Journalistin eingeschüchtert

Khadija Isamayilova in Baku 2010

Khadija Isamayilova in Baku 2010

Die investigative Journalistin Khadija Ismayilova wird von den aserbaidschanischen Behörden schikaniert und an der Ausreise gehindert. Sie befürchtet, festgenommen zu werden. Die Behörden nehmen sie bereits seit geraumer Zeit wegen ihrer regierungskritischen Berichterstattung ins Visier. Derzeit läuft gegen sie ein Strafverfahren wegen einer offenbar politisch motivierten Verleumdungsklage.

Appell an

PRÄSIDENT
Ilham Aliyev
Office of the President of the Azerbaijan Republic
19 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ 1066, ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear President Aliyev / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 994) 12 492 0625
E-Mail: office@pa.gov.az

GENERALSTAATSANWALT
Zakir Qaralov
7 Rafibeyli Street
Baku AZ1001, ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 994) 12 492 0335
E-Mail: info@prosecutor.gov.az oder z.qaralov@prosecutor.gov.az

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S. E. Herrn Parviz Shahbazov
Hubertusallee 43
14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Aserbaidschanisch, Englisch, Russisch, oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. November 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Khadija Ismayilova in einem Verfahren vor Gericht gestellt wird, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht. Arbeiten Sie bitte unbedingt darauf hin, Verleumdung in Aserbaidschan zu entkriminalisieren.

  • Bitte heben Sie das gegen Khadija Ismayilova verhängte Reiseverbot umgehend auf. Beenden Sie bitte zudem unverzüglich die Schikanierungs- und Einschüchterungsversuche, so dass sie ihrer Menschenrechtsarbeit ohne Furcht vor Repressalien nachgehen kann.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Azerbaijani authorities to ensure that pending the repeal of the criminal defamation law, Khadija Ismayilova’s right to a fair trial is not prejudiced due to her human rights work challenging the authorities.

  • Calling on the authorities to immediately lift the travel ban on Khadija Ismayilova and end all harassment and intimidation, to enable her to conduct her human rights work without any interference.

Sachlage

Die Investigativjournalistin Khadija Ismayilova, die auch als Reporterin für Radio Free Europe tätig ist, kritisiert seit einiger Zeit offen die aserbaidschanische Regierung. Auch hat sie einige Artikel veröffentlicht, in denen sie Korruption und Menschenrechtsverletzungen anprangert. Am 12. Oktober wollte sie eine internationale Konferenz zum Thema Freiheit und Menschenrechte in Prag besuchen, wurde jedoch von den aserbaidschanischen Behörden an der Ausreise gehindert. Das Reiseverbot war von der Staatsanwaltschaft angeordnet worden mit der Begründung, dass Khadija Ismayilova als Zeugin in einem Strafverfahren das Land nicht verlassen darf. Am 3. Oktober war sie am Flughafen Baku durchsucht und vier Stunden lang festgehalten worden, nachdem sie gerade aus Frankreich zurückgekehrt war. Sie hatte in Straßburg Mitgliedern der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über die zunehmend prekäre Menschenrechtslage in Aserbaidschan berichtet.

Gegen Khadija Ismayilova läuft derzeit ein Strafverfahren wegen Verleumdung. Am 30. September hatte eine Privatperson Anzeige gegen sie erstattet, weil sie die Person in einem von ihr veröffentlichten Dokument diffamiert haben soll, in dem die Namen von Informant_innen preisgegeben wurden. Zuvor hatte Khadija Ismayilova ein Dokument ins Internet gestellt, welches Informationen über die Rekrutierung von Informant_innen der aserbaidschanischen Sicherheitskräfte beinhaltete. Khadija Ismayilova gibt an, alle Namen aus dem Dokument gelöscht zu haben, um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen. Allerdings wurde später das gleiche Dokument mitsamt aller Namen von einem anderen Nutzer online gestellt. Khadija Ismayilova streitet ab, etwas mit dieser zweiten Veröffentlichung zu tun zu haben.

Amnesty International befürchtet, dass das Strafverfahren gegen Khadija Ismayilova politisch motiviert ist, da sie bereits seit geraumer Zeit wegen ihrer Menschenrechtsarbeit von den Behörden schikaniert und eingeschüchtert wird. Darüber hinaus sollte Verleumdung nicht als strafbare Handlung, sondern im Rahmen eines Zivilprozesses geahndet werden. Am 27. Dezember 2011 bekundeten die aserbaidschanischen Behörden in einem nationalen Aktionsplan für Menschenrechte ihre Absicht, den Straftatbestand der Verleumdung 2012 zu entkriminalisieren. Bisher wurden dahingehend jedoch keine Maßnahmen ergriffen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Khadija Ismayilova untersucht derzeit Berichte, nach denen die Familie des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev von einem lukrativen Bauprojekt in der Hauptstadt Baku profitiert. Am 7. März 2012 erhielt sie einen Brief mit Bildern, auf denen sie beim Sex zu sehen war. Offenbar waren Unbekannte zuvor in ihre Wohnung eingedrungen und hatten dort versteckte Kameras platziert. Den Bildern lag ein Brief bei, in dem stand, dass man sie "bloßstellen" würde, wenn sie ihre Arbeit nicht einstellt. Khadija Ismayilova weigerte sich, darauf einzugehen, und machte den Erpressungsversuch öffentlich.

Amnesty International betrachtet seit Langem mit Sorge, dass die aserbaidschanischen Behörden ihre internationale Verpflichtung zum Schutz der Meinungsfreiheit nicht erfüllen. Oppositionelle Stimmen im Land werden häufig von den Behörden bzw. von Gruppen mit Verbindungen zu den Behörden mit konstruierten Strafanzeigen, tätlichen Übergriffen, Schikanierung, Erpressung oder anderen Repressalien zum Schweigen gebracht. In den vergangenen fünf Monaten haben die Behörden sechs bekannte Menschenrechtler_innen auf der Grundlage von konstruierten Anklagen wie z. B. Hochverrat festgenommen.

Der UN-Menschenrechtsausschuss appelliert an Staaten, Verleumdung zu entkriminalisieren, und hat bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass das Strafrecht nur auf schwerste Verbrechen angewendet werden soll. Der Ausschuss hat betont, dass Gesetze gegen Verleumdung sehr sorgfältig formuliert werden müssen, um sicherzustellen, dass sie den internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen der einzelnen Staaten Rechnung tragen und nicht effektiv das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken. Personen, die der Verleumdung angeklagt sind, sollten überdies das Recht haben, sich zu ihrer Verteidigung auf das öffentliche Interesse zu berufen. Nicht zuletzt ist der Menschenrechtsausschuss der Ansicht, dass unverhältnismäßige Strafen unbedingt zu vermeiden sind. Auch der UN-Sonderberichterstatter über die Förderung und den Schutz der Meinungsfreiheit und des Rechts der freien Meinungsäußerung sowie der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung haben Aserbaidschan zur Entkriminalisierung von Verleumdung aufgefordert. Im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Aserbaidschan 2009 haben zudem einige andere Staaten dasselbe gefordert.

In Aserbaidschan gibt es derzeit 23 Personen, die von Amnesty International als gewaltlose politische Gefangene betrachtet werden, da sie allein deshalb in Haft sind, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Weitere Informationen finden Sie auf Englisch in dem Bericht Behind bars: Silencing dissent in Azerbaijan unter http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR55/004/2014/en, in einem weiteren englischsprachigen Dokument unter http://www.amnesty.org/en/library/asset/EUR55/010/2014/en und den Urgent Actions UA-182/2014, UA-200/2014 und UA-186/2014.