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Mit dem "Gangnam Style" gegen Zwangsräumungen
"Gangnam Style": Aktion der "Friends of December 10th" vor der Nationalversammlung in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh am 10. Dezember 2012.
© LICADHO
In Kambodscha sind tausende Menschen von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht. Aktivistinnen und Aktivisten setzen sich vor Ort mit Mut und Kreativität für ihre Rechte ein. Amnesty International unterstützt sie dabei, indem die Organisation u.a. mit Petitionen internationalen Druck auf die Behörden aufbaut.
Susanne Franzke ist seit elf Jahren aktives Amnesty-Mitglied und seit 2005 Mitglied der Kambodscha-Ländergruppe der deutschen Amnesty-Sektion.
Übrig bleibt oft nur ein Haufen Schutt und Asche: Rechtswidrige Zwangsräumungen sind eines der gravierendsten Menschenrechtsprobleme in Kambodscha. Innerhalb weniger Stunden verlieren Menschen ihr Zuhause, werden Hütten und Häuser dem Erdboden gleichgemacht.
Doch immer mehr Menschen setzen sich zur Wehr. So zogen am 10. Dezember 2012, dem internationalen Tag der Menschenrechte, mehr als hundert Aktivistinnen und Aktivisten der Organisation "Friends of December 10th" vor die Nationalversammlung in der Hauptstadt Phnom Penh, um auf kreative Art ihren Protest zum Ausdruck zu bringen: Mit schwarzen Sonnenbrillen und im weißen T-Shirt tanzten sie dort den "Gangnam Style"-Tanz, während Lautsprecher den Platz mit dem gleichnamigen Welthit des südkoreanischen Rappers Psy beschallten.
Doch statt des Originaltextes sangen sie u.a. "Vertreibt uns nicht von unserem Land" und "Auch wir haben Landrechte".
Mit "Gangnam Style" gegen Zwangsräumungen: Aktion der "Friends of December 10th" in Phnom Penh am 10. Dezember 2012.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollten mit ihrer humorvollen Aktion auf ein sehr ernstes Problem aufmerksam machen: Im ganzen Land sind tausende Menschen von Zwangsräumungen, Landkonflikten und Landraub betroffen. Nicht nur in den Städten müssen die Menschen sogenannten Entwicklungsprojekten und luxuriösen Apartmentbauten weichen, auch in den ländlichen Gebieten werden die Menschen vertrieben, um Platz für Plantagen zu machen.
Allein in der Hauptstadt Phnom Penh wurden laut Schätzungen lokaler NGOs zwischen 1990 und 2011 ca. zehn Prozent der Stadtbevölkerung zwangsumgesiedelt, landesweit wird die Zahl der Betroffenen auf rund 420.000 geschätzt.
Viele Familien werden aus ihren Häusern und von ihrem Land vertrieben, ohne angemessene Entschädigung. Trotz Dokumenten, die ihren Anspruch auf das Land beweisen, wird ihnen meist eine Besitzeintragung verwehrt. Manche werden auf Gebiete weit außerhalb der Stadt vertrieben, ohne ausreichende Infrastruktur, fernab von ihrer Arbeitsstelle, Schulen oder Krankenhäusern.
Seit Anfang 2008 arbeiten wir Mitglieder der Kambodscha-Ländergruppe intensiv zu den rechtswidrigen Zwangsräumungen und anderen Menschenrechtsverletzungen in Kambodscha, die mit den Vertreibungen in Zusammenhang stehen. Amnesty International veröffentlichte mehrere Berichte und startete immer wieder Eilaktionen, wenn Zwangsräumungen bevorstanden, oder wenn Menschen, die ihr Heim schützen wollten, verhaftet wurden oder wenn sich friedliche Landaktivistinnen und -aktivisten Repressalien ausgesetzt sahen.
Ohne Vorwarnung: Am frühen Morgen des 24. Januar 2009 machten von Polizisten beschützte Bulldozer die Häuser und Hütten der Gemeinde Dey Krahorm in Phnom Penh dem Erdboden gleich. Die Bewohnerinnen und Bewohner wurden obdachlos.
© Nicolas Axelrod
Leider konnten wir bis jetzt keine rechtswidrige Zwangsräumung in Kambodscha verhindern, und auch eine unserer Hauptforderungen - ein Moratorium für rechtswidrige Zwangsräumungen - wurde bisher noch nicht erfüllt.
