Menschenrechtlerin vermisst

Zhuang Lu wird seit dem 22. August vermisst. Sie arbeitet für die Nichtregierungsorganisation "Open Constitution Initiative" (OCI). Die in Peking ansässige OCI leistet Opfern von Menschenrechtsverletzungen Rechtsbeihilfe und erstellt wissenschaftliche Studien. Zhuang Lu könnte sich in Polizeigewahrsam befinden. Ihr drohen Folter und andere Misshandlungen.

Appell an

LEITER DES BÜROS FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT IN PEKING
Director of the Beijing Public Security Bureau
MA Zhenchuan Juzhang
Beijingshi Gong'anju
9 Qianmen Dongdajie
Dongchengqu
Beijingshi 100740
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Director)
Fax: (00 86) 10 85222320

MINISTER FÜR ÖFFENTLCHE SICHERHEIT
Minister of Public Security of the People's Republic of China
MENG Jianzhu Buzhang
Gong’anbu
14 Dongchang’anjie
Dongchengqu
Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 86) 10 63099216

Sende eine Kopie an

MINISTERPRÄSIDENT
WEN Jiabao Guojia Zongli
The State Council General Office
2 Fuyoujie
Xichengqu
Beijingshi 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 86) 10 65961109

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herrn Wu Hongbo
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: chinesischeBotschaft@debitel.net
chinaemb_de@mfa.gov.cn
de@mofcom.gov.cn

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Oktober 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE IN ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • calling on the authorities to release Zhuang Lu immediately and unconditionally unless she is charged with an internationally recognizable offence;

  • urging the authorities to guarantee that Zhuang Lu is not tortured or ill-treated while she remains in custody;

  • urging the authorities to provide information on her whereabouts, and the reasons and legal basis for her continued detention.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • die sofortige und bedingungslose Freilassung von Zhuang Lu fordern, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt wird;

  • von den Behörden die Garantie einfordern, dass Zhuang Lu in Haft weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt wird;

  • die Behörden auffordern, Sie über den Aufenthaltsort von Zhuang Lu, die Gründe für ihre Festnahme und die rechtliche Grundlage ihrer fortgesetzten Inhaftierung zu informieren.

Sachlage

Die 27-jährige Zhuang Lu, die für die OCI als Finanzsekretärin arbeitet, wurde am 29. Juli 2009 zusammen mit dem Rechtsanwalt Xu Zhiyong von der Polizei festgenommen. Xu Zhiyong ist einer der Gründer der Organisation OCI. Gegen beide wurde am 13. August wegen des Verdachts auf "Steuerhinterziehung" Haftbefehl erlassen.

Am 23. August wurde Xu Zhiyong von der Polizei in Peking auf Kaution freigelassen, da die Ermittlungen noch andauern. Die Polizei teilte Xu Zhiyong mit, dass Zhuang Lu bereits einen Tag zuvor freigelassen worden sei. Ihr genauer Aufenthaltsort ist jedoch unbekannt. Am 26. August rief Zhuang Lu ihre Mutter an und sagte ihr, dass sie auf Kaution freigelassen worden sei, aber immer noch von der Polizei überwacht werde und weder nach Hause zurückkehren noch Peking verlassen dürfe. Ihre Familienangehörigen und KollegInnen haben seitdem nichts mehr von ihr gehört. Amnesty International befürchtet, dass Zhuang Lu sich noch immer in Polizeigewahrsam befindet.

Am 17. Juli hatten die Pekinger Behörden die Schließung des OCI-Büros angekündigt, da sich die Organisation nicht ordnungsgemäß als zivilgesellschaftliche Organisation registriert hatte.

Quellen in China sind der Ansicht, dass die chinesischen Behörden Xu Zhiyong aus der Haft entlassen haben, um so Protesten im Land gegen die Schließung der OCI entgegenzuwirken. Chinesische Quellen befürchten außerdem, dass Zhuang Lu inhaftiert wurde, um OCI-MitarbeiterInnen und andere UnterstützerInnen davon abzuhalten, öffentlich über die Schließung zu sprechen, und um die Menschenrechtsarbeit der OCI zu behindern.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 14. Juli 2009 hatte die "Open Constitution Initiative" (OCI) sowohl vom nationalen als auch vom Pekinger Steueramt einen Bescheid erhalten, dass sie wegen Steuervergehen eine Geldstrafe in Höhe von 1,42 Millionen Yuan (etwa 140.000 Euro) zahlen müsse. Diese Summe ist fünf mal so hoch wie der eigentlich zu zahlende Steuerbetrag, den die OCI nicht gezahlt haben soll. Als am 17. Juli Vertreter des Amtes für zivile Angelegenheiten im OCI-Büro erschienen, um die Betroffenen über die Schließung zu informieren, nahmen sie auch Computer, andere Büromaschinen, Akten und Dokumente mit. OCI-Vertreter versuchten, die Geldstrafe zu begleichen, es ist jedoch unklar, ob die Zahlungen akzeptiert wurden und inwieweit sich dies auf die Ermittlungen seitens der Regierung auswirken wird.

Seit ihrer Gründung im Jahre 2003 leistet die Nichtregierungsorganisation OCI, die in China auch als "Gongmeng" bekannt ist, Opfern von Menschenrechtsverletzungen rechtlichen Beistand. Dazu gehören Menschen, die Opfer von rechtswidrigen Zwangsräumungen oder des Skandals um verseuchtes Milchpulver geworden sind. Die OCI forderte kürzlich von verschiedenen Regierungszweigen mehr Transparenz in der Verteilung der öffentlichen Gelder und stützte sich dabei auf die chinesische Vorschrift für eine offene Information durch die Regierung (Regulation on Open Government Information - OGI). Dieser Erlass verleiht den BürgerInnen das Recht, Informationen von Behörden einzufordern und verpflichtet diese zur Herausgabe.