El Salvador: Staatliche Gewalt beenden!

Das Bild zeigt eine Menschenmenge, die demonstriert, sowie viele Polizisten

Demonstrierende fordern in der salvadorischen Hauptstadt San Salvador ein Ende der Menschenrechtsverletzungen, die im Rahmen des Ausnahmezustands begangenen werden (18. November 2023).

Am 27. März 2022 verhängte die Regierung von El Salvador den Ausnahmezustand. Er führte zu massiven Menschenrechtsverletzungen, darunter systematische Folter und Misshandlungen, die Verweigerung von grundlegenden Rechten wie ein faires Gerichtsverfahren sowie ungeklärte Todesfälle in Haft. 

Viele Menschen wurden willkürlich festgenommen. Zwischenzeitlich waren mehr als 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung inhaftiert. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist massiv eingeschränkt. Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen werden diffamiert und bedroht.

Dies muss ein Ende haben. Werde aktiv und beteilige dich an unserer Online-Aktion!

P.S.: Du kannst den Appell in Deutsch oder Spanisch versenden - das spanische Anschreiben findest du im Block "Brief auf Englisch".    

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Präsident,

die Menschenrechtssituation in El Salvador seit der Ausrufung des Ausnahmezustands ist höchst beunruhigend. Tausende von Menschen, gegen die keinerlei Beweise für eine Beteiligung an einer Straftat oder kriminellen Bande vorliegen, sind inhaftiert, ohne dass sie sich innerhalb einer angemessenen Zeit vor einem Gericht verteidigen können. Die Überbelegung der Gefängnisse, fehlende Versorgung mit Nahrung, Trinkwasser, Medikamenten und Hygieneartikeln und Misshandlungen bis hin zu Folter und Todesfällen sind menschenunwürdig und widersprechen jeglicher Art von Rechtsstaatlichkeit. 

Ich schließe mich den Empfehlungen von Amnesty International an und appelliere an Sie, 

  • die im Rahmen des Ausnahmezustands erlassenen Verordnungen, die die Garantien für ein faires Gerichtsverfahren dauerhaft aussetzen, zu überprüfen und rückgängig zu machen. Stellen Sie sicher, dass diese grundlegenden Rechte für alle im Rahmen des Notstandsregimes inhaftierten Personen geachtet und aufrechterhalten werden.
     
  • die repressive Sicherheitspolitik zu beenden und stattdessen umfassende Strategien umzusetzen, die eine Menschenrechtsperspektive, Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen von Gewalt und Elemente wie Prävention, Wiedereingliederung und Rehabilitation einbeziehen. Der Staat muss die Beteiligung der Zivilgesellschaft sowohl bei der Gestaltung als auch bei der Überwachung solcher Maßnahmen und Strategien berücksichtigen.
     
  • die Rechte auf freie Meinungsäußerung und auf friedliche Versammlung im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards zu garantieren. Personen, die lediglich ihre Meinung äußern oder friedlich demonstrieren, dürfen nicht willkürlich inhaftiert und müssen unverzüglich freigelassen werden. Jede Form der Einschränkung, Diffamierung oder Kriminalisierung von kritischen und abweichenden Stimmen muss beendet werden, damit Medien, Journalist*innen und die Zivilgesellschaft frei und ohne Angst vor Repressalien agieren können.

Mit freundlichen Grüßen

Señor Presidente,

La situación de los derechos humanos en El Salvador desde la declaración del régimen de excepción es extremadamente preocupante. Miles de personas contra las que no existen pruebas de su implicación en un delito o banda criminal están encarceladas sin poder defenderse ante un tribunal en un plazo razonable. El hacinamiento en las cárceles, la falta de alimentos, agua potable, medicinas y productos de higiene y los malos tratos e incluso torturas y muertes son inhumanos y contradicen cualquier tipo de Estado de Derecho. 

Suscribo las recomendaciones de Amnistía Internacional y hago un llamamiento, 

  • revisar y derogar la normativa aprobada en el contexto del régimen de excepción que suspende permanentemente garantías del debido proceso asegurando que se respeten y mantengan las garantías de un juicio justo y los derechos al debido proceso para todas las personas arrestadas en el contexto del régimen de excepción.
  • poner fin a las políticas de seguridad represivas y, en su lugar, aplicar estrategias integrales que incorporen una perspectiva de derechos humanos, medidas para abordar las causas profundas de la violencia y elementos como la prevención, la reinserción y la rehabilitación. El Estado debe considerar la participación de la sociedad civil, tanto en el diseño como en le seguimiento de dichas medidas y políticas.
  • garantizar los derechos a la libertad de expresión y de reunión pacífica de acuerdo con las normas internacionales de derechos humanos. Las personas que simplemente expresen sus opiniones o se manifiesten pacíficamente no deben ser detenidas arbitrariamente y deben ser puestas en libertad inmediatamente. Debe ponerse fin a cualquier forma de restricción, difamación o criminalización de las voces críticas y discrepantes, de modo que los medios de comunicación, los periodistas y la sociedad civil puedan operar libremente y sin temor a represalias.

Atentamente

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Hintergrundinformationen

Wie ist die Lage in El Salvador?