Doch dies bedeutet nicht, dass unser Einsatz umsonst war! Im Gegenteil: Der Druck auf die kambodschanischen Behörden zeigt Wirkung.
In manchen Fällen liefen die Zwangsräumungen ohne Anwendung von Gewalt ab – ein kleiner Fortschritt, denn all zu häufig gehen Polizisten und Sicherheitsleute der Baufirmen sehr brutal vor. Die Behörden verhandeln nun auch länger mit den Betroffenen, und es gab auch teilweise höhere Entschädigungen. Einigen Familien wurden Ersatzwohnungen zur Verfügung gestellt.
Die Menschen in Kambodscha wissen von unserem Engagement – und sind dankbar dafür. Es gibt ihnen Kraft und Mut, weiter für ihr Recht zu kämpfen. Denn für sie geht es um ihre Existenz.
Kreativer und humorvoller Protest: Mehr als hundert Menschen beteiligten sich an der Aktion vor der Nationalversammlung.
© LICADHO
Immer mehr Menschen und Gemeinden engagieren sich im Kampf gegen die illegalen Zwangsräumungen. Sie sammeln Petitionen, halten Versammlungen ab und tragen ihren Protest bei Demonstrationen auf die Straße.
Doch dies ist nicht ganz ungefährlich: Behörden und Baufirmen schüchtern die Aktivistinnen und Aktivisten ein und setzen sie unter Druck. Versammlungen werden von den Behörden immer wieder aufgelöst, bei Demonstrationen kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Obwohl sie sich nichts haben zu schulden kommen lassen, werden friedliche Aktivistinnen und Aktivisten regelmäßig festgenommen, und Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger unter fadenscheinigen Gründen immer wieder zu Haftstrafen verurteilt.
So wie zuletzt Yorm Bopha und Tim Sakmony. Die beiden Frauen haben für ihr Wohnrecht und für die Rechte ihrer Gemeinden in Phnom Penh gekämpft. Sie wurden kürzlich aufgrund von fabrizierten Anklagen verurteilt.
2012 hat unsere Gruppe zusammen mit der Amnesty-Gruppe "Menschenrechtsverletzungen an Frauen" die Aktion "Frauen gegen Zwangsräumung" durchgeführt. Viele Amnesty Mitglieder haben Unterschriften gesammelt – in wenigen Monaten kamen ungefähr 4.000 zusammen. Diese Unterschriften wurden bei der bereits eingangs erwähnten Veranstaltung der "Friends of December 10th" am 10. Dezember 2012 der kambodschanischen Nationalversammlung übergeben.
Die "Friends of December 10th" sind ein Zusammenschluss von Aktivistinnen und Aktivisten von unterschiedlichen Organisationen, darunter Gewerkschaften, NGOs und Bauernvereinigungen. Sie haben in ganz Kambodscha Veranstaltungen und Treffen organisiert, an denen rund 62.000 Menschen teilgenommen haben.
Einer der Höhepunkte war die Aktion vor der Nationalversammlung in Phnom Penh. Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden, Gewerkschaften und Bürgerinitiativen kamen dort zusammen und trugen T-Shirts mit 11.000 Unterschriften und Fingerabdrücken von Menschen aus verschiedenen Provinzen. Die Abdrücke hatten sie erst in den Tagen zuvor gesammelt.
40.000 Unterschriften gegen Zwangsräumungen: Amnesty-Mitglieder in Deutschland, Frankreich, Neuseeland und Südkorea setzten sich mit Petitionen für die Menschenrechte der Betroffenen ein.
© LICADHO
Es wurden sogenannte "Freundschaftskörbe und –bäume" aufgestellt. An diesen wurden 40.000 Unterschriften gegen die rechtswidrigen Zwangsräumungen aufgehängt, die von Amnesty-Mitgliedern aus Deutschland, Frankreich, Neuseeland und Südkorea in den Monaten zuvor gesammelt und nach Kambodscha geschickt worden waren.
Der Präsident der Nationalversammlung wollte die Petitionen zwar nicht annehmen, aber er akzeptierte einen Brief der Gruppe. Drei Parlamentarier der Oppositionsparteien nahmen die Petitionen mit in die Nationalversammlung.
Der Tag endete ohne Probleme oder Gewalt, nur wenige Polizisten waren anwesend. Einige Tage zuvor war es noch während mehrerer friedlicher Demonstrationen zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen