Sakineh Ashtiani weiter in Hinrichtungsgefahr

Sakineh Mohammadi Ashtiani

Sakineh Mohammadi Ashtiani

Der 43-jährigen Sakineh Mohammadi Ashtiani, Mutter zweier Kinder, droht im Gefängnis von Tabriz im Nordwesten des Iran weiterhin die Hinrichtung. Auf internationale Proteste hin forderten Behördenvertreter um den 7. Juli herum die Oberste Justizautorität des Iran dazu auf, die Hinrichtung der Frau nicht durch Steinigung, sondern durch Erhängen zu vollziehen.

Appell an

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave. south of Serah-e Jomhouri
Tehran
IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: :
über die Website:
http://www.dadiran.ir/tabid/81/Default.aspx
(Erste Textzeile mit rotem Sternchen: Ihr Vorname. Zweite Textzeile mit Sternchen: Ihr Nachname. Dritte Zeile mit Sternchen: Ihre E-Mail-Adresse.)

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed ’Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street, Tehran
IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: über die Website: http://www.leader.ir/langs/en/index.php?p=letter (Englisch)
http://www.leader.ir/langs/fa/index.php?p=letter (Persisch)

Sende eine Kopie an

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani
Howzeh Riassat-e Ghoveh Ghazaiyeh
Pasteur St. Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran 1316814737
IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Larijani)
Fax: (00 98) 21 3390 4986
E-Mail: bia.judi@yahoo.com
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. August 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN AN DIE IRANISCHEN BEHÖRDEN

  • Ich fordere Sie auf, dafür Sorge zu tragen, dass Sakineh Mohammadi Ashtiani nicht durch Steinigung oder auf andere Weise hingerichtet wird.

  • Klären Sie die Frau, ihren Sohn und ihre Anwälte über ihren aktuellen rechtlichen Status auf.

  • Darüber hinaus appelliere ich an Sie, ein Hinrichtungsmoratorium für
    Steinigungen und andere Formen der Todesstrafe zu verhängen sowie den Vollzug von Prügelstrafen oder Haftstrafen, die für Ehebruch oder andere "Verbrechen" erlassen werden, auszusetzen.

  • Stellen Sie sicher, dass Sajjad Qaderzadeh nicht wegen öffentlich geäußerter Sorge um das Leben seiner Mutter schikaniert wird.

Sachlage

Sakineh Mohammadi Ashtiani war im Mai 2006 schuldig befunden worden, eine "unerlaubte Beziehung" zu zwei Männern zu unterhalten. Das Strafmaß wurde auf 99 Peitschenhiebe festgesetzt. Außerdem wurde sie des "Ehebruchs" für schuldig befunden. Sakineh Mohammadi Ashtiani wies die Anschuldigungen zurück, wurde aber dennoch zum Tod durch Steinigung verurteilt.

Als Reaktion auf die in den vergangenen Wochen weltweit durchgeführten Protestaktionen gegen das Urteil der Steinigung der Frau gab die iranische Botschaft in London am 8. Juli 2010 bekannt, dass Sakineh Mohammadi Ashtiani nicht durch Steinigung hingerichtet wird. Unerwähnt blieb allerdings, auf welche andere Weise die Hinrichtung der Frau erfolgen solle. Am 10. Juli teilte die staatliche Menschenrechtsbehörde mit, dass sie den Fall Ashtiani erneut überprüfen werde, bekräftigte aber gleichzeitig, dass die Hinrichtungsform der Steinigung nach iranischem Recht legitim sei. Die Oberste Justizautorität der Provinz Ostaserbaidschan, Malek Ezhder Sharifi, hingegen gab an, dass das Steinigungsurteil weiterhin anhängig sei und jederzeit durch Beschluss von Ayatollah Sadegh Larijani, der Obersten Justizautorität Irans, vollstreckt werden könne. Weiterhin verwies Malek Ezhder Sharifi darauf, dass Sakineh Mohammadi Ashtiani wegen des Mordes an ihrem Ehemann bereits zum Tode verurteilt worden war. Dies wurde von einem ihrer Anwälte bestritten, der darauf hinwies, dass die Familie des Toten ihr vergeben habe. Wegen "Behilfe zum Mord" sei sie zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden.

