Amnesty Report Kuwait 23. Mai 2018

Kuwait 2017/18

Report Cover 17/18

Die Regierung schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung 2017 weiterhin in unangemessener Weise ein. Regierungskritiker wurden strafrechtlich verfolgt und inhaftiert, und bestimmte Veröffentlichungen wurden verboten. Staatenlose Bidun sahen sich immer noch benachteiligt und konnten ihr Staatsangehörigkeitsrecht nicht wahrnehmen. Arbeitsmigranten waren auch weiterhin nicht ausreichend gegen Ausbeutung und Misshandlungen geschützt. Gerichte fällten erneut Todesurteile. Nach vier Jahren Pause wurden 2017 wieder Hinrichtungen vollstreckt.

Hintergrund

Am 6. April 2017 machte das Parlament eine Änderung des Jugendstrafrechts aus dem Jahr 2015 rückgängig und setzte das Alter der Volljährigkeit wieder von 16 auf 18 Jahre herauf. Damit könnten Festgenommene unter 18 Jahren vor lebenslangen Gefängnisstrafen und der Todesstrafe bewahrt werden. 

Im Juli 2017 führten die Behörden die Wehrpflicht wieder ein. Demnach muss mit Strafmaßnahmen rechnen, wer sich nicht innerhalb von 60 Tagen nach seinem 18. Geburtstag zum Wehrdienst meldet. 

In Bezug auf die Krise am Golf, die Anfang Juni 2017 ausbrach, als Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain ihre Beziehungen zu Katar abbrachen, nahm Kuwait eine Mittlerrolle ein. Das Land beteiligte sich weiterhin an der von Saudi-Arabien geführten internationalen Militärallianz, die in den bewaffneten Konflikt im Jemen eingriff (siehe Länderbericht Jemen).

Recht auf Meinungsfreiheit

Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung weiterhin in unangemessener Weise ein. Regierungskritiker und Internetaktivisten wurden strafrechtlich verfolgt und inhaftiert. Die Grundlage bildeten strafrechtliche Bestimmungen, die alle Kommentare verboten, die nach Ansicht der Behörden das Staatsoberhaupt beleidigten oder den Beziehungen zu den Nachbarstaaten schadeten. 

Im März 2017 verurteilte ein Berufungsgericht die in Großbritannien lebende Schriftstellerin und Bloggerin Rania al-Saad in Abwesenheit wegen "Diffamierung Saudi-Arabiens" auf Twitter zu drei Jahren Gefängnis. Mit dem rechtskräftigen Urteil wurde ein früherer Freispruch aufgehoben. 

Im Mai 2017 bestätigte das Kassationsgericht das Urteil eines Berufungsgerichts im Fall der Fintas-Gruppe. Es handelte sich dabei um 13 Männer, die angeklagt worden waren, weil sie sich auf WhatsApp über ein Video ausgetauscht hatten, das offenbar führende Politiker zeigte, die sich für eine Entmachtung des Staatsoberhaupts aussprachen. Sechs Angeklagte wurden freigesprochen, sieben Angeklagte wurden zu Gefängnisstrafen zwischen einem und zehn Jahren verurteilt, einige von ihnen in Abwesenheit. Das Gerichtsverfahren war überschattet von Unregelmäßigkeiten.

Im Juli 2017 bestätigte das Kassationsgericht die zehnjährige Gefängnisstrafe für den Blogger Waleed Hayes. Die vage formulierten Anklagen warfen ihm u. a. "Diffamierung" des Staatsoberhaupts und des Justizwesens vor. Während seiner Gerichtsverhandlung gab Waleed Hayes an, man habe ihn gefoltert, um ihn zu zwingen, Straftaten zu "gestehen", die er nicht begangen habe. Gegen ihn waren noch weitere Verfahren wegen anderer Anklagen anhängig.

Der ehemalige Parlamentsabgeordnete Musallam al-Barrak wurde im April 2017 freigelassen, nachdem er eine zweijährige Haftstrafe wegen Kritik an der Regierung verbüßt hatte. Ihm drohten weitere Prozesse aufgrund anderer Anklagen.

Der Aktivist Abdulhakim al-Fadhli, der sich für die Menschenrechte der Bidun eingesetzt hatte, wurde am 1. August 2017 nach Verbüßung seiner Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen. Er war wegen Teilnahme an einer friedlichen Demonstration im Jahr 2012 zu einer einjährigen Haftstrafe und anschließender Ausweisung verurteilt worden. Im Februar 2017 hatte das Kassationsgericht seinen Freispruch und den von 25 weiteren Bidun-Männern im Zusammenhang mit der Teilnahme an friedlichen Demonstrationen in Taima aufgehoben und erneut eine zweijährige Haftstrafe verhängt. Gegen Zahlung einer Kaution von 500 Kuwaitischen Dinar (etwa 1350 Euro) wurde der Vollzug der Gefängnisstrafen ausgesetzt. Dafür mussten die Angeklagten eine Erklärung unterschreiben, in der sie sich verpflichteten, nicht mehr an Demonstrationen teilzunehmen. Abdulhakim al-Fadhli unterzeichnete die Erklärung, wodurch in seinem Fall auch die Ausweisung hinfällig wurde.

