Aktuell Syrien 03. April 2009

Syrien: Pro-demokratische Aktivisten in Haft und ohne Kontakt zur Außenwelt

Region Mittlerer Osten und Nordafrika
Prodemokratische syrische Aktivisten

Prodemokratische syrische Aktivisten

Sieben junge Männer, die eine pro-demokratische Diskussionsgruppe gegründet und Artikel im Internet veröffentlicht haben, wurden im Juni 2007 nach einem unfairen Verfahren vor dem Obersten Staatsicherheitsgericht in Damaskus zu Haftstrafen zwischen fünf und sieben Jahren verurteilt. Amnesty International betrachtet die jungen Männer als gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerungen nunmehr seit drei Jahren in Haft sind und fordert deshalb die sofortige und bedingungslose Freilassung der sieben jungen Aktivisten.

Zu Unrecht in Haft: Sieben junge pro-demokratische Aktivisten

  • Tareq al-Ghorani, 21-jähriger Ingenieur (7 Jahre Haft),
  • Maher Isber Ibrahim, 26-jähriger Ladenbesitzer (7 Jahre Haft),
  • Ayham Saqr, 30-jähriger Angestellter in einem Kosmetiksalon (5 Jahre Haft),
  • Allam Fakhour, 29-jähriger Student der Bildhauerei an der Fakultät für Kunst an der Universität von Damaskus (5 Jahre Haft),
  • OmarAli al-`Abdullah, 21-jähriger Philosophiestudent an der Universität von Damaskus (5 Jahre Haft),
  • Husam `Ali Mulhim, 22-jähriger Jurastudent an der Universität von Damaskus, wo er auch Gedichtlesungen organisiert hat (5 Jahre Haft),
  • Diab Siriyeh, 21-jähriger Teilzeitstudent (5 Jahre Haft).

Berichte über Folter und Misshandlungen im Gefängnis

Die sieben pro-demokratischen Aktivisten wurden zwischen dem 26. Januar und 18. März 2006 durch Angehörige des Geheimdienstes der syrischen Luftwaffe festgenommen. Die jungen Männer wurden seit ihren Festnahmen fast durchgehend abgeschnitten von der Außenwelt in Haft gehalten. Bis Ende April 2006 wurden die sieben Aktivisten Berichten zufolge in Einzelhaft im Haftzentrum des Geheimdienstes der Luftwaffe in Harasta in der Nähe von Damaskus inhaftiert. Amnesty International hat glaubwürdige Berichte erhalten, denen zufolge die jungen Männer während der Haft beim Geheimdienst der Luftwaffe, der für seine harte Vorgehensweise bekannt ist, gefoltert und misshandelt wurden. Anschließend wurden sie in das Sednaya Gefängnis in der Nähe von Damaskus verlegt.

Seit Juli 2008 kein Zugang zu den Gefangenen

Am 5. Juli 2008 brach im Sednaya Gefängnis ein Aufstand aus, bei dem es zu Kämpfen zwischen islamistischen Gefangenen und Militärpolizisten kam. Berichten von syrischen Menschenrechtsorganisationen zufolge, verloren mindestens 23 Menschen bei den Auseinandersetzungen ihr Leben, davon 17 Gefangene. Die syrischen Behörden verschweigen bis heute Details über den Tathergang und über die Namen der Opfer. Seit diesem Ereignis wird allen Gefangenen, auch den sieben jungen Aktivisten, der Kontakt zur Außenwelt verwehrt.

Unfairer Prozess und Geständnisse unter Folter

Den Männern wurden zwei Anklagepunkte zur Last gelegt: ,,Handlungen, Schriftstücke oder mündliche Äußerungen, die die Beziehungen zu einem ausländischen Staat gefährden bzw. Syrien der Gefahr eines Angriffes durch einen ausländischen Staat aussetzen" (nach Art. 278 syrisches Strafgesetzbuch – StGB) und ,,Verbreitung von Falschinformationen, die das Ansehen des Staates schädigen" (nach Art. 287 StGB).
Das Gerichtsverfahren gegen die pro-demokratischen Aktivisten begann im November 2006 vor dem Obersten Staatssicherheitgericht in Damaskus. Die Verfahren vor diesem Gericht entsprechen bei weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Gegen Urteile dieses Gerichts können keine Rechtsmittel eingelegt werden, und Angeklagte haben nur eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand. Mutmaßlich durch Zwang oder Folter erpresste ,,Geständnisse" werden zudem als Beweismittel zugelassen.

Am ersten Verhandlungstag Ende November wiesen alle sieben Aktivisten die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück und erklärten, dass ihre Geständnisse durch Folter erpresst wurden. Nach Kenntnis von Amnesty International hat das Gericht keine Untersuchung der von den Angeklagten erhobenen Foltervorwürfe veranlasst. Den jungen Männern wurden vertrauliche Gespräche mit ihren Rechtsanwälten zur Vorbereitung auf den Prozess verweigert. Erst Ende November, am Rande des mündlichen Verhandlungstermins vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht, wurde den Angeklagten zum ersten Mal erlaubt, mit ihren Rechtsanwälten kurz in Anwesenheit von Wachmännern zu sprechen. Einer der Gefangenen hatte die Möglichkeit, für einige Minuten mit seinen Familienangehörigen zu sprechen.

Amnesty International fordert die sofortige Freilassung

Amnesty International betrachtet die sieben pro-demokratischen Aktivisten als gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerungen und ihrer Beteiligung an Diskussionsgruppen, die sich um die Förderung der Demokratie in Syrien drehten, inhaftiert sind, und fordert ihre sofortige Freilassung.

Was Sie tun können

Schreiben Sie jetzt Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie sich für die sofortige und bedingungslose Freilassung der sieben jungen Männer einsetzen.

Schreiben Sie bitte Briefe, in denen Sie

  • die Behörden auffordern, die sieben Männer (bitte namentlich nennen: Tareq al-Ghorani, Maher Isber Ibrahim, Ayham Saqr, Allam Fakhour,Omar Ali al-Abdullah, Husam `Ali Mulhim und Diab Siriyeh) sofort und bedingungslos freizulassen, da Amnesty International sie als gewaltlose politische Gefangene betrachtet, die nur deshalb festgehalten werden, weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben;

  • bei den Behörden darauf dringen sofort öffentlich bakannt zu geben, an welchem Ort die Männer gefangen gehalten werden und die Besorgnis darüber äußern, dass die Gefangenen seit dem 5. Juli 2008 keinen Kontakt mit der Außenwelt haben. Fordern Sie die Behörden auf, den sieben Männern regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu ihrer rechtlichen Vertretung, ihren Familienangehörigen sowie jeder benötigten medizinischen Versorgung zu gewähren;

  • die Behörden auffordern, eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Berichte über Folterungen der sieben Männer einzuleiten, gemäß der Verpflichtungen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und des UN-Übereinkommens gegen Folter, deren Vertragsstaat Syrien ist;

  • die Behörden daran erinnern, dass das Verfahren gegen die sieben Männer vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entsprach;

  • die Behörden daran erinnern, dass §38 der syrischen Verfassung das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert.

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch an folgende Adressaten:

Staatspräsident
His Excellency President Bashar al-Assad
Presidential Palace
Abu Rummaneh
al-Rashid Street
Damaskus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 963) 11-332 3410

Kopien an:

Botschaft der Arabischen Republik Syrien
S.E. Herrn Hussein Omran
Rauchstr. 25
10787 Berlin
(korrekte Anrede: Exzellenz)
Telefax: 030 – 5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de

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