Am 27. März 2022 verhängte die salvadorianische Regierung einen Ausnahmezustand, der zunächst 30 Tage dauern sollte. Zuvor war an jenem Wochenende eine außergewöhnlich hohe Zahl an Morden im Land verübt worden. Der Ausnahmezustand schränkte die Bürger*innenrechte massiv ein und sollte dazu dienen, die kriminellen Banden zu bekämpfen, die in den Jahren zuvor das Land in Angst und Schrecken versetzt hatten. Es folgte eine Verhaftungswelle unbekannten Ausmaßes, viele Menschen wurden willkürlich und ohne Rechtsgarantien verhaftet. Die meisten von ihnen sind bis heute ohne Verteidigungsmöglichkeit und ohne Urteil in Untersuchungshaft. Insbesondere Menschen, die mit einem niedrigen Bildungsniveau und prekärer Beschäftigung in Armut und in Gegenden leben, die durch Ausgrenzung oder Bandenkontrolle gekennzeichnet sind, sind von den repressiven staatlichen Maßnahmen unverhältnismäßig stark betroffen.

Der Ausnahmezustand wurde seitdem monatlich verlängert. Berichte von Menschenrechtsverteidiger*innen über schwerste Menschenrechtsverletzungen nahmen stark zu. Auch Amnesty International hat in einem umfassenden Bericht auf die drastische Verschlechterung der Situation hingewiesen. 

Mehr als 80.000 Menschen wurden seit Beginn des Ausnahmezustands inhaftiert. Kritiker*innen der Maßnahmen und Journalist*innen wurden schikaniert und bedroht und die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wurden massiv eingeschränkt. Zugang zu öffentlichen Informationen und Statistiken ist nicht mehr möglich. Kommunikationsmedien und Organisationen der Zivilgesellschaft werden übermäßig stark kontrolliert und in ihrer Arbeit behindert. Diese Taktiken richten sich im Wesentlichen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen, unabhängige Medien und Journalist*innen, Organisationen der Zivilgesellschaft und Mitarbeiter*innen der Justiz, die ihre Unabhängigkeit und die Einhaltung der Grundsätze der Legalität und der Rechtsstaatlichkeit unter Beweis gestellt haben.

Verhaftungen geschehen willkürlich, ohne Haftbefehl oder Beweise für eine Beteiligung an einer Straftat. Massenrazzien, anonyme Anzeigen und Vorbehalte wie Tätowierungen, angebliche familiäre Verbindungen zu Bandenmitgliedern, Vorstrafen oder Wohnort in einem Armenviertel dienen als Grundlage. Die Inhaftierten haben keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand und werden in Massenanhörungen mit bis zu 500 Personen abgeurteilt. Familien wissen oft nicht, wo ihre Angehörigen festgehalten werden. Habeas Corpus Anträge (Haftprüfungsanträge) werden nicht bearbeitet oder abgelehnt.

Amnesty International hat festgestellt, dass die Regierung El Salvadors mithilfe der Bedingungen in den Haftanstalten eine Politik der systematischen Folter verfolgt. Zu den schwerwiegendsten Folgen dieser Politik gehören Todesfälle in staatlichem Gewahrsam, einige mit offensichtlichen Anzeichen von Gewalteinwirkung, und viele andere als Folge der unmenschlichen Haftbedingungen, zu denen der Mangel an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und grundlegenden Hygieneartikeln sowie die Verweigerung von medizinischer Versorgung und von Medikamenten gehören.

Amnesty International hat auch eine Zunahme staatlicher Maßnahmen festgestellt, die die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit untergraben und die Ausübung des Rechts auf friedliche Versammlung, Beteiligung an öffentlichen Angelegenheiten und Zugang zu öffentlichen Informationen behindern. Dazu gehören Maßnahmen wie die Diffamierung und Bedrohung von Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen in den Medien von höchsten Regierungsorganen aus; die Verweigerung der Bekanntgabe von öffentlichen Informationen; die Behinderung und übermäßige Kontrolle von Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft.

"Die Aufrechterhaltung des Ausnahmezustands zeigt, dass die Regierung von Präsident Nayib Bukele nicht bereit ist, ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen", sagte Ana Piquer, Direktorin von Amnesty International für Nord- und Südamerika, in einem Interview am 24. April 2024. Amnesty International fordert ein Ende des Notstandsregimes und umfassende Maßnahmen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und die Ursachen der Gewalt zu bekämpfen. "Die Gewalt der Banden zu reduzieren, indem man sie durch staatliche Gewalt ersetzt, kann (…) nicht erfolgreich sein. Die salvadorianischen Behörden müssen die staatliche Reaktion auf eine umfassende Politik ausrichten, die die Menschenrechte respektiert und langfristige Lösungen anstrebt", sagte Ana Piquer.

Empfehlungen und Appelle von internationalen Menschenrechtsmechanismen, zum Beispiel bei Anhörungen vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte am 12. Juli 2024 oder Empfehlungen des UN-Hochkommissars für Menschenrechte am 20. Juli 2024, weist die Regierung mit Empörung zurück. Sie beschuldigt alle, die für die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten eintreten, die Machenschaften von kriminellen Banden zu unterstützen und verbittet sich jegliche Einmischung in die Angelegenheiten El Salvadors.

Am 20. Januar 2025 muss El Salvador vor dem UN-Menschenrechtsrat im Rahmen des allgemeinen periodischen Überprüfungsverfahrens (UPR) Rechenschaft über die Menschenrechtslage im Land ablegen. Grundlage für diese Überprüfung sind unter anderem Stellungnahmen der Zivilgesellschaft. Amnesty International hat dafür ein umfassendes Dokument mit Empfehlungen an die Regierung El Salvadors erstellt, deren Umsetzung zu einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechtslage führen können.

Unterstütze diese Empfehlungen, damit sie bei der Regierung El Salvadors Gehör finden.

Weitere Informationen findest du auf: www.ai-el-salvador.de