida 15-16 zona 1, Edificio Gerona 8° Nivel
C.P. 01001, Ciudad de Guatemala
GUATEMALA
Sende eine Kopie an
Präsident der Menschenrechtsbehörde der Regierung (COPREDEH)
Sr. Jorge Luis Borrayo
Comisión Presidencial Coordinadora de la Política del Ejecutivo en Materia de Derechos Humanos (COPREDEH)
Avenida La Reforma 2-18, zona 9
Ciudad de Guatemala, GUATEMALA
E-Mail: copredeh@copredeh.gob.gt
Botschaft der Republik Guatemala
S. E. Herrn José Francisco Cali Tzay
Joachim-Karnatz-Allee 45-47, 2. OG.
10557 Berlin
Fax: 030-2064 3659
E-Mail: sekretariat@botschaft-guatemala.de
Amnesty fordert:
- Leiten Sie bitte umgehend eine unparteiische und sorgfältige Untersuchung der Tötung der CODECA-Mitglieder Florencio Pérez Nájera und Alejandro Hernández García ein, und untersuchen Sie auch die Tötung mehrerer Mitglieder der CCDA. Diese Untersuchung sollte mitbedenken, dass die Morde ein möglicher Vergeltungsschlag für die legitimen Aktivitäten von Menschenrechtsverteidiger_innen sein könnten, wie sie in den kürzlich verabschiedeten Allgemeinen Anweisungen der Generalstaatsanwältin zu Ermittlungen von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen erwähnt werden.
- Bitte ergreifen Sie alle angemessenen Maßnahmen, um die Sicherheit von bedrohten Menschenrechtler_innen der CODECA und CCDA in Absprache mit ihnen zu gewährleisten.
- Bitte verurteilen Sie die derzeit zu beobachtende Tötungswelle und erkennen Sie öffentlich die wichtige und legitime Arbeit von Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala an. Unterlassen Sie es, Menschenrechtler_innen verbal zu diskreditieren, stigmatisieren, zu verunglimpfen oder sie zu diskriminieren.
Sachlage
Am 3. Juni nahmen Florencio Pérez Nájera und Alejandro Hernández García in Llano Largo im Departamento Jutiapa im Süden von Guatemala an einem Treffen der Kleinbauernorganisation Comité de Desarrollo Campesino (CODECA) teil, kehrten danach aber nicht nach Hause zurück. Am Morgen des 4. Juni wurden die beiden Männer von ihren Familien in der Nähe ihres Wohnortes (caserío) tot aufgefunden. Die Leichen wiesen Verletzungen auf, die wahrscheinlich auf Macheten zurückzuführen sind. Als Mitglieder von CODECA setzten sich Florencio Pérez Nájera und Alejandro Hernández García für die Land- und Arbeitsrechte ihrer Gemeinschaft ein. Einen Monat zuvor, am 2. Mai, hatte Präsident Jimmy Morales die Aktivitäten von CODECA öffentlich diskreditiert und stigmatisiert.
Dies ist bereits der sechste tödliche Anschlag auf Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala in weniger als einem Monat und gibt Anlass zur Sorge um die Sicherheit aller Menschenrechtler_innen des Landes. All diese Tötungen sind in einen Kontext laufender Gewalt gegen Personen einzuordnen, die sich für Land- und Umweltrechte stark machen. So wurden vor kurzem Luis Arturo Marroquín (CODECA-Mitglied) sowie Ramon Choc Sacrab, José Can Xol und Mateo Chamám Paau (Mitglieder der Organisation Comité Campesino del Altiplano – CCDA) getötet.
Hintergrundinformation
Menschenrechtsverteidiger_innen gehen ihrer Tätigkeit in Guatemala in einem extrem feindseligen Umfeld nach, insbesondere diejenigen, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Sie werden ständig bedroht, eingeschüchtert, angegriffen, verleumdet und stigmatisiert. Nach Angaben der guatemaltekischen NGO UDEFEGUA, die für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen eintritt, kam es 2017 zu 496 Übergriffen auf Menschenrechtsverteidiger_innen. Im Mai 2018 gab die Generalstaatsanwältin eine interne Allgemeine Anweisung mit Richtlinien zur wirksamen Untersuchung von Angriffen auf Menschenrechtsverteidiger_innen heraus.
CCDA ist eine 1982 gegründete Kleinbauernorganisation, die sich für den Zugang zu Land und für die Arbeitsrechte kleinbäuerlicher Maya-Gemeinschaften einsetzt. CCDA hat schon früher über Angriffe und Einschüchterungen berichtet. Im Juni 2016 wurde der Indigenensprecher Daniel Choc Pop in San Juan Tres Ríos getötet. Im Juni 2017 kam es zu mehreren Angriffen auf CCDA-Büros und ihre Sprecher_innen. Im Mai 2018 wurden José Can Xol und Mateo Chamám Paau, zwei örtliche CCDA-Sprecher, in den Gemeinden Choctún Basilá bzw. San Juan Tres Ríos ermordet. Beide waren beteiligt am Schutz und der Vertretung der Gemeinschaften in einem bereits lange andauernden Landkonflikt. Sie hatten an Verhandlungen und einem Runden Tisch teilgenommen, um zusammen mit den nationalen Behörden Lösungen für die zahlreichen Landkonflikte zu finden, unter denen die Gemeinschaften in der Region leiden.
Im Mai 2018 wurde Luis Arturo Marroquin, Mitglied der nationalen Koordinierungsstelle der CODECA, in San Luis Jilotepeque im Osten von Zentralguatemala erschossen. Eine Woche zuvor, am 2. Mai, hatte Präsident Jimmy Morales die Aktivitäten von CODECA öffentlich diskreditiert und stigmatisiert. 2014 forderte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte die Regierung in dem Urteil Menschenrechtsverteidiger gegen Guatemala auf, umfassende Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen auszuarbeiten und umzusetzen. Trotz einiger Fortschritte ist der Prozess zur Schaffung geeigneter politischer Maßnahmen noch nicht abgeschlossen. Zumeist muss bei Drohungen und Angriffen gegen guatemaltekische Menschenrechtsverteidiger_innen nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen gerechnet werden.
Darüber hinaus werden die Justizbehörden regelmäßig dazu missbraucht, Menschenrechtsverteidiger_innen zu kriminalisieren, um so Bewegungen und Organisationen zu schwächen und Menschenrechtler_innen zu zermürben und sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Nähere Informationen finden Sie in den englischsprachigen Berichten: "We are defending the land with our blood": Defenders of the land, territory and environment in Honduras and Guatemala, https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/4562/2016/en/) und Americas: State Protection Mechanisms for Human Rights Defenders (https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/6211/2017/en/).