Drei Landrechtler getötet

Das Foto zeigt die Umrisse von Guatemala auf einer Karte

Die drei aus verschiedenen Gemeinden stammenden Landrechtler, Luis Marroquin, José Can Xol und Mateo Chamám Paau, sind im Zeitraum von weniger als einer Woche in Guatemala getötet worden. Die guatemaltekischen Behörden müssen diese Verbrechen umfassend untersuchen und sicherstellen, dass weitere Landrechtler_innen ihre Arbeit ohne Angst um ihre Sicherheit ausüben können.

Appell an

Generalstaatsanwältin

Thelma Aldana

15 avenida 15-16 zona 1 Edificio Gerona 8º Nivel,

C.P. 01001, Ciudad de Guatemala, GUATEMALA

Sende eine Kopie an

Präsident der Menschenrechtsbehörde der Regierung (COPREDEH)

Sr. Jorge Luis Borrayo


2da Avenida 10-50, Zona 9

C.P. 01009 Ciudad de Guatemala, GUATEMALA

(Anrede: Dear President / Sr. Presidente /

Sehr geehrter Herr Godoy)


E-Mail: copredeh@copredeh.gob.gt

Twitter: @copredeh

Botschft der Republik Guatemala

S. E. Herrn José Francisco Cali Tzay

Joachim-Karnatz-Allee 45-47, 2. OG.

10557 Berlin


Fax: 030-2064 3659

E-Mail: sekretariat@botschaft-guatemala.de

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass umgehend eine unparteiische und umfassende Untersuchung der Tötungen von Luis Marroquin, José Can Xol und Mateo Chamám Paau durchgeführt wird, um alle Verantwortlichen auszumachen und sie vor Gericht zu stellen. Diese Untersuchung sollte mitbedenken, dass die Morde ein möglicher Vergeltungsschlag wegen der legitimen Aktivitäten von Menschenrechtsverteidiger_innen sein könnten.
  • Bitte verurteilen sie die Morde und erkennen Sie öffentlich die Bedeutung der wichtigen und legitimen Tätigkeit von Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala an und unterlassen Sie es, Menschenrechtler_innen in Reden und Stellungnahmen zu stigmatisieren, zu verunglimpfen oder sie zu diskriminieren.
  • Bitte bringen Sie die Verabschiedung der politischen Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen in Übereinstimmung mit den vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Menschenrechtsverteidiger_innen gegen Guatemala skizzierten Mindestvoraussetzungen voran.

Sachlage

Am Morgen des 9. Mai töteten Unbekannte in San Luis Jilotepeque im Osten von Zentralguatemala Luis Arturo Marroquin mit mehreren Schüssen in den Rücken. Luis Marroquin war Mitglied der nationalen Koordinierungsstelle der Kleinbauernorganisation Comité de Desarrollo Campesino (CODECA). Er war am selben Morgen mit dem Bus aus Jalapa angekommen, um an einer Gemeindeversammlung in San Luis Jilotepeque teilzunehmen. Zeugenberichten zufolge wurde er verfolgt. Zu diesem Geschehen kam es eine Woche nachdem sich Präsident Jimmy Morales in einer Rede am 2. Mai abfällig zu CODECA geäußert und ihre Aktivitäten diskreditiert hatte.

Am Morgen des 10. Mai wurde José Can Xol erschossen, als er versuchte, Angehörigen der Gemeinschaft Choctún Basilá in der Gemeinde Cobán im Norden Guatemalas zu helfen, die von mehreren unbekannten bewaffneten Männern angegriffen wurden. José Can Xol war Mitglied des Comité Campesino del Altiplano (CCDA), und beteiligt am Schutz und der Vertretung der Gemeinschaft in einem bereits lange andauernden Landkonflikt.

In der Nacht des 13. Mai fand man Mateo Chamám Paau, Mitglied der CCDA in der Gemeinschaft San Juan Tres Ríos in der Gemeinde Cobán tot auf. Angehörige der Gemeinschaft hatten sich auf die Suche nach ihm begeben, als der Familie klar wurde, dass sie ihn seit Stunden nicht gesehen hatten. Er hatte zuvor von Drohungen gegen ihn berichtet und 2015 war im Zusammenhang mit einem Landpachtkonflikt zwischen der Gemeinschaft und den vermeintlichen Landbesitzer_innen ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden. Weitere Mitglieder von CCDA und CODECA sind in Gefahr.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Menschenrechtsverteidiger_innen gehen ihrer Tätigkeit in Guatemala in einer extrem feindseligen Umgebung nach, insbesondere diejenigen, die zu Land- und Grundstücksrechten und zu Umweltschutzthemen arbeiten. Sie werden ständig bedroht, eingeschüchtert, angegriffen, verleumdet und stigmatisiert. Nach Angaben der guatemaltekischen NGO UDEFEGUA, die für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen eintritt, sind 2018 bereits neun Menschenrechtsverteidiger_innen getötet worden. 2017 dokumentierte UDEFEGUA 483 Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger_innen.

CCDA ist eine 1982 gegründete Kleinbauernorganisation, die sich für den Zugang zu Land und die Arbeitsrechte kleinbäuerlicher Maya-Gemeinschaften einsetzt. CCDA hat bereits zuvor über Angriffe und Einschüchterungen berichtet. Im Juni 2017 kam es zu mehreren Angriffen gegen ihre Büros und ihre Sprecher_innen. Im Juni 2016 wurde Daniel Choc Pop in San Juan Tres Ríos getötet.

CODECA wurde 1992 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Situation der in Armut lebenden  Landbevölkerung in Guatemala zu verbessern. Die Organisation konzentriert sich dabei auf die Lohnsituation von Kleinbauern, Landreformen und die Verstaatlichung der Stromversorgung. Mitglieder von CODECA berichten über Angriffe, Drohungen und Einschüchterungen.

2014 forderte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte in dem Urteil Menschenrechtsverteidiger_innen gegen Guatemala Guatemala auf, umfassende Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen auszuarbeiten und umzusetzen. Es sind zwar Fortschritte gemacht worden, der Prozess der Schaffung politischer Maßnahmen ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Straflosigkeit ist bei der überwiegenden Zahl der Drohungen und Angriffe gegen guatemaltekische Menschenrechtsverteidiger_innen die Regel. Zudem wird die Justiz regelmäßig dazu missbraucht, Menschenrechtsverteidiger_innen zu kriminalisieren, um damit Bewegungen und Organisationen zu zerstören, die Menschenrechtler_innen zu zermürben und sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Für nähere Informationen siehe den englischsprachigen Bericht: "We are defending the land with our blood":  Defenders of the land, territory and environment in Honduras and Guatemala (https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/4562/2016/en/) und Americas: State Protection Mechanisms for Human Rights Defenders (https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/6211/2017/en/).