Fünf Jahre Haft für Anwalt bestätigt

Portraitfoto eines Mannes, der eine schwarze Anwaltsrobe und einen weissen Langbinder trägt

Der burundische Rechtsanwalt Tony Germain Nkina (August 2021)

Am 29. September bestätigte das Berufungsgericht von Ngozi die Verurteilung des burundischen Anwalts Tony Germain Nkina zu fünf Jahren Haft. Er war am 13. Oktober 2020 festgenommen und wegen Gefährdung der inneren Sicherheit angeklagt worden. Am 15. Juni wurde er wegen "Kollaboration mit Rebellen, die Burundi angegriffen haben" schuldig gesprochen. Die gegen ihn vorgelegten Beweise deuten jedoch darauf hin, dass die Anklage ausschließlich auf seine frühere Menschenrechtsarbeit zurückzuführen ist. Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von Tony Germain Nkina.

Appell an

Jeanine Nibizi

Minister of Justice

PO Box: 1880

Bujumbura

BURUNDI

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Burundi

I. E. Frau Appolonie Nibona


Berliner Straße 36

10715 Berlin

Fax: 030-23 45 67 20

E-Mail: ambabuberlin2019@yahoo.com

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, die Generalstaatsanwaltschaft anzuweisen, Tony Germain Nkina umgehend und bedingungslos freizulassen und alle Anklagen gegen ihn fallenzulassen.
  • Bitte geben Sie ihm bis zu seiner Freilassung ungehinderten Zugang zu seinen Rechtsbeiständen und seiner Familie und schützen Sie ihn vor Folter und anderer Misshandlung.

Sachlage

Tony Germain Nkina hatte gegen das Urteil des Gerichts von Kayanza vom 15. Juni Rechtsmittel eingelegt. Dieses hatte ihn zu Unrecht zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von einer Million burundischen Francs (etwa 420 Euro) verurteilt. Die ursprünglich für den 12. August angesetzte Berufungsverhandlung wurde zweimal verschoben und fand schließlich am 20. September statt. Am 29. September bestätigte das Berufungsgericht von Ngozi sowohl den Schuldspruch als auch die fünfjährige Haftstrafe.

Tony Germain Nkina war am 13. Oktober 2020 in der nördlichen Provinz Kayanza festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, mit der bewaffneten Oppositionsgruppe RED-Tabara (Widerstand für die Rechtsstaatlichkeit) zusammenzuarbeiten. Seit der Krise in Burundi im Jahr 2015, die auf die Entscheidung des verstorbenen Präsidenten Pierre Nkurunziza folgte, eine dritte Amtszeit anzustreben, hat die Regierung RED-Tabara beschuldigt, für eine Reihe bewaffneter Angriffe im ganzen Land verantwortlich zu sein, darunter auch Angriffe, die Anfang Oktober 2020 in der Provinz Kayanza verübt wurden.

Die Festnahme von Tony Germain Nkina erfolgte, als er einen Mandanten in der Gemeinde Kabarore besuchte – einem Ort, in dem es im Oktober 2020 zu einem solchen bewaffneten Angriff kam. Er hatte ihn in einem Fall von Landstreitigkeiten beraten. Der Mandant wurde wegen desselben Straftatbestands zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Tony Germain Nkina wurde im Büro des Geheimdienstes (SNR) in Kayanza verhört und festgehalten und anschließend in Polizeigewahrsam genommen, bevor er am 16. Oktober 2020 in das Gefängnis von Ngozi verlegt wurde, wo er weiterhin inhaftiert ist.

Während der Berufungsverhandlung gelang es der Staatsanwaltschaft erneut nicht, die Vorwürfe zu untermauern, dass Tony Germain Nkina in irgendeiner Weise mit RED-Tabara in Verbindung stehe. Sie konnte auch keine Zeug_innen vorbringen, die diese Vorwürfe bestätigen.

In einer gemeinsamen Erklärung vom 8. Oktober (https://www.amnesty.org/fr/documents/afr16/4853/2021/fr/) prangerte Amnesty International die Entscheidung des Berufungsgerichts an. Die Menschenrechtsorganisation wies auch darauf hin, dass Burundi trotz mehrfacher Beteuerungen, seine Menschenrechtsverpflichtungen besser einzuhalten, weiterhin zunehmend die bürgerlichen Freiheiten einschränkt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Tony Germain Nkina arbeitete für APRODH, eine der aktivsten und bekanntesten Menschenrechtsorganisationen Burundis, die 2015 von der Regierung geschlossen wurde. Pierre-Claver Mbonimpa, der Gründer und Präsident von APRODH, erlitt 2015 bei einem Attentat lebensgefährliche Verletzungen. Sein Sohn und der Schwiegersohn von Pierre-Claver Mbonimpa wurden 2015 erschossen. Der APRODH-Vertreter in der Provinz Gitega, Nestor Nibitanga, wurde 2017 festgenommen und 2018 aufgrund ähnlicher Anschuldigungen, wie die gegen Tony Germain Nkina, zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er wurde im April 2021 im Rahmen der Begnadigung von mehr als 5.000 Gefangenen durch Präsident Évariste Ndayishimiye freigelassen.

Ein weiterer prominenter Menschenrechtsverteidiger, Germain Rukuki, wurde 2017 verhaftet und 2018 aufgrund konstruierter Anschuldigungen im Zusammenhang mit seiner Menschenrechtsarbeit zu 32 Jahren Haft verurteilt. Seine Verurteilung wurde 2019 vom Berufungsgericht bestätigt, doch die Entscheidung des Berufungsgerichts wurde anschließend vom Obersten Gerichtshof aufgehoben. Das Berufungsgericht reduzierte seine Strafe im Juni 2021 auf ein Jahr. Noch im selben Monat wurde er freigelassen.

Die Zivilgesellschaft und die Medienorganisationen Burundis gehörten 2015 zu den ersten Zielscheiben der staatlichen Repression. Die Regierung schloss die meisten unabhängigen Menschenrechtsorganisationen und Medien vorübergehend oder dauerhaft oder trieb die Mitarbeiter_innen ins Exil. Trotz einiger Annäherungsversuche von Präsident Ndayishimiye an die Medien im Jahr 2021 betrachtet die burundische Regierung Menschenrechtsarbeit weiterhin mit Misstrauen, und die Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, werden nach wie vor stark eingeschränkt.

Die meisten unabhängigen Menschenrechtsorganisationen konnten ihre Tätigkeit in Burundi nicht wieder aufnehmen, zumal die burundischen Behörden gegen viele ihrer führenden exilierten Aktivist_innen Haftbefehle erlassen haben. Zu einer Gruppe von 34 Personen, die im Juni 2020 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, weil sie an einem Putschversuch im Mai 2015 beteiligt gewesen sein sollen, gehören zwölf Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen; das Urteil des Obersten Gerichtshofs wurde erst im Februar 2021 veröffentlicht.

Festnahmen oder Inhaftierungen als Strafe für die friedliche Ausübung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, sind willkürlich und verstoßen gegen die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die beide von Burundi ratifiziert wurden. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat festgelegt, dass Personen, die ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind, unverzüglich freigelassen werden müssen.