Am 14. Juli wurde Sajjad Qaderzadeh, der Sohn von Sakineh Mohammadi Ashtiani, in das Gefängnis von Tabriz bestellt, wo er von Angehörigen des Geheimdienstministeriums verhört worden sein soll, die ihn vermutlich davor gewarnt haben, weitere Interviews über die Situation seiner Mutter zu geben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Während ihres Prozesses zog Sakineh Mohammadi Ashtiani das "Geständnis" zurück, das sie während der Verhöre vor Beginn des Verfahrens abgelegt hatte. Sie gab an, zu dem "Geständnis" gezwungen worden zu sein und bestritt, dass sie "Ehebruch" begangen habe. Zwei der fünf Richter erklärten sie für unschuldig. Sie wiesen darauf hin, dass sie bereits ausgepeitscht worden sei, und fügten hinzu, dass in dem Verfahren gegen Sakineh Mohammadi der nötige Nachweis über den "Ehebruch" nicht erbracht worden sei. Doch die drei anderen Richter einschließlich des Vorsitzenden erklärten sie für schuldig, und dies auf Grundlage der "Erkenntnisse des Richters". Dabei handelt es sich um eine Bestimmung im iranischen Strafrecht, derzufolge Richter nach eigenem Ermessen entscheiden können, ob sie eine angeklagte Person für schuldig befinden, selbst wenn für einen Schuldspruch keine eindeutigen und zwingenden Beweise vorliegen. Da drei der fünf Richter Sakineh Mohammadi Ashtiani für schuldig erklärt hatten, wurde sie zum Tod durch Steinigung verurteilt.

Die Strafe der Steinigung wird im Iran für das "Verbrechen" Ehebruch verhängt. 2002 verfügte die Oberste Justizautorität des Iran ein Moratorium für Hinrichtungen durch Steinigung. Dennoch sind seither wenigstens fünf Männer und eine Frau zu Tode gesteinigt worden. Im Januar 2009 bestätigte Ali Reza Jamshidi, der Sprecher der Justizbehörden, dass im Dezember 2008 zwei Steinigungen stattgefunden hätten. Er gab weiter an, dass das Moratorium rechtlich nicht bindend sei und die Richter es daher ignorieren könnten.

Amnesty International geht davon aus, dass mindestens sieben weitere Frauen und drei Männer von Steinigung bedroht sind (siehe UA-010/2009, UA-050/2009, UA-117/2009). Meldungen zufolge hat das Berufungsgericht im Januar 2010 auch die Verurteilung von Buali Janfashani and Sarimeh Sajjadi zum Tod durch Steinigung bestätigt.

Amnesty international untersucht derzeit Berichte, denen zufolge eine andere Frau namens Maryam Ghorbanzadeh zum Tod durch Steinigung verurteilt wurde. Den Meldungen zufolge wurde dieses Urteil im Berufungsverfahren bestätigt. Etwa am 3. oder 4. Juli soll der stellvertretende Generalstaatsanwalt der Provinz Ostaserbaidschan die Oberste Justizautorität des Iran gebeten haben, diese Strafe in Tod durch Erhängen umzuwandeln. Das Strafmaß einer weiteren Frau namens Azar Bagheri soll von Steinigung auf eine Prügelstrafe gemildert worden sein. Einzelheiten sind aber noch nicht bekannt.

Zurzeit wird im Parlament über eine Neufassung des Strafgesetzbuchs beraten. Im Juni 2009 empfahl der Rechtsausschuss des iranischen Parlaments (Majiles), den Absatz, der Steinigung als Strafe vorsieht, aus dieser Fassung zu streichen. Nun liegt die Neufassung des Strafgesetzbuchs dem Wächterrat zur Bestätigung vor, der die iranischen Gesetze dahingehend überprüft, ob sie mit der Verfassung und dem islamischen Recht in Einklang stehen. Allem Anschein nach wird dieses Gremium die Steinigung nicht als Strafe in die Neufassung des Gesetzestextes aufnehmen; es ist allerdings befugt, die Wiedereinführung von Steinigungen im Strafgesetzbuch zu erwirken.