Amnesty Report Malediven 23. Mai 2018

Malediven 2017/18

Report Cover 17/18

Die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurden weiterhin massiv beschnitten. Die Behörden nutzten das Strafverfolgungssystem, um Oppositionelle, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Vertreter der Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen. Die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz bot weiterhin Anlass zur Sorge. Staatspräsident Abdulla Yameen Abdul Gayoom bekräftigte das Vorhaben, nach mehr als 60 Jahren wieder Hinrichtungen zu vollstrecken.

Justizsystem

Die politische Lage spitzte sich 2017 zu, als der Staatspräsident auf das Militär und die Justiz zurückgriff, um die Opposition zu unterdrücken. Im Juli versuchten oppositionelle Abgeordnete, über ein Misstrauensvotum eine Amtsenthebung des Parlamentspräsidenten zu erreichen. Das Verfahren kam jedoch zum Stillstand, nachdem vier Parlamentarier der Opposition ihr Mandat verloren hatten. Am 24. Juli wurden Abgeordnete daran gehindert, das Parlament zu betreten. Der Präsident wies das Militär an, sie mit Pfefferspray und Tränengas zu vertreiben. Die Parlamentarier Faris Maumoon und Qasim Ibrahim wurden unter dem Vorwurf, sie hätten andere Abgeordnete bestochen, um den Parlamentspräsidenten abzusetzen, willkürlich festgenommen.

Unfaire Gerichtsverfahren

Mehrere strafrechtliche Verfahren gegen Oppositionelle bewiesen, dass die Behörden Bestimmungen der Verfassung missachteten, die das Recht auf ein faires Verfahren schützten. Am 18. Juli 2017 wurde der Parlamentsabgeordnete Faris Maumoon bei der Durchsuchung seines Hauses festgenommen, weil er andere Abgeordnete durch Bestechung dazu gebracht haben soll, das Misstrauensvotum gegen den Parlamentspräsidenten zu unterzeichnen. Bei seinem Versuch, gegen die Anklage vorzugehen, verwies Faris Maumoon darauf, dass keine "legal beschafften" Beweise gegen ihn vorlägen.

Im August 2017 wurde Qasim Ibrahim, der Vorsitzende der Jumhooree-Partei, zu 38 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem man ihn u. a. wegen Verschwörung zum Sturz der Regierung schuldig gesprochen hatte. Nach wiederholten Bitten, ihm eine ärztliche Versorgung zu ermöglichen, erlaubte ihm das Gericht im September, zur Behandlung ins Ausland zu reisen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im April 2018 wurde der bekannte politische Blogger und Menschenrechtsaktivist Yameen Rasheed in seinem Wohnhaus in der Hauptstadt Malé erstochen. Drei Jahre zuvor war der Journalist Ahmed Rilwan "verschwunden". Die Ermittlungen waren in beiden Fällen von politischer Einflussnahme gekennzeichnet und hatten bis Ende 2017 zu keiner erfolgreichen Strafverfolgung der Täter geführt. 

Im März 2017 teilten Journalisten des Fernsehsenders Raajje TV der Polizei mit, man habe ihnen mit Mord gedroht, sollten sie Kollegen zum Faafu-Atoll schicken, um über einen Besuch des saudi-arabischen Königs zu berichten. Die Polizei ergriff keine zusätzlichen Maßnahmen zu ihrem Schutz. Etwa zur gleichen Zeit wurden zwei Journalisten der Zeitung Maldives Independent von der Polizei in "Schutzhaft" genommen, nachdem sie von Mitgliedern der Regierungspartei bedroht worden waren. Nach Angaben der Journalisten las die Polizei ihre Notizen und behandelte sie wie Verdächtige.

Im Juli 2017 wurden sieben Journalisten der Fernsehsender Sangu TV und Raajje TV festgenommen, als sie über einen Protest anlässlich des Unabhängigkeitstags berichteten. Man hielt sie mehrere Stunden lang fest, weil sie die Polizei behindert haben sollen.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Menschenrechtsverteidiger und friedlich Demonstrierende wurden weiterhin Opfer willkürlicher Maßnahmen. Am 24. Juli 2017 setzte das Militär Pfefferspray und Tränengas ein, um Abgeordnete am Betreten des Parlaments zu hindern. Am 8. August gingen Sondereinsatzkräfte der Polizei gegen einen Gedenkmarsch vor, den Angehörige und Freunde von Ahmed Rilwan anlässlich des dritten Jahrestags seines "Verschwindens" veranstaltet hatten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, entriss den Teilnehmenden ihre Transparente, zerstörte Plakate und nahm neun Personen vorübergehend fest. Einige Tage später erhielten der Neffe von Ahmed Rilwan und die Schwester von Yameen Rasheed, die als zivile Mitarbeiter bei der Polizei beschäftigt waren, ihre Kündigung, weil sie an dem Gedenkmarsch teilgenommen hatten.

Todesstrafe

Die Regierung kündigte an, man werde "Ende September" wieder Todesurteile vollstrecken. Die letzten Hinrichtungen hatten vor mehr als 60 Jahren stattgefunden. Hussain Humaam Ahmed, Ahmed Murrath und Mohamed Nabeel drohte weiterhin die unmittelbare Hinrichtung, obwohl es schwerwiegende Zweifel an der Fairness ihrer Verfahren gab. So wurde z. B. im Prozess gegen Hussain Humaam Ahmed Huaab ein offensichtlich erzwungenes Geständnis verwendet, das er später widerrufen hatte. Der UN-Menschenrechtsausschuss forderte die Regierung 2016 und 2017 wiederholt auf, ihren Verpflichtungen gemäß dem Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nachzukommen und die Hinrichtung der drei Männer auszusetzen. Unter den 17 zum Tode verurteilten Gefangenen waren mindestens fünf, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren.

Berichte von Amnesty International

Maldives: Opposition MP must get a fair trial (News story, 22 September)

Maldives: Killing of popular blogger an attack on freedom of expression (News story, 23 April)

Maldives: Halt first execution in more than 60 years (News story, 20 July)

Maldives to resume executions by September (ASA 29/7007/2017)

Weitere Artikel