Weitere Morddrohungen gegen Menschenrechtler_innen

In Kolumbien haben 14 Personen und zwei Menschenrechtsorganisationen per E-Mail Morddrohungen von der paramilitärischen Gruppierung Águilas Negras erhalten. Auch ihre Familien wurden bedroht. Diese und weitere Massendrohungen richten sich gegen Personen, die sich für den Friedensprozess in Kolumbien einsetzen.

Appell an

PRÄSIDENT
Presidente Juan Manuel Santos
Presidente de la República, Casa de Nariño
Calle 7, No. 6-54
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos / Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

GENERALSTAATSANWALT
Eduardo Montealegre
Fiscalía General de la Nación
Diagonal 22B No. 52-01 (Ciudad Salitre)
Bloque C Piso 4, Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado Sr. Fiscal General / Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 57) 1 570 2000
(nach Ansage 2023)

Sende eine Kopie an

BERATENDER MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE UND SICHERHEIT
General (r) Oscar Adolfo Naranjo Trujillo
Ministro Consejero para el Postconflicto
Derechos Humanos y Seguridad
Calle 7 No. 6-64
Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado Sr. Ministro Consejero / Dear
Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 596 0631

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. April 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fürchte um die Sicherheit der bedrohten Aktivist_innen und bitte Sie dringend, in Absprache mit den Betroffenen umgehend wirksame Schutzmaßnahmen für sie einzuleiten.

  • Bitte leiten Sie eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Morddrohungen ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

  • Ich möchte Sie an Ihre Verpflichtung zum Schutz von Menschenrechtler_innen erinnern, die Sie gemäß der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen aus dem Jahr 1998 eingegangen sind.

  • Ergreifen Sie außerdem bitte entsprechend den Empfehlungen der Vereinten Nationen unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen und ihrer Verbindungen zu den Sicherheitskräften.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern for the safety of those threatened and urging the authorities to immediately provide effective protection for them in accordance with their wishes and needs.

  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into the death threats, publish the results and bring those responsible to justice.

  • Reminding them to fulfil their obligation to protect human rights defenders, as set out in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders.

  • Urging the authorities to take action against paramilitary forces and break any links between them and the security forces, in line with repeated UN recommendations.

Sachlage

In einer E-Mail vom 9. März wurden 14 Personen und zwei Menschenrechtsorganisationen, das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo (CCAJAR) und das Komitee zur Solidarität mit Politischen Gefangenen (CSPP), von der paramilitärischen Gruppierung Águilas Negras Bloque Sur mit folgendem Wortlaut bedroht: "Ihr Guerillakommunisten, eure Tage sind gezählt, euer Blut wird unserem Vaterland als Dünger dienen […] diese Nachricht ist auch für eure Kinder und Frauen bestimmt."

Unter den namentlich Erwähnten befanden sich auch der Menschenrechtler José Humberto Torres vom CSPP und die Politikwissenschaftler León Valencia und Ariel Ávila von der Stiftung Frieden und Aussöhnung (PARES). Die Stiftung hat kürzlich einen Bericht über den bewaffneten Konflikt und Szenarien für die Zeit danach veröffentlicht. Ebenfalls erwähnt wurden drei Mitglieder der Gesellschaft Neuer Regenbogen (Corporación Nuevo Arco Iris): José Aristizábal García, der erst im Jahr 2014 nach Kolumbien zurückgekehrt war, nachdem er lange Zeit im Exil gelebt hatte, Fernando Hernández Valencia und Adolfo Bula. In den Morddrohungen fanden auch zahlreiche Politiker_innen namentliche Erwähnung, darunter die Senator_innen Claudia López und Iván Cepeda, der Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro, sowie Gloria Flórez, die sich für Menschenrechtangelegenheiten und den Fortgang des Friedensprozesses einsetzen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Indigene, afro-kolumbianische und kleinbäuerliche Gemeinschaften sowie Menschenrechtsverteidiger_innen sind nach wie vor diejenigen, die am stärksten unter dem anhaltenden bewaffneten Konflikt im Land zu leiden haben. Alle Konfliktparteien – zum einen die kolumbianischen Streitkräfte, die entweder allein oder im Einvernehmen mit den Paramilitärs agieren, zum anderen die verschiedenen Guerillagruppen – begehen Menschenrechtsverstöße und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Hierzu zählen Tötungen sowie Verschwindenlassen und Verschleppung, Folter, Vertreibung und Sexualstraftaten.

Sicherheitskräfte und Paramilitärs bezeichnen Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften häufig als Kollaborateur_innen oder Unterstützer_innen von Guerillagruppen. In der Folge werden diese oftmals bedroht, entführt oder getötet. Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger_innen sind bereits als Sympathisant_innen der Guerilla bezeichnet und dann getötet worden. Auch Guerillagruppen bedrohen und töten immer wieder Menschenrechtsverteidiger_innen.

Ehemalige Guerillagruppierungen, die ihre Aktivitäten in Absprache mit früheren Regierungen eingestellt haben, sind ebenfalls Opfer von Morddrohungen und Menschenrechtsverletzungen geworden, meist begangen von Sicherheitskräften oder Paramilitärs, die entweder allein oder im Einvernehmen miteinander agieren.

Nach Angaben der NGO Somos Defensores wurden im Jahr 2014 mindestens 55 Menschenrechtler_innen getötet. Berichten des kolumbianischen Gewerkschaftsinstituts (Escuela Nacional Sindical – ENS) zufolge sind 2014 etwa 20 Gewerkschaftsmitglieder getötet worden. Besonders ins Visier genommen wurden Landrechtsaktivist_innen und Personen, die gegen Straffreiheit kämpfen. Neben solchen Angriffen wird das Rechtssystem dazu missbraucht, Anklagen gegen Menschenrechtler_innen zu konstruieren. Immer wieder werden vertrauliche Daten aus den Büros von NGOs gestohlen, was die Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien in ihrer Arbeit stark behindert. In der zweiten Jahreshälfte 2014 kam es vermehrt zu massenhaften Morddrohungen von paramilitärischer Seite gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen, die sich für den Fortgang des Friedensprozesses einsetzen.

Die kolumbianische Regierung hat ein Schutzprogramm eingeführt, um tausenden gefährdeten Personen, darunter Menschenrechtsverteidiger_innen, Schutz zu bieten. Allerdings weist dieses Programm noch beträchtliche Schwachstellen auf. Solange die für Menschenrechtsverletzungen bzw. –verstöße Verantwortlichen sich in Sicherheit wiegen dürfen, wird das Programm nur eingeschränkte Wirkung entfalten können.

Die kolumbianische Regierung und die FARC, Kolumbiens größte Guerillagruppierung, befinden sich seit Oktober 2012 in offiziellen Friedensverhandlungen. Am 17. Dezember 2014 kündigte die FARC einen unilateralen Waffenstillstand an, der am 20. Dezember in Kraft trat.