Im August 2017 verbot die Staatsanwaltschaft jegliche Berichterstattung über laufende Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit der Staatssicherheit standen. Das Verbot erfolgte, obwohl das Kassationsgericht im Mai entschieden hatte, dass es keine rechtlichen Grundlagen gebe, um einen Bruch der "Verschwiegenheit" zu bestrafen oder entsprechende Veröffentlichungen zu untersagen.

Antiterrormaßnahmen und Sicherheit

Am 18. Juli 2017 verkündete das Kassationsgericht sein Urteil im Fall von 26 Angeklagten, denen u. a. "Spionage für den Iran und die Hisbollah" vorgeworfen wurde. Das Gericht bestätigte das Todesurteil, das gegen einen der Angeklagten in Abwesenheit gefällt worden war, und wandelte das Todesurteil eines anderen in lebenslange Haft um. Die Freisprüche für 13 Männer wurden aufgehoben; sie erhielten stattdessen Gefängnisstrafen zwischen fünf und 15 Jahren. Während des Verfahrens hatten einige der 26 Angeklagten berichtet, in der Untersuchungshaft gefoltert worden zu sein. Das Gericht ordnete keine Untersuchung dieser Vorwürfe an. Im August 2017 nahmen die Behörden 14 Männer fest, die zuvor freigesprochen worden waren und sich nach der Berufungsverhandlung auf freiem Fuß befanden. 

Entzug der Staatsbürgerschaft

Im März 2017 ordnete das Staatsoberhaupt an, dass einige Regierungskritiker und deren Familien ihre Staatsbürgerschaft zurückerhalten sollten. 

Am 2. Januar 2017 setzte das Kassationsgericht die Entscheidung eines Berufungsgerichts, wonach Ahmad Jabr al-Shamari und seine Familie ihre Staatsbürgerschaft zurückerhalten sollten, bis zu einer endgültigen Entscheidung des Kassationsgerichts aus. Anfang März zog Ahmad Jabr al-Shamari seinen Einspruch gegen die Entscheidung der Regierung aus dem Jahr 2014 zurück, ihm die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Im April schloss das Kassationsgericht den Fall und erklärte, der Rechtsstreit sei beendet.

Diskriminierung – Bidun

Mehr als 100000 staatenlosen Bidun mit Wohnsitz in Kuwait wurde die Staatsbürgerschaft auch 2017 vorenthalten. Im Mai 2016 hatte das Parlament einen Gesetzentwurf gebilligt, der mehr als 4000 Bidun die kuwaitische Staatsangehörigkeit gewähren könnte. Ende 2017 war das Gesetz jedoch noch nicht in Kraft getreten. Im September 2017 empfahl der UN-Ausschuss für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung der Regierung, allen Bidun denselben Zugang zu angemessenen sozialen Dienstleistungen und Bildung zu gewähren wie kuwaitischen Staatsbürgern. Zudem erwartet der Ausschuss im nächsten Bericht der Regierung Informationen bezüglich des Zugangs von Bidun zum Bildungswesen.

Arbeitnehmerrechte – Arbeitsmigranten

Arbeitsmigranten, die in Privathaushalten, im Baugewerbe oder in anderen Branchen beschäftigt waren, wurden von ihren Arbeitgebern auf der Grundlage des Sponsorensystems (kafala) weiterhin ausgebeutet und misshandelt, da sie ohne Zustimmung ihres "Sponsors" weder die Arbeitsstelle wechseln noch das Land verlassen durften.

Frauenrechte

Im Mai 2017 stellte die UN-Arbeitsgruppe für die Frage der Diskriminierung von Frauen im Recht und in der Praxis fest, dass es Verbesserungen gab hinsichtlich des aktiven und passiven Wahlrechts von Frauen und bezüglich der Lohngleichheit von Männern und Frauen. Was Erbrecht, Heirat, das Sorgerecht für die Kinder und das Recht auf Staatsangehörigkeit betraf, wurden Frauen jedoch noch immer diskriminiert. Auch waren Frauen nach wie vor häuslicher Gewalt ausgesetzt.

Todesstrafe

Am 25. Januar 2017 wurden zum ersten Mal seit 2013 wieder Hinrichtungen vollstreckt. Gerichte verhängten weiterhin Todesurteile für Mord, Drogendelikte und terroristische Straftaten.

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