Demonstrierende freigelassen

Drei führende Teilnehmer_innen einer Demonstration gegen zu hohe Stromrechnungen im Südosten von Mexiko sind am 6. Juni nach elf Monaten Haft freigelassen worden. Es handelt sich um Sara López, Joaquín Aguilar und Guadalupe Borja, die im Gefängnis von San Francisco Kobén im Bundesstaat Campeche inhaftiert gewesen waren. Ihre Freilassung erfolgte im Anschluss an eine entsprechende Entscheidung eines Berufungsgerichts des Bundes. Dieses Gericht hatte den Antrag der Bundesstaatsanwaltschaft abgewiesen, ein Urteil vom Januar 2010 anzufechten, das die Beweislage als nicht ausreichend für eine erfolgreiche Strafverfolgung erachtet hatte.

Sachlage

Sara López, Joaquín Aguilar und Guadalupe Borja sind führende Mitglieder einer Organisation im östlich gelegenen Bundesstaat Campeche, die sich gegen die hohen Stromkosten des staatlichen Stromversorgungsunternehmens Comisión Federal de Electricidad wendet. Die Mitglieder der nationalen Bewegung gegen überteuerte Stromtarife (Movimiento Nacional contra las Altas Tarifas de Energía Eléctrica) wurden im Juli 2009 festgenommen, nachdem sie an friedlichen Demonstrationen teilgenommen hatten.

Nach den Demonstrationen erstattete der Anwalt des Stromunternehmens bei der Bundesstaatsanwaltschaft Anzeige gegen die zahlungsunfähigen Schuldner des Unternehmens. Die Anzeige lautete auf"Behinderung bei der Bereitstellung einer öffentlichen Dienstleistung". Am 25. Juni 2009 erhob die Bundesstaatsanwaltschaft Anklage und ergänzte diese um den Tatbestand "Freiheitsberaubung in Form einer Geiselnahme". Somit konnten die Gefangenen nicht gegen Kaution freigelassen werden. Amnesty betrachtet sie als gewaltlose politische Gefangene, die allein deshalb in Haft gehalten werden, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung in friedlicher Weise wahrgenommen haben.

Ungeachtet des erfolgreichen Ausgangs des Berufungsverfahrens ließ der für die ursprüngliche Strafverfolgung der Männer zuständige Richter eine neue Klage gegen die Männer zu. Ihnen wurde wiederum Freiheitsberaubung zur Last gelegt, allerdings in einem minderschweren Fall. Dadurch war es ihnen möglich, einen Antrag auf Haftentlassung gegen Kaution zu stellen. Die drei Männer hinterlegten eine Kaution von jeweils 3000 Peso (rund 180 Euro) und sicherten zu, sich alle zwei Wochen persönlich bei Gericht zu melden. Ihre Rechtsanwält_innen werden auch die neue Klage anfechten.

Die Bundesstaatsanwaltschaft, welche die ungerechtfertigte Strafverfolgung der Männer ausgelöst hat, strebt nach wie vor ihre Verurteilung an. Nach Einschätzung von Amnesty sind auch die neu vorgebrachten Anklagepunkte Teil einer gezielten Strategie, die drei Sprecher_innen der Protestbewegung gegen hohe Strompreise vor Gericht zu bringen. Sollten sie erneut willkürlich in Haft genommen und in unfairer Weise vor Gericht gestellt werden, wird Amnesty darauf entsprechend reagieren.

Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.