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Anwalt der Xinca immer noch in Lebensgefahr
"Privatbesitz" Schild an einer Silbermine Nähe San Rafael Las Flores, Guatemala
© privat
Am 23. Juni überfiel eine bewaffnete Gruppe ein Treffen führender Vertreter_innen der indigenen Xinca in Jumaytepeque. Sie stießen Drohungen gegen die Teilnehmenden aus und schlugen einige von ihnen. Dies berichtete der Anwalt Quelvin Jimenez, der vor Ort war und selbst massiv bedroht wird. Amnesty International fordert die Staatsanwaltschaft auf, eine Untersuchung des Angriffs durchzuführen und Quelvin Jimenez zu schützen.
Appell an
María Consuelo Porras
Fiscal General de la República
15 avenida 15-16 zona 1, Edificio Gerona 8° Nivel
C.P. 01001, Ciudad de Guatemala
GUATEMALA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Guatemala
S. E. Herrn José Francisco Cali Tzay
Joachim-Karnatz-Allee 47, 2. OG.
10557 Berlin
Fax: 030-2064 3659
E-Mail: sekretariat@botschaft-guatemala.de
Amnesty fordert:
- Bitte führen Sie umgehend eine unabhängige, zielführende und unparteiische Untersuchung aller Drohungen und Angriffe gegen Quelvin Jimenez und andere Vertreter_innen der Xinca durch und stellen Sie alle Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht.
- Gewährleisten Sie bitte auch den Schutz von Quelvin Jimenez durch die Polizei in Absprache mit seinen Wünschen und Bedürfnissen.
Sachlage
Am 23. Juni trafen sich führende Vertreter_innen der indigenen Xinca in Jumaytepeque in Santa Rosa im Südwesten Guatemalas. Plötzlich tauchten mehrere Personen auf, die mit Kleinwaffen und Macheten bewaffnet waren. Sie bedrohten die Anwesenden und schlugen auf einige von ihnen ein. Unter den Angegriffenen war auch der Anwalt Quelvin Jimenez, der sich für die Landrechte der Xinca-Bevölkerung Guatemalas einsetzt und selbst bereits mehrere Todesdrohungen erhalten hat. Dieser berichtete von Beschimpfungen und Schüssen. Zunächst konnte er entkommen, doch dann stoppte ihn ein Fahrzeug. Drei Insassen stiegen aus und beschuldigten Quelvin Jimenez, sie angegriffen zu haben. Die zwischenzeitlich eingetroffene Polizei nahm alle Beteiligten zur örtlichen Polizeiwache in Barberena mit. Einige Stunden später durfte Quelvin Jimenez wieder gehen, es wurde keine Anzeige gegen ihn erstattet.
Einen Tag später, am 24. Juni, wurde Quelvin Jimenez von Nachbar_innen darauf aufmerksam gemacht, dass ein Fahrzeug immer wieder um sein Haus fahre. Er rief die Polizei an und bat sie um Schutz. Die Beamt_innen sagten ihm jedoch, dass sie keine freie Patrouille hätten, die sie dafür abstellen könnten.
Der Anwalt Quelvin Jimenez war Ende April darüber informiert worden, dass er ermordet werden soll und sein Haus überwacht werde. Am 6. Mai versuchte ein Mann auf einem Motorrad, der schon zuvor in der Nähe des Hauses von Quelvin Jimenez gesehen worden war, sein Auto zu stoppen. Quelvin Jimenez hat darüber hinaus schon mehrmals telefonische Morddrohungen erhalten.
Die Untersuchung der früheren Angriffe ist immer noch anhängig. Die Staatsanwaltschaft hat zwar Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Quelvin Jimenez angeordnet, jedoch wurden diese von der Polizei bisher noch nicht umgesetzt.
Hintergrundinformation
Quelvin Jimenez ist ein indigener Anwalt aus Santa Rosa, der die Rechte der Xinca verteidigt. Er wurde bereits zur Zielscheibe von Verleumdungskampagnen und Stigmatisierungen auf Social Media sowie Opfer juristischer Schikane. Aufgrund seiner Arbeit erhält Quelvin Jimenez Morddrohungen und wird in anderer Weise eingeschüchtert.
Am 2. Mai 2013 hatte die Regierung von Guatemala in der Stadt und der Umgebung von San Rafael las Flores, etwa 90 Kilomenter von der Hauptstadt entfernt, den Ausnahmezustand ausgerufen. Anlass war eine Reihe von gewaltsamen Zwischenfällen im Zusammenhang mit den Bergbauaktivitäten der Firma Minera San Rafael einer Tochterfirma des US-Unternehmens Tahoe Resources Inc. Im Januar 2013 hatten unbekannte bewaffnete Männer das Bergbaugelände angegriffen. Dabei starben zwei Wachmänner und eine weitere Person, die mutmaßlich zu den Angreifer_innen gehörte. Weitere Informationen hierzu finden Sie in dem englischsprachigen Amnesty-Bericht Mining in Guatemala: Rights at risk.
Mitglieder des Zentrums für Umweltschutz, Soziales und Recht (Centro de Acción Legal, Ambiental y Social de Guatemala – CALAS) berichten ebenfalls von wiederholter Einschüchterung und Schikane. Auch CALAS hat sich für die Rechte von Gemeinschaften eingesetzt, die durch die Bergbaufirma Minera San Rafael in Mitleidenschaft gezogen werden. Nähere Informationen hierzu finden Sie in der Urgent Action Hetzkampagne gegen Umweltschützer_innen (UA-176/2017).
Amnesty International hat dokumentiert, dass Menschenrechtsverteidiger_innen ihrer Tätigkeit in Guatemala in einer extrem feindseligen Umgebung nachgehen, insbesondere diejenigen, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Sie werden ständig bedroht, eingeschüchtert, angegriffen. Nach Angaben der guatemaltekischen NGO UDEFEGUA, die für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen eintritt, wurden 2018 mindestens 26 Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala getötet.
Menschenrechtsverteidiger_innen werden regelmäßig zur Zielscheibe von Hetzkampagnen durch Privatleute und die guatemaltekischen Behörden. Diese Kampagnen zielen darauf ab, die Menschenrechtsverteidiger_innen zu stigmatisieren und in Misskredit zu bringen. Das Strafjustizsystem wird immer wieder dazu missbraucht, Menschenrechtsverteidiger_innen fälschlich zu beschuldigen und strafrechtlich zu verfolgen, damit sie sich nicht weiter äußern und ihre Bewegungen und Organisationen zerfallen. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht: "We are defending the land with our blood": Defenders of the land, territory and environment in Honduras and Guatemala.